News 09. 01. 2006

Großmufti predigt vor Millionen Mekka-Pilgern gegen Terrorismus

Der Großmufti von Saudiarabien, Scheich Abdulaziz al-Sheikh, hat zum Höhepunkt der Mekka-Wallfahrt vor mehr als zweieinhalb Millionen Pilgern gegen den religiös verbrämten Terror gepredigt.

Beim Gebet in der Namira-Moschee neben dem Berg Arafat sagte der höchste religiöse Würdenträger des Königreichs am Montag: "Einige Menschen haben die größten Verbrechen begangen gegen den Islam, denn was sie getan haben, hat dazu geführt, dass man den Begriff 'Terrorismus' nun ausschließlich mit dieser Religion in Verbindung bringt." Der Großmufti trug den Gläubigen auf, sie sollten den Islam und "die Fundamente des islamischen Rechts" gegen die Ignoranten und religiösen Fanatiker verteidigen. Die Predigt wurde vom saudiarabischen Fernsehen übertragen. In den vergangenen Jahren hatten die Prediger bei der "Hadsch" (Hadj - Hajj) noch vor allem westliche Regierungen und Medien kritisiert, die ein "verzerrtes Bild vom Islam" zeichneten.

Steinigung des Teufels

Am Morgen hatten sich die weiß gekleideten Pilger vom saudiarabischen Mina-Tal aus zum einige Kilometer entfernten Berg Arafat begeben. Dort absolvieren sie in der Wüste Saudi-Arabiens den wichtigsten Teil der islamischen Pilgerfahrt: Die symbolische Steinigung des Teufels. Der Berg Arafat ist ein kleiner Hügel, an dem Abraham (arab. Ibrahim) einst der Teufel erschienen sein soll. Der Prophet Mohammed hielt dort vor rund 1400 Jahren seine letzte Predigt. Die vergangene Nacht verbrachten die Pilger in einem Zeltlager in Mena. Das Ausharren auf dem Hügel symbolisiert nach islamischem Glauben das Warten der Menschen auf das jüngste Gericht. Nach den Gebeten auf dem Berg Arafat ziehen die Gläubigen wieder zurück ins Mina-Tal, wo sie die Riten der Hadsch fortsetzen werden.

Pilger aus 177 Staaten

Von den rund 2,5 Millionen Muslimen, die in diesem Jahr nach Mekka pilgern, kommen amtlichen Angaben zufolge mehr als 1,5 Millionen aus dem Ausland. In diesem Jahr nähmen 1 557 447 Gläubige aus 177 Ländern an der Wallfahrt zu den in Saudi-Arabien gelegenen Stätten teil, erklärte das saudiarabische Innenministeriums.
Die restlichen Pilger sind saudiarabische Staatsangehörige oder Ausländer, die dauerhaft in dem Königreich leben. Beim Einsturz einer Pilgerherberge in Mekka waren vergangene Woche rund 80 Menschen ums Leben gekommen, davon viele Muslime aus Frankreich. Das neunstöckige Gebäude im belebten Stadtzentrum war nach einem Brand zusammengestürzt.

Massenpaniken  

Am Rande der Pilgerfahrt kommt es immer wieder zu Unglücken mit hunderten Toten. Zuletzt waren 2004 bei einer Massenpanik 251 Menschen zu Tode getrampelt worden, 1990 kamen 1426 Menschen ums Leben. 1997 waren bei einem Feuer in der Zeltstadt der Pilger im Mina-Tal 343 Gläubige gestorben.

Die "Hadsch"

Die Pilgerfahrt nach Mekka, die "Hadsch", gehört zu den fünf "Säulen des Islam". Jeder Muslim, der dazu in der Lage ist, sollte einmal im Leben zu den heiligen Stätten in Mekka pilgern. Erste Wallfahrtsstätte für die ganz in weiße Gewänder gehüllten Pilger ist in Mekka die Kaaba (Würfel), ein schwarzes, leeres, fensterloses Gebäude. Zum Zeichen der Verehrung küssen die Pilger den Schwarzen Stein, der in einer Ecke des Gebäudes in Brusthöhe eingemauert ist. Auf einem Rundweg gehen sie sieben Mal um die Kaaba herum. Von Mekka geht es dann etwa 15 Kilometer südwestlich in eine Zeltstadt, wo die Gläubigen drei Nächte verbringen. Ein Höhepunkt der Riten ist das "Stehen" am Berg Arafat. Der Überlieferung nach hielt der Prophet Mohammed dort im Jahr 632 kurz vor seinem Tod seine letzte große Predigt. In der Ebene von Musdalifah werden die Steine für die "Steinigung des Teufels" gesammelt. Die religiösen Rituale der Pilger enden mit dem Opferfest (Id al-Adha). An diesem Tag schlachten Muslime in aller Welt in Erinnerung an das Opfer Abrahams Schafe und andere Tiere.

 

 

 

 

 

 
 
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