Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Mag. Hans-Peter Premur, katholischer Pfarrer von Krumpendorf, Hochschulseelsorger an der UNI Klagenfurt

 

 

Sonntag, 5. Juni 2005

Der Sonntag ist für viele der letzte Tag der Woche. Deshalb wünschen Menschen einander auch ein schönes Wochenende, wenn es auf den Sonntag zugeht. Aber in Wirklichkeit ist dieser Tag der erste Tag der Woche, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Die Namen unserer Wochentage rühren schon immer von den Planeten und deren Göttern her. Der Saturntag, oder im jüdischen Denken der Sabbat, war seit dem Altertum das Ende der Woche. Nach sechs Werktagen war der siebente der Ruhetag, weil im Schöpfungsbericht Gott am siebenten Tag ruhte. Durch das Christentum wurde aber alles auf den Kopf gestellt. Weil Christus am ersten Tag der Woche auferstanden ist, ging ein Ruck durch die Welt und durch den Kalender. Seit die christliche Zeitrechnung begonnen hat, beginnt auch die Woche nicht mehr mit einem Werktag. Das mag für manche spitzfindig klingen und keine größere Bedeutung haben, aber wer genau hinschaut, sieht den Unterschied. Nicht zuerst Leistung und dann erst der Ruhetag, sondern das „heilige Nichtstun“ steht am Anfang. Der erste Tag der Woche ist also ein Festtag, ein Seelebaumeltag. Das heißt, dass wir uns das Himmelreich nicht verdienen müssen, sondern es uns schenken lassen können. Heute ist Sonntag.

 

 

Montag, 6. Juni 2005

Heute ist Montag und viele von uns fühlen sich versucht an diesem Tag blau zu machen. Vielleicht ist der vergangene Sonntag schuld daran, dass wir uns ans Ausspannen gewöhnt haben oder aber es ist nur die Redewendung vom blauen Montag die uns in unserer Leistungsgesellschaft provoziert. Ein blauer Montag bedeutet in unserer Sprache einen Faulenzertag, einen Tag an dem man vielleicht unerlaubterweise der Arbeit fernbleibt. Aber wie kommt eigentlich die Farbe Blau in Verbindung mit diesem Wochentag? Kaum jemand weiß, dass dieser Begriff auf den kirchlichen Gebrauch der Farben in der Liturgie zurückgeht. In längst vergangenen Zeiten war die blaue liturgische Farbe am Rosenmontag vorgeschrieben. Dieser Tag und diese Farbe waren damals das Zeichen für die Handwerker, dass sie an diesen Montag nicht arbeiten müssen und eben blau machen konnten. Und weil in weiterer Folge an diesem Tag auch immer viel gezecht wurde, wird der vom Alkohol hervorgerufene Zustand mit der gleichen Farbe, eben mit Blau benannt. Der Montag und die Farbe Blau im Hintergrund könnte daher ein Tag sein, an dem wir über unsere Beziehung zum Alkohol nachdenken und uns der Gefahr bewusst werden, die von einer Bagatellisierung dieser Droge ausgeht. In diesem Sinne darf ich Sie einladen heute nicht blau zu machen.

 

 

Dienstag,  7. Juni 2005

Jeder Tag der Woche hat seinen eigenen Namen. Seit Kindesbeinen an kennen wir diesen Sieben-Tage-Rhythmus in und auswendig, ohne dass wir uns über den Hintergrund der Wochentagsnamen im Klaren sind. Die Siebentagewoche kommt ursprünglich aus dem Gebiet des heutigen Iraks, damals Babylonien genannt. Über die Vermittlung der Juden und der alten Römer kam dieser Siebenerrhythmus auch zu uns nach Europa. Die Tage wurden nach den sieben alten Planetengöttern benannt. Und bei manchen hört man dies noch direkt heraus. Für heute, den Dienstag, muss man aber schon ein paar schlaue Bücher befragen, um draufzukommen, dass der Kriegsgott und somit der Planet Mars für diesen Namen Pate gestanden hat. Der Gott des Streites gehört also zum Wochenprogramm. Eine alltägliche Erfahrung kann man sagen. Aber das Streiten muss auch gelernt werden. Wer so tut als ob es keine Konflikte und Spannungen gibt, tut so, als ob die Woche keinen Dienstag hätte. Und wer nur dauernd rot sieht, gibt der Aggression in seinem Leben zu viel Raum. Für eine ausgewogene Streitkultur sagen uns die Wochen Tage sollte man nicht mehr als ein Siebentel seiner Zeit verwenden. Das ist für mich die geheime Botschaft dieses Tages. 

 

Mittwoch, 8. Juni 2005

Heute ist Mittwoch. In vielen Sprachen der Welt ist dieser Tag nach so genannten heidnischen Gottheiten benannt. Im romanischen Sprachgebrauch ist es der Gott Merkur und im englischen steckt der germanische Gott Wotan hinter dem Namen Wednesday. Gottheiten die für Vernünftigkeit, für Beherrschung und Vermittlung von Botschaften stehen. Im Deutschen ist dies ganz anders. Hier hat die Kirche vor langer Zeit massiven Einfluss ausgeübt, um diese heidnischen Götter aus den Wochentagsnamen hinauszudrängen. Dafür wurde ein anderer Begriff eingeführt, ein Begriff der zwar ähnliches Bedeutet aber nicht mehr mit Göttern sondern mit einer Tugend zu tun hat. Der, der Mitte. Im Wort Mittwoch steckt deshalb eine große Frage an uns alle: Haben wir so eine Mitte? Ist uns die Mitte wichtig? Suchen wir in unserer Lebensgestaltung so etwas wie Mitte? Oder pendeln wir nur zwischen verschiedenen Extremen hin und her? Es ist uralte und christliche Weisheit, den Weg der Mitte zu gehen. Das richtige Maß zu finden ist kein Auftrag zur Mittelmäßigkeit sondern gehört zum Reifungsprozess jedes Menschen.

 

 

Donnerstag, 9. Juni 2005

In Österreich sagt man mancherorts zum Donnerstag Pfinztag, so zum Beispiel im kärntnerischen Metnitztal, wo dieser Tag Pfingste heißt. Instinktiv denkt man dabei an das Wort Pfingsten und diese Empfindung ist keine ganz so falsche. Denn in diesem Wort verbirgt sich die griechische Zahl pente, fünf, und Pfingsten ist ja bekanntlich 50 Tage nach Ostern. Wenn man aber wissen will wie dieser Tag mit dem Donner zusammen hängt, muss man die germanische Götterwelt bemühen. Der Gott Donar, der von christlichen Missionaren wie dem heiligen Bonifazius im 8. Jahrhundert aus dem Volksbewusstsein ausgetrieben wurde indem er die ihm geweihten Eichen fällen ließ, steht Pate für diesen Wochentag. Wenn dieser heidnische Gott seinen Hammer gerührt hat, dann entstand ein Gewitter und Blitz und Donner erfüllten die Welt. Ähnliches ereignet sich interessanterweise in der Erzählung des biblischen Pfingsten. Ein Brausen erhob sich und Feuerzungen ließen sich auf den ersten Christen nieder. Beides also erscheint mir als etwas Zündendes, etwas Geistvolles. Der Donnerstag könnte also an uns eine offene Frage sein: Was ist in meinem Leben der spirituelle Funken der alles in Bewegung bringt und der die Welt aus dem Schlaf der Gleichgültigkeit reißt?

 

 

Freitag, 10. Juni 2005

Wussten Sie, dass der Freitag der Tag der antiken Liebesgöttin Venus ist? Venerdi sagen die Italiener heute noch und bewahren diesen Zusammenhang somit bis in unsere Tage. Aber auch im Deutschen schwingt da einiges an Liebe mit. Denn als Patin für die Namensgebung stand für diesen Tag die Gemahlin des Gottes Wotans, Frigga oder Frija genannt. Wenn wir heute den um Liebe Werbenden einen Freier nennen, dann kommt dies eben aus dieser alten germanischen Wurzel. Der Freitag ist also der Tag, der uns an unsere Liebesfähigkeit erinnert. Der Mensch kommt aus der Liebe und hat die Liebe als Lebensauftrag. Dabei kommt mir das Wort Jesu in den Sinn: Keiner hat eine größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde. Ist es nicht erstaunlich, dass Jesus Christus sein Leben an einem Freitag hingegeben hat, aus Liebe zu den Menschen, wie wir Christen glauben. Heute am Freitag darf ich mir die Frage erlauben: Wie ist es denn um unsere Hingabe bestellt? Für was setzten wir unser Leben ein? Und wo ist bei uns und in unserem Leben die Liebesbereitschaft am Werk? Ein Tag in der Woche hat als Namen den Bezug auf die Liebe, aber es wäre zu wenig, wenn wir dies nur auf den Freitag beschränken würden.

 

 

Samstag, 11. Juni 2005

Heute, Samstag ist nach alter Zählung der letzte Tag der Woche. Wir haben uns in den vergangenen Tagen Gedanken über die Namen der Wochentage gemacht und haben den tieferen Sinn dieser Tagesnamen als Morgenimpuls zu deuten versucht. Für den Samstag steht keiner der alten Planeten und keine heidnische Gottheit als Pate für die Namensgebung, wie dies bei anderen Tagen der Fall ist. Obwohl die englisch – sprechende Welt für diesen Tag den Planeten Saturn „Saturday“  im Hintergrund hat, kennen wir im Deutschen da keinen Bezug zur astronomischen Welt. Viel mehr hat sich im Namen Samstag der jüdische Sabbat versteckt. Die ganze Welt weiß, dass die Juden diesen Tag als heilig halten und dass in Israel und in allen Kultusgemeinden des jüdischen Volkes über den ganzen Erdball hin verstreut, heute am Sabbat alle Räder stillstehen.

Wir Christen wissen aber auch, dass unsere Religion tiefe Wurzeln im Judentum hat.

Vielleicht wäre der heutige Tag eine geeignete Gelegenheit daran zu denken, dass wir mit der Religion der Juden verwandt sind und dass wir ihr viel verdanken. Der Samstag, und das nicht nur heute, wäre also der geeignete Tag über unsere religiösen  Wurzeln nachzudenken, und unsere Beziehung zum Judentum zu vertiefen.