Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von Msgr. Dr. Ernst Pöschl aus Eisenstadt, Burgenland

 

 

Sonntag, 21.8.2005

 

An einen sternklaren Abend nütze ich die Gelegenheit zu einem Spaziergang. Ich versuche die Sternbilder, soweit ich sie erkenne einander zuzuordnen.

 

Ich begann zu zählen, dabei habe ich sehr schnell die Übersicht verloren. Ich erinnerte mich daran, dass man mit freiem Auge einige tausend Sterne zählen kann.

 

Was bedeutet das aber, wenn allein unsere Milchstraße etwa 10 Milliarden Sonnen umfasst.

 

Milchstraßen dieser Art gibt es aber - so sagen die Astronomen – um die 10 Millionen. Manche von ihnen sind viele Billionen Kilometer von uns entfernt. Muss man da nicht fragen:

 

Woher kommt das Weltall? Ist das alles nur ein Zufall, dass sich die Planeten in einem genau abgestimmten Zeitplan bewegen, der nur nach vielen Jahren um ein Millionstel Sekunde abweicht.

 

Im Buch der Weisheit, im Alten Testament, steht:

 

DENN VON DER GRÖSSE UND SCHÖNHEIT DER GESCHÖPFE LÄSST SICH AUF IHREN SCHÖPFER SCHLIESSEN    Weisheit 13,5

 

Dieser Spaziergang hat mir die Größe Gottes ahnen lassen.

 

Milliarden von Sternen senden ihr Licht aus, seit Millionen von Jahren. Ganz gleich, ob wir kleinen Menschen das zur Kenntnis nehmen oder nicht. An diesem Abend habe ich etwas von der Geduld Gottes zu begreifen begonnen.

 

Montag, 22.8.2005

 

Ich kenne Menschen, die sich sehr für ihre Mitmenschen einsetzen.

 

Als ich aber mit ihnen über den Himmel gesprochen habe, haben sie gemeint: Das ist nur ein Vertrösten.

 

Ich bin da anderer Meinung. Wenn jemand ein Ziel für seinen Weg hat, dann wird er doch nicht davon abgehalten, sich auf den Weg zu konzentrieren. Im Gegenteil, es ist doch wichtig, dass man das Ziel des Weges weiß.

Jesus hat uns den Himmel versprochen und gesagt:

 

ICH GEHE EUCH VORAUS EINE WOHNUNG ZU

BEREITEN UND WO ICH BIN DORT SOLLT AUCH IHR SEIN

 

Was könnte der Grund sein, dass heute über den Himmel so selten gesprochen wird ?

Sind das nur oberflächliche Menschen, die schon jetzt immer wieder etwas vom Himmel erlebt haben und deshalb froh scheinen?

 

Könnte es nicht deshalb sein, weil sie gelernt haben auch mit dem Leid besser umzugehen, weil sie an den Himmel glauben?

 

Jemand hat gesagt: Mangelnde Freude heißt entweder, dass Gott nicht wirkt oder dass

wir an seinem Werk nicht mitarbeiten. Weil Gott immer wirkt, kann es doch nur an uns liegen.

 

Noch heute ist mir der Ausruf des bekannten Fußballreporters Edi Finger in Erinnerung, als Österreich bei der Weltmeisterschaft gegen Deutschland das Entscheidungstor geschossen hat:

 

I werd narrisch!

 

Vielleicht wird es auch Ihr begeisterter Ausruf sein, wenn Sie zum ersten Mal den Himmel sehen.

 

 

Dienstag, 23.8.2005

 

“Viel genannt, aber kaum bekannt” - so wurde die Heilige Hildegard von Bingen bezeichnet.

Mit 16 Jahren trat sie im Kloster ein. Das junge Mädchen hatte eine eigentümliche

innere Begabung in sich entdeckt. Es sah ein Licht, dass seine Seele erbeben machte, über
das es aber nicht zu sprechen vermochte.

 

Kurz vor ihrem 40. Lebensjahr hört sie im Inneren immer deutlicher “Schreibe auf, was du siehst und was du hörst.”

 

Die Heilige Hildegard begann Bücher zu schreiben über die Geheimnisse der Schöpfung und Erlösung, über die Wunder der Natur. Die Funktionen des menschlichen Körpers, die Ursachen der Krankheiten und welche Heilmittel der Schöpfer zu ihrer Behebung in die Natur gelegt hat.

 

Ein Arzt entdeckte erst in unserer Zeit die medizinischen Erkenntnisse und Ratschläge der Hildegard neu.

 

Es stellte sich allmählich heraus, dass ihre Medizin ganz modern ist. Erst nach Millionen intensiver Forschungsstunden mit komplizierten Apparaten und Messmethoden hat man begonnen zu verstehen, was ihre Bücher an tiefgründiger Kenntnis über Gesundheit und Krankheit enthalten.

 

Anlässlich der Feiern zum 800. Todestag der heiligen Hildegard von Bingen schrieb Johannes Paul II in einem Brief:

 

Diese gotterfüllte Lehrerin zeigt, dass die Welt nur als SCHÖPFUNG EINES LIEBENDEN UND FÜRSORGLICHEN VATERS IM HIMMEL RICHTIG VERSTANDEN UND VERWALTET WERDEN KANN.

 

 

Mittwoch, 24.8.2005

 

Im Fernsehen habe ich mir unlängst ein Fußballspiel angeschaut.

 

Es ging dabei ganz anders zu, als wir es sonst gewohnt sind.

 

Vor dem Spiel umarmten sich die Spieler, dankten Gott nach jedem Tor und bekreuzigten sich.

 

Der missionarische Eifer der brasilianischen Nationalmannschaft, deren Spiel gezeigt wurde, steht auch ihrem Können nicht nach.

Auf die Frage, wie sie dazu kommen, hat einer der Spieler auf ihre Herkunft verwiesen.

 

Die meisten von ihnen kämen, wie er selbst, aus den Favelas, aus den Armenvierteln von Sao Paulo, wo die Kinder nichts anderes kennenlernen als Armut, Drogen und eine korrupte Polizei.

 

Jesus und Fußball haben sie aus den Favelas herausgeführt.

 

Einer dieser Mannschaft gibt als Beruf Evangelist an.

 

Auf jedem Schuh ist die Aufschrift: Ich gehöre Jesus.

 

Ich habe mich beim Bekenntnis dieser Fußballspieler die nach dem Spiel im Kreis auf die Knie gefallen sind und ein Dankgebet gebetet haben, an das Wort Jesu aus dem Matthäus Evangelium erinnert:

 

IHR SEID DAS LICHT DER WELT

LASST EUER LICHT LEUCHTEN VOR DEN MENSCHEN

DAMIT SIE EURE GUTEN WERKE SEHEN

UND EUREN VATER IM HIMMEL PREISEN

 

Viele dieser Fußballspieler tun sehr viel für die Kinder in den Elendsvierteln ihrer Heimat.

Sie haben ihre Herkunft nicht vergessen.

Das macht sie für mich noch sympathischer.

 

 

Donnerstag, 25.8.2005

 

Wir sind es längst gewohnt einfach die Zentralheizung aufzudrehen, wenn wir uns eine wohlige Wärme wünschen.

 

In den letzten Wochen habe ich in einem Haus, das in über 1OOO Meter Höhe gelegen ist, eine ganz anderer Erfahrung gemacht. Ich habe, wenn es kühl geworden ist, im Ofen ein Feuer gemacht.

 

Allmählich hat das Holz zu brennen angefangen und ich konnte angenehme Wärme spüren. Das hat mich zu einem Vergleich angeregt.

 

Gott möchte, dass wir nicht nur um seine Liebe wissen, wir sollen sie auch spüren können.

 

Im Johannesevangelium sagt uns Jesus:

 

ICH MÖCHTE DASS MEINE FREUDE IN EUCH IST UND DASS SIE IMMER VOLLKOMMENER WIRD.

 

In diesen Worten erkenne ich, wie wichtig es ist, sich vom Feuer der Liebe Jesu anstecken zu lassen, sie zu empfangen und zu verkosten.

 

Manche beklagen sich, dass sie das noch nie erfahren haben.

 

Wir wissen, dass wir dem Holz im Ofen Zeit lassen müssen, stärker zu brennen.

Erst dann können wir seine Wärme spüren.

Dabei dürfen wir nicht vergessen: Wir selbst sind nur das Holz, nicht aber das Feuer! Das Holz kann niemand erwärmen, wenn es nicht im Kontakt mit dem Feuer ist.

 

 

Freitag 26.8.2005

 

Jeder Mensch kann segnen.

 

Das lateinische Wort benedicere drückt aus, dass man durch das Wort jemanden etwas Gutes sagt.

 

Ein solcher Segen lautet: GOTT SEGNE DICH UND ER SCHENKE DIR ALLES GUTE.

Der Segen ist wirksam und mächtig. Er ist eine göttliche Kraft, die vom Himmel herabkommt und die Macht der Finsternis vertreibt.

 

Wer viel segnet, bekommt Segen. Wenn wir segnen, werden wir selber gesegnet und zugleich werden wir zum Segen für Andere.

Der Segen ist wie ein Fluss- Solange er in Bewegung ist, bleibt er ein Fluss.

 

Kommt aber das Wasser zum Stillstand, sprechen wir nicht mehr von einem Fluss,

denn es gibt von der Quelle keinen Zufluss mehr.

 

Gott will Sie immer beschenken. Er kann es aber nicht, wenn Sie ihr Herz und Ihre Hände

den anderen verschließen. Es ist schön, wenn Sie wie ein Flussbett sind, dass das Wasser

nicht behält, sondern weiter fließen lässt. So kann neues Wasser nachfliessen.

 

Wer glücklich sein will, wird segnen.

Das Geheimnis der Freude liegt im Verschenken.

 

 

Samstag, 27.8.2005

 

In der Auslage eines Geschäftes habe ich einen Amethyststein bewundert.

 

Auf den ersten Blick sieht man nur einen Geröllstein wie er in Gebirgsbächen zu finden ist.

 

Erst, wenn er auseinander geschlagen wird, offenbart sich seine Schönheit.

 

Nur die äußere Schale sieht unscheinbar aus.

Drinnen funkelt er im herrlichen Violett.

Die Amethyste, diese hauchzarten Kristalle, ragen von allen Seiten wie Speichen nach innen.

 

Mich persönlich erinnert das Rosenkranzgebet an solche Amethyste.

 

Die graue Schale, die sie umgibt, sind wie die Wiederholungen des Vater unser und Gegrüßet seist Du Maria. Daran bleiben viele hängen und bezeichnen es als langweiliges Gebet.

Bevor ein Amethyststein aufgebrochen ist, schaut er auch aus wie jeder andere.

 

Was ist aber der Edelstein im Inneren?

 

Das ist der tiefe Friede, das ist Kraft und der Trost, die für mich aus diesem Gebet kommen.

 

Wer einen Amethyststein finden will, braucht Geduld. Erst, wenn er geöffnet wird

kann er im Inneren den Edelstein entdecken. So braucht auch das Gebet Übung

und Vertiefung.

 

Ein Musiker spielt ein Stück bis er es beherrscht, zehnmal, hundertmal.

Wenn wir beten, beginnen wir mit dem Herzen zu schauen, das sind die Meditationen über das Leben Jesu, die Amethyste unter der Geröllschichte.