News 16. 05. 2006

Al-Rawi: 95 Prozent der Muslime sind integrationswillig

Der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, der SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi, betonte am Montag, dass 95 Prozent der Muslime bereit seien, sich zu integrieren.

Nicht nachvollziehen kann Al-Rawi die Aussage von Innenministerin Liese Prokop (VP), der zufolge rund 45 Prozent der in Österreich lebenden Muslime nicht bereit sein, sich zu integrieren. Al-Rawi wörtlich: "Von den 45 Prozent sind wir wirklich weit entfernt". Er schätze, das etwa fünf Prozent integrationsunwillig sein. Die Gruppe jener Muslime, die sich von der Öffentlichkeit abschotteten würden, spielten nur eine "marginale Rolle", so Al-Rawi.

Deutsche Sprache ist ein "Muss"

Man sei bei der Integration natürlich noch nicht am Ende des Weges angelangt. "Beide Seiten haben ein Stück des Weges zu gehen. Aber die Unwilligkeit streiten wir gehörig ab". Al-Rawi unterstrich auch das "klar Bekenntnis zum Erlernen der deutschen Sprache. Das ist ein Muss". Der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft betonte auch die Ablehnung  von Zwangsheiraten, Ehrenmorden oder Frauendiskriminierung seitens der Glaubensgemeinschaft. Man dürfe diese Probleme auch nicht auf ein muslimisches Problem reduzieren, so Al-Rawi. Die Genitalverstümmelung beispielsweise sei etwas, das es in einigen afrikanischen Ländern gebe, "aber das ist nicht ein Phänomen des Islam".

"Islamisches Infozentrum": 50 Prozent integrationsunwillig

Ganz anders als Al-Rawi bewertet der Generalsekretär des Anfang April gegründeten

"Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich (IIDZ)", Günther Ahmed Rusznak, die Situation. Im Gespräch mit der APA erklärte Rusznak, auch ohne aufwendige Studie sehe man in der täglichen Arbeit mit Muslimen und ausgehend von der "Grundstimmung", dass rund die Hälfte der in Österreich lebenden Muslime nicht integrationsbereit sei. Dabei betonte Rusznak, dass "natürlich eine höhere Integrationsbereitschaft besser wäre".

Kritik an Islamischer Glaubensgemeinschaft

Für Rusznak ist es eine nicht wegzuleugnende Tatsache, dass es in Österreich sehr wohl eine "Parallelgesellschaft" gebe. Wenn Muslime, die keine Arbeit hätten, einen Turban oder Pluderhosen trügen, von den Österreichern nicht ernst genommen würden, dann würden sie in die Isolation getrieben, "wie im Linzer Neustadtviertel oder am Wiener Brunnenmarkt. Das sind berühmte Gettos". Dieser Entwicklung möchte Rusznak entgegenwirken. Der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich wirft Rusznak vor, 25 Jahre lang "so gut wie nichts gemacht" gemacht zu haben.

Ökumenischer Rat hofft auf Begegnungen mit Muslimen

Offen für eine Begegnung mit der islamischen Glaubensgemeinschaft zeigte sich der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Der ORKÖ hofft auf eine andauernde Wahrnehmung und gegenseitige Ermutigung und Unterstützung. Es gehe darum, Ängste und Vorurteile abzubauen und ein respektvolles Zusammenleben zu ermöglichen, heißt es in der Erklärung des ÖRKÖ-Vorstands, die auf die Wiener Konferenz der Imame vom April Bezug nimmt.

"Integration ist keine Einbahnstraße"

Die Wiener Imame-Erklärung betone die Bereitschaft der Muslime zur Integration in europäische Gesellschaften, wolle aber eine klare Abgrenzung zur Assimilation und fordere die Mehrheitsgesellschaft auf, ihren Beitrag zu leisten, dass Integration gelingen könne. "Diese Forderung ist ernst zu nehmen und mit zielführenden Initiativen zu unterstützen, weil Integration keine Einbahnstraße, sondern ein beidseitiger Prozess ist", stellt der ÖRKÖ-Vorstand fest. "Alle Bemühungen, jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit aufzudecken und zu überwinden, wird unterstützt. Die klare Aussage der Imamekonferenz 'gegen jede Form von Rassismus und von ethnischer Diskriminierung innerhalb der muslimischen Gemeinden Europas' wird begrüßt."

"Nachhaltige Bewusstseinsveränderung" nötig

Klare Aussagen hätten die Imame hinsichtlich der Rolle der Frau gemacht, "aber es wird auch angedeutet, dass es Praktiken gibt (wie Zwangsehe, Ehrenmorde und familiäre Gewalt), die zwar, wie betont wird, 'keine Grundlage im Islam haben', aber dennoch in muslimischen Kreisen geübt werden; diese sollen durch verstärkte Lehrtätigkeit der Imame überwunden werden. 'Jede Form von Verletzung von Frauenrechten soll kritisiert und bekämpft werden.'" Für das Zusammenleben mit der Mehrheitsgesellschaft sei "nachhaltige Bewusstseinsveränderung" gerade in diesem Bereich von entscheidender Bedeutung. Die vom ÖRKÖ begrüßten Vorhaben dürften keine Absichtserklärungen bleiben, sondern in den verschiedenen Bereichen des Lebens und für die Gesellschaft erkennbar umgesetzt werden.

 

 

Links:

- Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich

- Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich

- Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich

 

Hintergrund:

- Bis zu 400.000 Muslime in Österreich 

- 52 Millionen Muslime leben in Gesamteuropa

- oe1.ORF.at: Aufregung um Prokop-Studie

 

Grafik:

- Muslime in Österreich

 

 

 

 

 
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