News 18. 08. 2006

Ostdeutscher Pfarrer Brüsewitz verbrannte sich vor 30 Jahren

Mit einem eindringlichen Appell gegen das Vergessen und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft ist am Freitag bei Gedenkveranstaltungen an die Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz in Zeitz (Sachsen-Anhalt) vor 30 Jahren erinnert worden.

Der evangelische Theologe (1929-1976) hatte sich am 18. August 1976 vor der Michaeliskirche aus Protest gegen die DDR mit Benzin übergossen und angezündet. Er starb vier Tage später an seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus Halle-Dölau. Die Tat des Gemeindepfarrers aus Rippicha bei Zeitz sorgte weltweit für Aufsehen und Entsetzen.

Der massive Drang, sich nicht abzufinden

Der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen Axel Noack mahnte bei einem ökumenischen Gottesdienst in der Michaeliskirche, die Gesellschaft brauche Menschen, die sich nicht abfinden mit dem, was geschieht im Land. Brüsewitz habe mit viel Engagement und auf ganz ungewöhnliche Weise gewirkt. Er sei massiv gegen Missstände in der Gesellschaft vorgegangen und habe sich für Arme und Unterdrückte eingesetzt. "Der massive Drang, sich nicht abzufinden, ist das, was mich erinnert, wenn ich an Oskar Brüsewitz denke", sagte Noack.

Menschen vor dem DDR-Staat wachrütteln

Brüsewitz' Tochter Esther, die ebenfalls Theologin ist, sagte zuvor: "Mein Vater wollte die Menschen vor dem DDR-Staat wachrütteln, das war ihm ein wichtiges Anliegen. Deshalb hat er das getan. Ich wünsche mir, dass die Erinnerung an meinen Vater wach gehalten wird und wir uns heute auch mit wachem Blick für die Menschen einsetzen, die uns brauchen."

Tat sollte vertuscht werden

Das SED-Regime versuchte nach Angaben der Kirche mit allen Mitteln, die Tat des 47-Jährigen zu vertuschen und ihn mit verleumderischen Artikeln als unzurechnungsfähigen Geisteskranken darzustellen.

Funkspruch an alle

Brüsewitz war am 18. August 1976 mit seinem Auto von Rippicha nach Zeitz vor die Michaliskirche gefahren. An dem Fahrzeug hatte er ein Plakat mit der Aufschrift angebracht: "Funkspruch an alle....Funkspruch an alle. Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen."

Spektakulären Aktionen

Brüsewitz hatte mit spektakulären Aktionen wie einem weithin sichtbaren Neonkreuz an der Kirche von Rippicha den Unmut der DDR- Staatsfunktionäre auf sich gezogen. Von den Kirchenleitungen fühlte er sich bei seinem Einsatz nicht genügend unterstützt. Der Pfarrer wurde am 30. Mai 1929 im heutigen Litauen geboren, absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Schuhmacher in Leipzig und war von 1969 an bis zu seinem Tod Pfarrer in Rippicha. Er hinterließ eine Frau und zwei Töchter.

 
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