Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Dir. Johannes Fenz
Sonntag,
29. Mai 2005
Wir
trauen uns
Viele
junge Paare haben sich im Monat Mai getraut einander „Ja“ zu
sagen. Die Sehnsucht von jungen Menschen nach einer gelingenden
Beziehung hat zugenommen. Die Erwartungen an die Tragfähigkeit der
Liebe waren noch nie so groß wie heute. Gleichzeitig gibt es Umstände
in der Gesellschaft, in der Familie und auch bei Brautleuten, die
eine dauerhafte Beziehung erschweren oder nicht zulassen. Daher
gratuliere ich zu dem Mut, sich zu trauen.
Dass
ein gemeinsames Leben in Verantwortung füreinander und mit Kindern
gelingen kann, zeigen Jubiläen, wie silberne, goldene oder
eiserne Hochzeiten. Der deutsche Religionsphilosoph Fritz Leist hat
festgestellt, dass „Die Ehe ein Kunstwerk der Liebe ist, das nur
gelingt, wenn beide Eheleute daran bauen!“
Niemand
weiß im vorhinein, ob die Beziehung gelingen kann. Das gemeinsame
Leben wird auch nicht immer voller Freude sein, es kann aber immer
voller Liebe sein. Jeder Mensch hat seine guten und schlechten
Seiten. Beziehung gelingt, wenn
wir es positiv sehen wie Luciano de Crescenzo sagt: „Wir alle sind
Engel mit einem Flügel. Wir müssen nur einander umarmen, wenn wir
fliegen wollen!“
Montag,
30. Mai 2005
Kinder
brauchen Wurzeln
Ein Baum braucht weit verzweigte Wurzeln und diese sollen in das Erdreich
fest eingebettet sein, damit er nicht umfällt. Es braucht einen
guten nährstoffreichen Boden. Solange er jung ist, muss er gestützt
werden, damit ihn der Wind nicht umwirft.
Bei Kindern ist es nicht anders. Auch sie brauchen einen guten nahrhaften
Boden und eine feste Verwurzelung, damit sie für Ihr Leben
Sicherheit und Stabilität bekommen.
Der nahrhafte Boden für Kinder sind die Eltern. Von ihnen lernen sie,
wie man Werte lebt. Werteerziehung ist religiöse Erziehung, da sie
den Menschen Halt gibt in schwierigen Lebenssituationen. Diese
religiöse Erziehung wird wirksam, wenn sie in die Gesamterziehung
eingebettet ist.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass es einen perfekt religiösen
Menschen braucht um religiös erziehen zu können. Es kommt auf die
Glaubwürdigkeit an. Es kommt auf die Vorbildwirkung und auf Rituale
an. Das gemeinsame Tischgebet, das Abendritual vor dem schlafen
Gehen, das Versöhnen mit Gott, das Zeigen, dass man selbst
Suchender ist. Gemeinsam aus dem Glauben leben. Das gibt Sicherheit
und stärkt die Wurzeln unserer Kinder.
Dienstag,
31. Mai 2005
Kinder
brauchen Flügel
Ein
Löwenzahn ist im Erdreich tief verwurzelt. Er blüht mit einem kräftigen
gelb bis die reifen Samen der Wind davonträgt. Auch Kinder brauchen
neben den tiefen Wurzeln Flügel. Sie sind sanft eingebettet in die
Familie, bis sie sich selbständig machen und von der Familie
wegfliegen. Das ist nicht immer leicht. Wer will sich schon so
leichtfertig loslösen, ist man doch versorgt und lebt problemlos.
Auch der Löwenzahnsamen braucht dazu einen Wind, um wegzufliegen
und sich neu zu verwurzeln. Wenn er nur hinunterfällt hat er oft
keinen Platz und verkümmert. Bei unseren jungen Menschen ist der
„Wind“ oft der Freund oder die Freundin. Manchmal gibt es
Hindernisse und man kommt nicht vom Fleck. Solche Hindernisse können
Eltern sein, die Klammern, Probleme der Kinder an sich reißen, sie
über versorgen und so eine Loslösung nicht zulassen.
Ablösung
von der Familie ist ein kontinuierlicher Prozess, den man zulassen
muss. Es fällt auch nicht immer leicht, Kinder ziehen zu lassen.
Wenn aber der Boden gut aufbereitet ist, indem Werte vermittelt,
Sicherheit und Stabilität gegeben wurden kann man sie ruhig ziehen
lassen. Denn die Kinder brauchen nicht nur Wurzeln sondern auch Flügel.
Mittwoch,
1. Juni 2005
Internationaler
Tag des Lebens
Auch
wenn der Tag des Lebens seinen Ursprung im Lebensschutz der
Ungeborenen hat, gewinnt er immer mehr an Bedeutung in Verbindung
mit alten und kranken Menschen. Ist es nicht Egoismus, der uns
veranlasst zu sagen: „Was hat die oder der noch vom Leben!“ oder
„Das ist ja ein menschenunwürdiges Leben!“? Papst Johannes Paul
II. hat uns vorgelebt, dass jeder alte, kranke Mensch ein Zeichen
ist und einen Wert hat. Alte und kranke Menschen lehren uns, dass es
Grenzen gibt. Sie zeigen uns, dass unser Körper vergänglich ist.
Sie lehren uns Langsamkeit.
Es
geht auch darum, wie wir alle mit älteren Menschen umgehen. Sind
wir bereit, uns dieser Langsamkeit anzupassen? Sind wir bereit,
unseren alten Menschen in den Familien, in den Kirchen und den
Gemeinden einen Platz einzuräumen? Besuchen wir unsere alten
Menschen und bringen wir Ihnen Wertschätzung entgegen?
Lebensschutz
ist Lebensbegleitung. Leben wird geschenkt und hat kein vom Menschen
festgelegtes Ablaufdatum.
Donnerstag,
2. Juni 2005
Die
Supernanny
Als
Elternbildner erlebe ich, dass sich Eltern gerne in Erziehungsfragen
austauschen.
Jede
und Jeder will das Beste für die Kinder. Wir fragen, bzw.
hinterfragen uns selbst und unsere eigene erlebte Erziehung. Wir überlegen
unsere Erziehungsziele und denken über Erziehungsstile nach.
Es
ist gut, dass auch das Medium Fernsehen darauf gekommen ist, dass
junge Eltern im Erziehungsbereich erfahren wollen, wie sich was in
der Erziehung auswirkt. Jeder Pädagoge weiß aber, dass es in der
Erziehung keine Patentrezepte gibt. Das Fernsehen vermittelt jetzt
aber solche. Supernanny kommt und alles wird perfekt. Junge Eltern
werden auf den „öffentlichen Scheiterhaufen“ gezerrt. Die schwächsten,
die Kinder werden vorgeführt wie Monster. Sie können sich nicht
wehren, nein sie müssen öffentlich herhalten und werden dann in
ihrem sozialen Umfeld wie Kindergarten oder Schule noch gedemütigt,
weil man sie und ihre Lebenssituation jetzt kennt.
Erziehungsberatung ist notwendig und hilfreich aber nicht so, dass
die schwächsten - die Kinder - wieder auf der Strecke bleiben. Ich
denke, die Würde jedes Menschen muss gewahrt bleiben.
Freitag,
3. Juni 2005
Wenn
das Hirn entzunden ist
Wissenschaftler
haben festgestellt, dass bei jungen Menschen in der Pubertätsphase
das Gehirn wie entzündet aussieht. Ältere Menschen würden bei
derartigen Ergebnissen einer Magnetresonanztomografie als akut gefährdet
in ein Spital eingeliefert, so der Wissenschaftler Jay Giedd.
Sinneseindrücke, Emotionen und Erinnerungen spielen in dieser Phase
verrückt. Als Eltern von pubertierenden Kindern verstehen wir
jetzt, warum unsere Kinder in dieser Phase so sind wie sie sind. Das
Hirn ist also entzunden. Aber sollte es dafür nicht auch eine
Medizin geben? So eine gibt es sicher und sie wird auch verabreicht.
Es werden homöopathische Mittel eingenommen, oder Pulverl
verschrieben, die ruhig stellen. Das geschieht deshalb, damit Kinder
so sind wie wir sie haben wollen. In unserem Erwachsenenegoismus
nehmen wir den Kindern dabei viel weg. Die Reibung mit uns Eltern,
das Finden der Orientierungskompetenz oder eine spannende,
aufregende, suchende Entwicklung. Nicht umsonst heißt es: „Pubertät
ist die Zeit, wenn die Eltern schwierig werden!“ Auch wenn wir als
Eltern schwierig sind, Kinder brauchen uns auch als schwierige
Eltern.
Samstag,
4. Juni 2005
Moderne
Helden
Die
Männer mussten schon immer Helden sein. Heute ist man ein moderner
Held wenn man vor Engagement und Energie nur so sprüht. Man steht
um 5:00 Uhr auf, rackert sich in der Arbeit ab. Macht zahlreiche Überstunden,
engagiert sich noch in Vereinen, um das Gemeinwohl zu stärken. Am
Wochenende bewirtschaftet man noch sein Eigentum damit man mehr hat,
sich mehr leisten kann. Der Druck, den die Arbeitswelt auferlegt,
wird noch im Privatleben weitergespielt. Man muss sich ja etwas
schaffen. Dazu reicht die Arbeitswoche nicht aus. Nein, auch am
Samstag und Sonntag muss man versuchen, zum erfolgreichen, modernen
Helden zu werden. Ist das das Lebensziel der Männer? Gibt es nicht
auch andere Werte wie: sich entspannen, mit der Familie einmal
zusammensitzen und über Belangloses reden, einmal nichts tun und träumen.
Helden sind nicht nur die, die im Strom mitschwimmen und sich
dem gesellschaftlichen Druck beugen. Helden sind die, die sich dem
aufgezwungenen Heldsein widersetzen. Wenn das gelingt, wird man
manchmal auch das finden was man nicht sucht.
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