News 31. 05. 2006

Sibiu: 2007 europäische Kultur- und Ökumene-Hauptstadt

Sibiu wird im kommenden Jahr die "Hauptstadt der Ökumene" in Europa, die multikonfessionelle und multikulturelle 180.000-Einwohner-Stadt im rumänischen Siebenbürgen ist im September 2007 Schauplatz des Höhepunkts der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3).

Bürgermeister Klaus Johannis versicherte am Mittwoch vor Teilnehmern einer "Kathpress"-Journalistenreise nach Sibiu die EÖV3-Veranstalter seiner vollen Unterstützung. War ursprünglich wegen der geringen Aufnahmekapazität der Region von lediglich 3.000 offiziellen Delegierten der christlichen Kirchen als Limit die Rede, so wurde bei dem Besuch der Journalisten aus Österreich eine Zahl von bis zu 30.000 Teilnehmern genannt. Da Sibiu 2007 auch europäische Kulturhauptstadt sein wird, werde derzeit touristisch aufgerüstet, sagte Johannis: Neue Hotels und Privatquartiere seien überall in der Stadt im Bau.

Multikulturelle und multikonfessionelle Stadt

In Sibiu (ungarisch: Nagyszeben, deutsch: Hermannstadt) werden drei Sprachen gesprochen; es gibt 72 Kirchen, die meisten sind rumänisch-orthodox, aber auch protestantische, römisch-katholische und griechisch-katholische Christen sind in der Stadt seit Jahrhunderten heimisch, auch Freikirchen sind stark vertreten. Die Rumänen stellen 94 Prozent der Bevölkerung, die Deutsch- und Ungarischsprachigen je zwei Prozent, weniger noch Roma und Sinti. Dass ein Deutschsprachiger Bürgermeister ist, passt zu Sibiu. Klaus Johannis erwartet sich als wirtschaftlich und sozial greifbare und nachhaltige Ergebnisse der EÖV3 und des Kulturhauptstadtjahres einen markant gestiegenen Bekanntheitsgrad seiner schönen alten Stadt, touristische und infrastrukturelle Verbesserungen, mehr Kompetenz bei Großereignissen.

Religion ist „in“

Die Menschen in Sibiu und in ganz Rumänien sind laut Johannis trotz der mehr als vier Jahrzehnte währenden kommunistischen Herrschaft sehr religiös; viele seien "von Haus aus gläubig", dies spiele auch im Alltag eine wichtige Rolle. Während der Ceausescu-Ära sei Religiosität "nicht gern gesehen" worden, jetzt sei es geradezu "in", religiös zu sein. Viele Kirchen wurden seit der politischen "Wende" im Jahr 1989 neu gebaut.

Vor EU-Beitritt Rumäniens

In Sibiu herrscht Aufbruchsstimmung, nicht zuletzt wegen des herannahenden EU-Beitritts Rumäniens. Die Stadt prosperiert, es wird viel gebaut und investiert, die Arbeitslosenrate liegt nach den Worten des beliebten und 2004 mit Rekordzahl wieder gewählten Bürgermeisters bei unter fünf Prozent. Die "Zeichen der Zeit sind erkannt", die Leute "aus ihrer Lethargie herausgeholt" worden, so Johannis. Die Stimmung gegenüber der EU sei überwiegend positiv, obwohl - da macht sich Johannis nichts vor - die Preise nach dem Beitritt stärker steigen würden als die Löhne. Die großteils ohne Maschinen betriebene Landwirtschaft des Landes werde ins Trudeln kommen. Die großen sozialen Probleme Rumäniens mit vielen Menschen unter der Armutsgrenze seien drängend, gerade die Pensionisten hätten "zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben". Die Armut müsse schwinden, der Mittelstand rascher wachsen, wünscht sich der Bürgermeister.

EU-Skepsis

Dass in manchen westlichen EU-Ländern Skepsis gegenüber einem Beitritt Rumäniens und Bulgariens herrscht, kann Johannis "verstehen". Aber die Ängste seien vorwiegend innenpolitisch geschürt und unbegründet. Gerade in Österreich müssten sie leicht auszuräumen sein, weil österreichische Unternehmen in Rumänien "extrem investiert" haben und somit ein genuines Interesse an der EU-Mitgliedschaft Bukarests bestehe.

"Das Licht Christi scheint auf alle"

Die europäische Integration wird auch bei der EÖV3 eine wichtige Rolle spielen, das offizielle Thema, auf das sich die "Konferenz Europäischer Kirchen (CEC) und der "Rat Europäischer Bischofskonferenzen" (CCEE) vor mehr als einem Jahr geeinigt haben, lautet "Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung für Erneuerung und Einheit in Europa". Bei einem Treffen der österreichischen Journalisten mit dem lokalen Vorbereitungskomitee betonte dessen Vorsitzender, der evangelische Bibelwissenschaftler Prof. Hans Klein von der lutherischen theologischen Fakultät in Sibiu, der Schwerpunkt der EÖV3 solle auf der christlichen Spiritualität liegen. Die Versammlung solle sich nicht verlieren in fruchtlosen Appellen an Politiker, "die ohnehin machen, was sie wollen". Statt Aktionismus solle geistliche Substanz zum Tragen kommen, die in einem orthodox geprägten Land ohnehin stark präsent sei. Das Zusammenwachsen der Völker in Europa bezeichnete Klein als "Gottes großes Angebot einer Versöhnung mit der Geschichte".

Ökumenische Bibelübersetzung

In Sibiu ist man diesbezüglich schon sehr weit: Klein arbeitet derzeit gemeinsam mit Kollegen von der rumänisch-orthodoxen theologischen Fakultät der Stadt sowie mit Fachleuten anderer Konfessionen an einer ökumenisch kommentierten rumänischen Bibelübersetzung. Und in einer neuen orthodoxen Kirche in Sibiu prangt - so berichtete er den erstaunten Journalisten - das gemalte Konterfei des evangelischen Bischofs. Für Klein kommt mit dieser Reverenz der Mehrheits- vor der Minderheitskirche eine Botschaft der Toleranz und des wechselseitigen Respekts zum Ausdruck: "Wir gehören alle zusammen".

 

Link:

3. Europäische Ökumenische Versammlung

 
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