News 30. 10. 2006 |
Evangelischer Bischof Huber: "Ökumene ist weit fortgeschritten"Der Berliner Evangelische Bischof Wolfgang Huber sieht große Fortschritte im Bereich der Ökumene. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist anlässlich des bevorstehenden Reformationstages in Wien zu Besuch war."Die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre aus 1999 ist ein Meilenstein", so Huber. Bleibende Unterschiede wie etwa das Amtsverständnis, das Verhältnis von Mann und Frau sowie die Einbindung aller Getauften sind für den Berliner Bischof kein Rückschritt, sondern "Zeichen von Wahrhaftigkeit". "Das Bekenntnis zur Gnade und Menschenfreundlichkeit Gottes ist wichtiger als alle Unterschiede." Mit der Aufnahme reformatorischer Theologie, wie eben der Rechtfertigungslehre, habe auch Papst Benedikt XVI. wichtige ökumenische Impulse bejaht. Protestanten freuen sich mitDass die evangelische Kirche im Zuge der medialen Präsenz des neuen Papstes in den Schatten geraten könnte, glaubt Huber nicht. Die Weihe der evangelischen Frauenkirche in Dresden sei medial enorm wahrgenommen worden. 2005 sei eben ein "Zwei-Päpste-Jahr" gewesen, in dem die katholische Kirche in den Vordergrund gerückt sei. Doch die Evangelischen würden sich ganz im Sinne der biblischen Botschaft mitfreuen, "wenn sich ein Glied freut". Dialog mit dem IslamDer Islam ist für den Berliner Bischof eine der großen Herausforderungen der heutigen Gesellschaft, aber "sicherlich nicht die größte". Die Wirklichkeit sei nicht dermaßen vom Islam dominiert, wie das oft dargestellt werde. Die Religionsfreiheit der Menschen sei in jedem Fall zu wahren. Allerdings müssten Muslime auch die "Spielregeln dieser Gesellschaft" akzeptieren und aus "eigener Überzeugung" Werte wie Würde und Freiheit der Menschen annehmen. Um die radikalen Kräfte im Islam zurückzudrängen setzt Huber auf den Dialog mit gesprächsbereiten Muslimen. Fragen an die Politik stellenZur Rolle der Kirchen in der Gesellschaft meinte Huber, die Kirchen müssten sich zwar auf ihre Grundaufgabe, die Verkündigung des Evangeliums, konzentrieren, allerdings dürfe das nicht "im Sinne einer Abwehr der Gesellschaft" geschehen. Denn diese sei der Ort, in dem die Menschen leben und die Entwicklungen der Gesellschaft müssten dementsprechend wahr- und aufgenommen werden. Die christlichen Kirchen hätten eine öffentliche Verantwortung gegenüber dem Staat, sie müssten vor allem Partei ergreifen für jene, "die nicht sprechen können, für Arme und Ausgegrenzte sowie für Menschen am Beginn und Ende ihres Lebens." Wahlempfehlungen für politische Parteien sind für Huber nicht "Sache der Kirchen", die Kirchen könnten allerdings wichtige Wahlprüfsteine sein. "Gerade im Umgang mit Fremden und mit Minderheiten müssen wir auch dezidierte Fragen an die Politik stellen," so der Bischof. Europäische Einigung ist Provokation, Ärgernis und HerausforderungAls "eine Provokation, ein Ärgernis und eine Herausforderung für die Kirchen in Europa" bezeichnete Huber im Rahmen eines Symposiums in Wien die europäische Einigung. „Die Kirchen müssen ihren Anteil an Europa neu bestimmen“, unterstrich Bischof Huber, allerdings ohne „Monopolanspruch auf die europäische Identität“. Von Anfang an habe sich christlicher Glaube in Europa auch mit unterschiedlichen Kulturen verbunden. Verfassungsprozess wieder in Bewegung setzenZum Ärgernis der europäischen Einigung zählte der Ratsvorsitzende den Stillstand in der Frage nach einer Verfassung, auch wenn die österreichische Ratspräsidentschaft hier den Prozess vorangetrieben habe. Auf der Negativseite sieht Huber auch die inneren Unklarheiten über das politische Konzept Europas und das Schwanken zwischen einer Wirtschafts- und einer Wertegemeinschaft. Den Kirchen wäre es nicht gelungen, zu „besonders starken Akteuren im europäischen Einigungsprozess“ zu werden. Den europäischen Verfassungsprozess wieder in Gang zu bringen nannte Huber eine Herausforderung an die Kirchen in Europa. Huber: „Wenn die Kirchen ihren Beitrag in Europa leisten wollen, dann müssen sie die Formen ihres Mitwirkens verstärken und transparenter werden lassen.“ Festvortrag am MontagabendBischof Huber hält am Montagabend beim Reformationsempfang der evangelischen Kirche in Österreich in der Akademie der Wissenschaften in Wien den Festvortrag zum Thema "Religion und Politik".
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