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News 06. 02. 2006 |
Experten: Islamisches Bilderverbot nicht eindeutigAus der Sicht der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ist allein die Darstellung des Propheten "eine Respektlosigkeit". Dagegen erinnert etwa der deutsche Islam-Experte Michael Lüders, dass das islamische Bilderverbot keineswegs so eindeutig ist.In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Muslime, die Mohammed in Filmen von Schauspielern darstellen ließen und Zeichnungen veröffentlichten, die ihn darstellen sollten. Einzig im islamischen Königreich Saudiarabien, das so bilderfeindlich ist, dass selbst in Freizeitparks keine gemalten Figuren mit Gesichtern zu finden sind, hält man die Tatsache, dass der Prophet überhaupt abgebildet wurde, schon für eine unerträgliche Form der Gotteslästerung. In den meisten anderen islamischen Staaten ist es vor allem die Art, wie der Prophet von den dänischen Karikaturisten gezeigt wurde, die für Ärger sorgte. "Weder Engel, noch Propheten noch Gott"Laut der vom "Islamrat der Muslime in Deutschland" geführten Website "islam.de" dürfen im Islam "weder Engel, noch Propheten noch Gott abgebildet werden". Allah wäre "nicht auf eine primitive Zeichnung" zu reduzieren; Propheten dürften "wegen der Gefahr der Anbetung und übertriebenen Verehrung" nicht dargestellt werden, heißt es auf "islam.de". Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich betonte in einer Stellungnahme zum Karikaturen-Streit, "allein die Darstellung von Propheten, gleich ob Muhammad oder Moses oder Jesus", werde im Islam "als Respektlosigkeit betrachtet, da kein Abbild dem Charakter der Propheten gerecht werden könnte". Lüders: Konsens, dass Mohammed nicht gezeigt wird"Ein unwiderrufliches Bilderverbot gibt es im Islam ebenso wenig wie in anderen Religionen", erläutert hingegen der Arabist Michael Lüders in der "Frankfurter Rundschau". Allerdings heiße es im Koran ebenso wie in der Bibel, der Gläubige solle sich kein Bild von Gott machen. Und schon in frühislamischer Zeit habe sich ein Konsens gebildet, weder den Propheten Mohammed noch die Prophetengefährten bildlich darzustellen - auch nicht die vier ihm nachfolgenden, "rechtgeleiteten" Kalifen. Dieser Konsens habe sich zu einer generellen Ablehnung bildlicher Darstellung in der arabischen Welt entwickelt und erkläre die Vorliebe für Kalligrafie, für Schriftkunst, in den Moscheen. Mohammed mit Heiligenschein"In Persien jedoch war die Darstellung von Menschen auch in der sakralen Kunst nicht ungewöhnlich", betont Lüders. "In der persischen Malerei des Spätmittelalters finden sich auch Darstellungen des Propheten, häufig mit Heiligenschein und immer unter Auslassung des Gesichtes, das als weißer Fleck dargestellt wird." Fragner: "Fülle von Darstellungen des Propheten"Auch der Leiter des Instituts für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Bert Fragner, betonte gegenüber science.ORF.at, dass es sich im Islam zwar eingebürgert habe, den Propheten nicht abzubilden, dieses Verbot aber "nicht 100-prozentig" gelte. Fragner verwies auf die "Fülle von ikonisierten Darstellungen des Propheten", die in vielen islamischen Ländern kursierten. Nicht nur Muslime kennen ein BilderverbotNicht nur im Islam sind Gottes-Darstellungen verboten. Das Judentum war die erste Religion der Welt, die Kultbilder abschaffte und Bilder vom einen, unvergleichlichen Gott untersagte. Die daraus hervorgegangen Religionen Christentum und Islam übernahmen anfangs beide das Verbot. "Die frühen Christen waren sehr zurückhaltend, bei ihnen gab es nur das Kreuz, oder Symbole wie das Lamm oder den Fisch", sagt Thomas Bremer, der an der Universität Münster über Ostkirche und damit über Ikonen forscht. Später wurden Jesus- und Heiligendarstellungen zur Normalität. Menschgewordener Gott darf dargestellt werdenDie Entstehung der bunten Bilderwelt im Christentum war in der Geschichte jedoch keineswegs unumstritten. "Im 8. und 9. Jahrhundert gab es den Ikonoklasmus, einen schweren Streit darüber, ob Jesus, der Sohn Gottes, gemalt werden darf", erklärt Bremer. "Es setzte sich die Überzeugung durch, dass Darstellungen von Jesus erlaubt sind, da der Sohn Gottes Mensch geworden ist und Menschen gemalt werden dürfen." Betrachten, verehren oder anbeten?Aus Sicht der Kirche waren
Bilder vor der Alphabetisierung der Bevölkerung eines der effektivsten
Mittel, der nicht lesekundigen Bevölkerung das Evangelium nahe zu bringen.
Christen sollen Statuen und Bilder zwar mit Interesse betrachten, sie aber
nicht anbeten. "Dass diese Grenze in der Volksfrömmigkeit verwischt, war den
Verantwortlichen klar und wurde in Kauf genommen", sagt der Tübinger
Religionswissenschaftler Günter Kehrer. Orthodoxe Christen haben noch heute
ein anderes Verhältnis zu Bildern, für sie sind Christus- und Heiligenbilder
Gegenstand der Verehrung. "Gläubige stellen sich die Gegenwart des
Abgebildeten als real vor, ähnlich wie wir das Foto eines lieben Menschen
mit uns tragen, um dadurch seine Nähe zu spüren", erklärt Bremer.
Links:- Frankfurter Rundschau: Michael Lüders: Mohammed wird in der arabischen Kunst nicht abgebildet - science.ORF.at: Kein striktes Bilderverbot im Islam - islam.de: Bilderverbot im Islam - Stellungnahme der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich
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