News 14. 02. 2006

Weltkirchenversammlung in Porto Alegre

In der südbrasilianischen Metropole Porto Alegre ist am Dienstag die 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) eröffnet worden. Das  zehntägige Treffen der Vertreter von 347 christlichen Kirchen aus mehr als 120 Ländern steht unter dem Motto „In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt.“

Schwerpunkte der Beratungen von 4000 Teilnehmern aus aller Welt sind die Verpflichtung der Christen für wirtschaftliche Gerechtigkeit, ihr Zeugnis zur Überwindung von Gewalt und die Herausforderungen in einer Zeit religiöser Pluralität. Der brasilianische Präsident Luiz Inacio "Lula" da Silva wird vor den Delegationen sprechen.

600 Millionen Gläubige

"Das Christentum macht radikale Veränderungen durch", hieß es in einem Papier, das vor Beginn der Diskussionen veröffentlicht wurde. "Während das Christentum offenbar in einigen Teilen der Welt zurückgeht, ist es in anderen zu einer dynamischen Kraft geworden". Der 1948 gegründete Weltkirchenrat ("Ökumenischer Rat der Kirchen") mit seiner Zentrale in Genf ist ein Zusammenschluss von 347 protestantischen, anglikanischen, orthodoxen, altkatholischen und anderen christlichen Kirchen, die insgesamt rund 600 Millionen Gläubige repräsentieren. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet aber mit dem Rat zusammen. Rom entsendet den deutschen Kurienkardinal Walter Kasper, den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, nach Porto Alegre, wo seit 2001 bereits drei Mal das "Weltsozialforum" getagt hat.

Patriarch Bartholomaios I.

Die Weigerung, von "überheblichem Nationalismus und verschwenderischem Konsumverhalten" abzulassen, hat der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. in einem Papier für die Vollversammlung angeprangert. Innere Verwandlung setze radikale Veränderung voraus: "Religiös gesprochen erfordert sie 'metanoia' - einen Wandel der Lebenseinstellungen und Anschauungen."

 

"Wann werden wir die zerstörerischen Auswirkungen der Gewalt auf unser geistliches, gesellschaftliches und kulturelles Leben und unsere Umwelt sehen? Wann werden wir die offensichtliche Irrationalität militärischer Angriffe, innerstaatlicher Konflikte und rassistischer Intoleranz erkennen, die alle Ausdruck eines tiefen Mangels an Ideen und Willenskraft sind? Verwandlung setzt voraus, dass wir aus unserer Gleichgültigkeit erwachen und den Opfern von Armut und Ungerechtigkeit mit Barmherzigkeit begegnen. Als Glaubensgemeinschaften und als Religionsführer müssen wir alternative Wege finden und gehen, die Gewalt ablehnen und Frieden anstreben.", erklärte der Ökumenische Patriarch.

 

Bischof Huber unterstreicht die Bedeutung des ÖRK

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber setzt große Hoffnungen in die 9. Vollversammlung des Weltkirchenrates. "Für die Ökumene suchen wir heute neue Wege; doch dafür brauchen wir die ökumenischen Instrumente, unter denen der ÖRK ganz besonderes Gewicht hat. Er hilft dabei, dass Kirchen direkt miteinander Kontakt haben. Der ÖRK hat bei diesen Gesprächen einerseits eine moderierende Funktion; zum anderen kann er dafür sorgen, dass sich Gesprächspartner finden, die sich ähnlichen Fragen oder Aufgaben stellen. Vor allem hilft er den Kirchen dabei, die große Kluft wahrzunehmen, die mit dem Gegensatz von Reich und Arm in der einen Welt zusammenhängt - eine Kluft, vor der Christen nicht die Augen verschließen dürfen. Er bietet für uns als Kirchen der Reformation ein wichtiges Forum dafür, aus evangelischer Perspektive zu diesen großen Herausforderungen Stellung zu nehmen."

 

Auf die Frage, welche theologische und politische Botschaft er sich von der Vollversammlung in Porto Alegre erhoffe, sagte Bischof Huber: "Meine Hoffnung richtet sich darauf, dass diese Versammlung eine wichtige Wegmarke auf dem gemeinsamen ökumenischen Weg der Kirchen sein wird. Nötig sind sowohl strukturelle Impulse, durch welche die weltweite ökumenische Kooperation gestärkt wird, als auch inhaltliche Anstöße, aus denen sich das ökumenische Engagement bis hin zu den Gemeinden und zu den engagierten Gruppen speisen kann."

Österreichische Delegierte

Die Vollversammlung in Porto Alegre ist die erste seit der jener von 1998 in der simbabwesischen Hauptstadt Harare. Österreichs Evangelische Kirche A. und H.B. ist durch die Superintendentin von Salzburg und Tirol, Luise Müller, und den Leiter des Flüchtlingsdienstes der Diakonie, Michael Bubik, vertreten. Referenten sind u. a. die Friedensnobelpreisträger Erzbischof Desmond Tutu (Südafrika), Rigoberta Menchu (Guatemala) und Adolfo Perez Esquivel (Argentinien).

 

Link:

Vollversammlung des Weltkirchenrates

 

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