Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von Pfarrerin Margit Geley, Evangelische Pfarrgemeinde Salzburg-West in Taxham

Sonntag, 12. Juni 2005

Es ist Sonntag, die Straßen bleiben ruhiger, als während der Woche. Die Arbeit für viele Menschen ruht, es ist ein Tag zum Zeit haben, es ist ein Tag mit einer besonderen Qualität.

Für mich als Pfarrerin ist der Sonntag auch der Tag des Gottesdienstes. Ein Ort in der Kirche, wo das Handy ausgeschaltet ist, wo niemand etwas von mir will, wo ich singen, beten, zuhören und nachdenken kann. In der Kirche treffe ich Menschen, die ich respektiere und gern habe.

In der Kirche treffe ich Menschen, die so sind, wie ich – mit Schwächen und Fehlern. In der Kirche darf auch ich so sein, wie ich bin, ich muss nicht perfekt sein, und dafür habe ich viele Vorbilder.

Mir fällt Petrus ein, auf den Jesus seine Kirche gründen will. Der Petrus, der alles für Jesus tun will, der ihm verspricht, dass er auch für ihn sterben würde.

Und dann, nachdem Jesus verhaftet worden war, sagt er immer wieder, dass er von diesem Mann nichts weiß, ihn nicht kennt und auf gar keinen Fall sein Jünger ist. Später bereut er das bitterlich.

Dieser Petrus wird tatsächlich ein wesentlicher Mitbegründer der Christen, dieser Petrus mit all seiner Impulsivität, mit all seinen Fehlern darf einen wichtigen Platz einnehmen.

Dieser Petrus war fehlbar und es war gut so.

 

Montag, 13.Juni 2005

Die Woche beginnt wieder, mit all ihren Herausforderungen und Aufgaben. Manche freuen sich darauf, manchen bereitet diese Aussicht jedoch Kummer. Sie würden gerne davon rennen, alles liegen und stehen lassen und sich um keine Verantwortung kümmern.

Vielleicht so wie Jona im Alten Testament, der seine Aufgabe, die Gott ihm aufgetragen hatte nicht machen wollte. Er hat sich gesagt: ich gehe weg! Ich will nicht und ich kann das nicht.

Er hat es wirklich ernst gemeint und hat sich auf einem Boot anstellen lassen als Matrose. Er wollte ganz neu beginnen, niemand sollte sein altes Leben kennen.

Aber irgendwann hat er bemerkt, dass er vor sich selbst nicht davon rennen kann, dass er wusste, wer er war und was seine Verantwortung ist.

Und da ist Jona verzweifelt, so sehr, dass er sich das Leben nehmen wollte, er konnte einfach nicht mehr. Er konnte vor sich selbst nicht davon rennen.

In dieser Not ist ihm Gott begegnet, er hat ihn beschützt und vor dem Tod bewahrt – vielleicht erinnern sie sich, dass ein Walfisch ihn geschluckt hatte, als er im Meer untergegangen war.

Gott hat ihn beschützt und bewahrt vor dem Tod, nach dem er sich gesehnt hatte und Jona wurde dadurch stark und  er ist zurückgegangen zu seinem Leben, zu seiner Verantwortung und zu sich selbst.

   

Dienstag, 14. Juni 2005

Immer wieder berühren mich die Geschichten und Personen in der Bibel.

Sie sind so menschlich, die Geschichten sind so nah an meinem Leben, an den Ängsten und Erfahrungen, die auch ein heutiges Leben prägen.

Die Menschen in der Bibel sind nicht perfekt, ihre Fehler und Schwächen offen ausgesprochen, es wurde keine makellose Geschichte präsentiert.

Ich denke heute besonders an Abraham. Er hatte das Versprechen bekommen, dass ihm und seiner Frau Sara viele Kinder geschenkt würden, dass er, Abraham der Stammvater eines großen Volkes werden würde. Und die Jahre vergingen, Abraham und Sara waren schon alt geworden und es hatte sich kein Kind eingestellt.

Da hat Abraham gemeint, dass er Gott vielleicht etwas unter die Arme greifen könnte, wenn schon Gottes Versprechen nicht eingelöst wurde. Und wie es damals ganz üblich war, hat er mit einer Dienerin seiner Frau ein Kind ins Leben gebracht und dieses Kind, Ismael war sein erstgeborener Sohn.

Abraham hat dem Versprechen Gottes nicht vertraut, und anstatt ihn dafür zu strafen, schenkt Gott ihm einen Sohn mit Sara, den Isaak.

Abrahams Eigeninitiative wurde erzählt, auch wenn sie nicht rühmlich war.

Das gefällt mir: ich darf zu meinen Fehlern stehen, ich darf sie zugeben, sie dürfen ein Teil meines Lebens sein.

 

Mittwoch,15. Juni 2005

Es ist die Mitte der Woche, vieles haben wir alle schon geleistet, auf vieles können wir mit Recht stolz sein, so manches ist gelungen.

Anderes ist vielleicht nicht geglückt, einiges hat zum Ärgern Anlass gegeben. Manchmal konnten wir uns durchsetzen und vielleicht hat sich auch jemand übervorteilen lassen.

So ist das Leben, es hat ganz unterschiedliche Seiten, mal ist es schön und dann wieder schwer und belastend.

Wie schön wäre es dann, wenn wir sagen könnten: Gott, ich vertraue dir mein Leben an und dann wird alles gut werden, dann wird mir nichts Schlimmes mehr geschehen.

Wie gut wäre so ein Versprechen, wenn Gott alles Schlimme von mir fernhalten würde.

Leider gibt es dieses Versprechen nicht, Gott lässt uns dieses Leben selbst leben. Er hindert uns nicht vor Fehlern und die Folgen müssen wir selbst tragen.

Wo ist Gott, warum lässt Gott so Schlimmes zu ? – mag da die Frage sein, die sich aufdrängt. Warum ist die Welt ungerecht, warum werden meine Wünsche nicht erfüllt?

Der Beter von Psalm 23 beantwortet diese Frage für sich so:

Gott ist wie mein Hirte, er begleitet mich durchs Leben und er geht mit mir auch durch die dunklen Täler des Lebens.

Gott ist immer an meiner Seite, egal wie mein Leben gerade aussieht.

 

Donnerstag,16. Juni 2005

Heute Früh möchte ich Ihnen Paulus vorstellen. Paulus hatte zur Zeit Jesu einen besonderen Auftrag: Paulus sollte die Christen gefangen nehmen, er hatte sogar die Erlaubnis sie zu töten.

Paulus war fest überzeugt, dass die Lehre von Jesus eine schlimme Beleidigung seines Gottes war und er war überzeugt, dass es richtig war sie zu verfolgen.

Eines Tages, als er gerade in diesem Auftrag unterwegs war, da hatte er ein besonderes Erlebnis.

Er ist vom Pferd gefallen und in seiner Ohnmacht ist ihm Jesus erschienen, der ihm sagt: ich bin Gottes Sohn und warum verfolgst du mich.

Dieses Erlebnis hat das Leben des Paulus ganz dramatisch verändert. Vielleicht könnte jemand annehmen, dass er sich nun schuldbewusst zurückgezogen hätte. Denn immerhin hatte er die Gemeinde Jesu verfolgt. Er müsste um Vergebung bitten, Gott müsste ihn strafen.

Gottes Vergebung geht da jedoch andere Wege: er gibt dem Paulus einen neuen Auftrag, eine neue Verantwortung: geh und erzähl der ganzen Welt von mir! Und das tut Paulus, er fährt durch die Welt und erzählt den Menschen, dass Jesus Gottes Sohn ist.

So ist Gott, seine Vergebung verlangt keine zerbrochenen Menschen, seine Vergebung schenkt neue Aufträge, schenkt neue Verantwortungen, schenkt neue Freude am Leben.

 

Freitag, 17. Juni 2005

Einen großen Teil meines Lebens schon begleitet mich der Satz, in dem Gott sagt: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!

Es berührt und bestärkt mich gleichzeitig, dass Gott uns annimmt und uns Verantwortung zuteilt.

Gott wollte mich, wollte Sie, wie wir sind: auch manchmal verzweifelt, auch manchmal gereizt, auch manchmal stur und unnachgiebig. Er will uns mit all unseren guten und schlechten Seiten.

Meine Kraft, sagt Gott ist in den Schwachen mächtig.

Ich denke an Moses, der die 10 Gebote von Gott bekommen hat. Er hat sie auf einem Berg bekommen und Gott tragt ihm auf, dass er diese Lebensregeln seinem Volk bringen soll.

Aber was tut Moses: er sagt: nein, das mach ich nicht, wo denkst du, Gott, denn hin. Die werden sich über mich lustig machen, die werden mir nicht zuhören und überhaupt kann ich mich nicht ausdrücken. Wenn ich etwas sagen will, dann fallen mir nicht die richtigen Worte ein. Nein, ich mache das nicht!

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig sagt Gott – und er einigt sich mit Moses, er darf seinen Bruder Aaron zur Hilfe bitten, der soll für ihn reden.

   

Samstag,18. Juni 2005

Eine Woche neigt sich zu Ende, wir dürfen wieder ausspannen, ausruhen in dem Wissen, dass wir Gutes geleistet haben.

Es ist ein schönes Gefühl auf getane Arbeit zurück zu blicken, zu sehen, was entstanden ist und was ich geschafft habe. Stolz sein darf jede über ihren Einsatz im Leben, darüber, dass die Kinder wieder eine Woche lang versorgt worden sind, dass für sie gekocht, dass Wäsche gewaschen wurde, dass getröstet und Wunder geheilt wurden.

Stolz sein darf jeder über seinen Einsatz in der Arbeit, dass Anforderungen gemeistert worden sind, dass Pläne eingehalten, dass Geld verdient wurde.

Stolz sein hat manchmal so eine Kehrseite, als wäre ein stolzer Mensch auch ein überheblicher Mensch, so meine ich es nicht. Stolz sein heißt für mich, dass ich weiß, dass ich mich einsetze im Leben, dass mir vieles gelingt und, dass ich mit erhobenem Kopf durchs Leben gehen darf.

Gott hat uns so erschaffen, als Menschen, die gerade stehen, als Menschen, in die er sein Ebenbild gelegt hat. Auch als Menschen, die um ihre Fehler wissen und die ihr Leben dankbar annehmen.

Stolz zu sein heißt für mich, und vielleicht auch für sie an diesem Wochenende, dass wir uns freuen dürfen an der getanen Arbeit, dass wir uns zurück lehnen dürfen und ausruhen, weil wir genug getan haben für diese Woche.