Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Pfarrerin Christine Hubka
Sonntag,
17.4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (Mt 21, 1 – 9)
Jesus
sitzt auf einer Eselin, als er nach Jerusalem einzieht. Viele
Menschen folgen Jesus nach.
Nicht
jedem und nicht jeder kann ich nachfolgen: Ich bin schon stundenlang
hinter anderen her gekeucht - einen Berg hinauf. An einer
Weggabelung haben sie auf mich gewartet. Als ich endlich auch da
war, sind sie aufgestanden und weiter gegangen, ohne mir eine
Schnaufpause zu gönnen. Sie waren einfach zu stark, zu schnell, zu
fit. Jemandem nachzufolgen macht keinen Spaß, wenn man es nur
machen kann mit heraushängender Zunge und am Rande der Erschöpfung.
Die
Menge folgt Jesus nach. Die Leute haben noch genug Luft um zu
singen: Hosianna, gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn. Jesus
nachfolgen macht keinen Stress: Denn er reitet auf einer Eselin –
nicht auf einem Pferd.
Hinter
einem, der daher galoppiert – Kann niemand her gehen. Hinter
einem, der auf einem Esel reitet, kann man gehen und dabei auch noch
aus Herzenslust singen. Der Schritt der Eselin gibt uns den Takt an,
in dem wir Jesus nachfolgen und singen können. Es ist ein Takt dem
alle Menschen folgen können. Ohne überfordert und überanstrengt
zu werden.
Montag,
18.4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (4. Mo 22, 21ff)
Wenn
der Esel spricht, ist nicht immer der Esel der Dumme. Da lässt sich
Bileam, ein sonst besonnener Mensch auf eine ganz schräge
Geschichte ein: Er erhält von einem König einen großen
Geldbetrag, dafür, dass er eine Gruppe Migranten öffentlich
verflucht. Auf seiner Eselin reitet er den Migranten entgegen. Als
sie durch einen Hohlweg kommen, scheut die Eselin. Sie drängt sich
so an die Wand, dass Bileam der Fuß eingeklemmt wird. Wütend schlägt
er sie mit seinem Stock.
An
einer anderen engen Stelle bockt die Eselin wieder. Als Bileam sie
schlägt, fällt sie auf die Knie und beginnt zu sprechen: „Was
habe ich dir getan, dass du mich schlägst?“ Bileam tobt: „Am
liebsten würde ich dich jetzt töten.“ Die Eselin bleibt geduldig
und fragt: „War es je meine Art, es so mit dir zu treiben?“
Da
sieht Bileam auf einmal, was die Eselin schon die ganze Zeit gesehen
hat: Vor ihm steht ein Engel mit einem blanken Schwert. Wäre die
Eselin nicht stehen geblieben, hätte ihn das Schwert aufgespießt.
Erst jetzt erkennt Bileam, dass die Migranten unter Gottes Schutz
stehen. Er erkennt, dass er sie segnen soll, statt sie zu
verfluchen. Nun ist er endlich auch so klug wie seine Eselin.
Dienstag,
19.4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (2. Mo 23,4)
Es
gibt Beziehungen, da ist von Anfang an der Wurm drin. Und es gibt
Beziehungen, die mit der Zeit, ganz langsam, immer schlechter
werden. Dann ist es besser, sich aus dem Weg zu gehen.
Viele
Geschichten in der Bibel erzählen davon, dass Trennung klug sein
kann, wenn Menschen sich nicht riechen können. Ich lese aber auch: Wenn
du dem… Esel deines Feindes begegnest, der sich verirrt hat, so
sollst du ihn wieder zurückführen. Wenn du den Esel deines
Widersachers unter seiner Last liegen siehst, so lass ihn ja nicht
im Stich, sondern hilf mit ihm zusammen dem Tier auf. Es tut,
sich daran zu erinnern: Der Esel meines Feindes ist nicht mein
Feind. Der Esel meines Widersachers ist nicht mein Widersacher.
So,
wie auch sein Auto und seine Kinder, sein Hund und sein seine Katze,
seine Brieftasche und sein Fahrrad mir nichts getan haben. Darum
haben sie mit unserem Konflikt nichts zu tun.
Wer
dem Feind seinen Esel wieder zurück bringt, wer die Brieftasche des
Widersachers auf der Straße findet und nicht in den nächsten Mistkübel
schmeißt sondern dafür sorgt, dass er sie wieder kriegt, hat nicht
nachgegeben, sondern nur gezeigt, dass er zu unterscheiden weiß.
Mittwoch,
20. 4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (1. Mo 49, 14f).
Ein
Vater segnet seine zwölf Söhne bevor er stirbt. Der Vater kennt
seine Pappenheimer gut. Jeder Segensspruch sagt etwas über die
Eigenheiten des Sohnes. Darum bekommt jeder einen eigenen
Segensspruch: Einem Sohn sagt er: „Du, mein Sohn, wirst ein
knochiger Esel sein und dich lagern zwischen den Sattelkörben. Du
siehst das lieblich Land, und wirst ein fronpflichtiger Knecht.“
Eine
Warnung ist dieser Segen. Eine Warnung davor, sich zuviel aufzubürden:
Weil das Land reich ist, weil es viel einzusammeln gibt, füllt der
Sohn seine Satteltaschen randvoll, bis sie ihn zu Boden drücken.
Jetzt liegt er da – sein Reichtum behindert ihn. Seine
Wichtigkeiten werden ihm zur Last und nehmen ihm die Freiheit. Der
Vater sieht: Trotz deines Wohlstands bist du abgehärmt und abgekämpft
wie ein knochiger Esel, weil du vergessen hast, zu genießen.
Dieser
Segen ist eine Testfrage: Kann ich mich noch rühren, oder habe ich
mir mehr zugemutet als ich tragen kann?
Dieser
Segen ist eine Warnung: Sei kein Esel! Vergiss nicht, dass die
Freiheit, die Gott dir schenkt, wichtiger ist, als das, was du dir
so willig aufbürdest.
Donnerstag,
21.4.2005
Eseleien
aus der Bibel (5. Mo 5, 14)
Manche
Kinder haben weniger Freizeit als die Erwachsenen: Sie gehen von
Montag bis Samstag in die Schule. Und am Sonntag müssen sie für
Tests und Prüfungen lernen. Mich wundert es nicht, dass sie lustlos
werden und die Freude an der Arbeit verlieren.
Ein
Blick in die Bibel kann weiter helfen, dort lese ich: Am
siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du
keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht,
deine Magd, dein Rind, dein Esel…
Das
einfachste Heilmittel gegen Überforderung und Lustlosigkeit ist die
Ruhe. Pause machen. Abschalten. Und zwar nicht erst dann, wenn man
es sich verdient hat, wenn alles erledigt und abgearbeitet ist.
Sondern einfach weil es dran ist. Ein klarer Rhythmus von arbeiten
und ruhen in den man sich hinein geben kann, ist die erste Hilfe
gegen Stress und Burnout. Alles Lebendige braucht Pausen, denn Leben
ist mehr als Arbeit. Und die Kinder, die in die Schule gehen, sind
mehr als Schülerinnen und Schüler.
Niemand,
der sein Kind liebt, wird es schlechter behandeln als einen Esel.
Und dass dieser Lastenträger regelmäßig ruhen muss, ist wohl für
jeden einsichtig.
Freitag,
22.4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (1. Sam 9 – 10)
Ein
junger Mann arbeitet im Betrieb seines Vaters. Eines Tages verlaufen
sich die Eselinnen des Vaters. Saul, der Sohn wird ausgeschickt, sie
zu suchen. Nach drei Tagen hat er sie noch immer nicht gefunden.
Entmutigt beschließt er, nach Hause zurückzukehren. Auf dem
Heimweg geht er bei einem berühmten Seher vorbei. Ihn will er noch
fragen. Vielleicht hat er ja etwas von den Eselinnen gehört. Der
Seher empfängt ihn freundlich und bewirtet ihn königlich. Aber
statt dass er ihm einen Hinweis auf die entlaufenen Eselinnen gibt,
sagt er ihm,dass er König werden wird. Dann salbt er ihn zum König.
Saul ist verwirrt: Er wollte doch nur seinen Eselinnen finden. Und
jetzt soll er König sein.
Die
Bibel erzählt, dass Gott dem Saul an diesem Tag ein neues Herz gab.
Das Herz eines Königs. Das Herz eines Menschen, der sich nun nicht
mehr um entlaufene Eselinnen sorgt, sondern um das Wohl eines ganzen
Volkes.
Wenn
sie also schon länger etwas suchen und es partout nicht finden können,
verzweifeln sie nicht. Denn es kann sein, dass Gott ihnen ein neues
Herz geben wird. Wie dem Saul, der Eselinnen gesucht hat und ein Königreich
fand.
Samstag,
23.4.2005
„Eseleien
aus der Bibel“ (5. Mo 5, 21b)
Ich
und du,
Müllers
Kuh,
Müllers
Esel,
der
bist du.
So
haben wir als Kinder abgezählt, wer ausscheiden musste. Der, auf
den beim letzten Wort dieses Reimes der Zeigefinger hinzeigte,
wusste: Ich – Ich bin der Esel. Ich bin draußen.
In
den zehn Geboten der Bibel gibt es auch so einen kleinen Abzählvers:
Du
sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd,
Rind, Esel, noch alles, was dein Nächster besitzt.
Der
Esel des Nachbarn soll draußen bleiben. Er ist geschützt. Der Esel
des anderen hat nichts zu suchen in deinen Träumen, wie es wäre
wenn du auch diesen Esel hättest. Nicht nur die Kirschen in
Nachbars Garten sondern auch der Esel in Nachbars Stall und vieles
andere, was dem anderen gehört, erscheinen reizvoller als das
Eigene: Bockt nicht Nachbars Esel weniger als meiner. Ist er nicht
pflegeleichter? Eine Spur schneller?
Möglich
ist es. Aber Nachbars Esel steht unter Gottes Schutz. Drum ist es
keine Schande, wenn am Ende des Abzählreimes der Finger auf mich
zeigt: Müllers Esel, der bist du. Geschützt durch Gottes Gebot ist
nicht nur jeder Esel, sondern auch ich, zu wem ich auch gehöre.
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