News 22. 11. 2006

Vor Papstbesuch in der Türkei

Fünf Kardinäle werden Papst Benedikt XVI. während seiner Türkeireise begleiten. Es handelt sich um Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone, den Präsidenten des Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Paul Poupard, den Präsidenten des Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, den Präfekten der Ostkirchenkongregation, Kardinal Ignace Moussa Daoud, sowie den vatikanischen diplomatischen "Troubleshooter" Kardinal Roger Etchegaray.

Der Papst wird im Rahmen seiner Pastoralreise in die Türkei vom 28. November bis zum 1. Dezember Ankara, Ephesus und Istanbul besuchen.

Doch Treffen mit Erdogan?

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wird während des Papstbesuchs im Ausland - beim NATO-Gipfel in Riga - sein. Erdogan erwägt jetzt aber offenbar doch ein Treffen mit dem Papst, wie die Tageszeitung "Milliyet" am Dienstag unter Berufung auf hochrangige Quellen im Außenministerium berichtete. Demnach könnte Erdogan den Papst eventuell auf dem Rückweg vom NATO-Gipfel in Riga am 30. November in Istanbul treffen. Eine entsprechende Programmänderung werde erwogen.

 

Dem Zeitungsbericht zufolge will Erdogan dem im In- und Ausland erhobenen Vorwurf begegnen, dass er einem Treffen mit dem Papst ausweichen wolle. Auch in der türkischen Öffentlichkeit war der Ministerpräsident dafür in den vergangenen Tagen kritisiert worden.

Beginn in Ankara

Papst Benedikt XVI. wird am 28. November um 13 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen Ankara-Esemboga eintreffen. Von dort wird er zunächst zum Atatürk-Mausoleum fahren. Danach erfolgt der Höflichkeitsbesuch beim türkischen Staatspräsidenten Ahmed Necdet Sezer. Anschließend ist die Begegnung mit dem Leiter des staatlichen Religionsamtes ("Diyanet"), Sektionschef Prof. Ali Bardakoglu, angesetzt. Hier steht eine mit Spnnaung erwartete Ansprache des Papstes auf dem Programm. Den Abschluss des Tagesprogramms bildet die Begegnung Benedikts XVI. mit dem Diplomatischen Corps in der Apostolischen Nuntiatur.

Ephesus

In Ephesus ist am Mittwoch, 29. November, die Feier der Heiligen Messe im Heiligtum "Meryem Ana Evi" (Haus Mariens) angesetzt. Papst Benedikt XVI. wird dort eine Predigt halten. Ephesus hat große Bedeutung für die Geschichte der Kirche: Hier wirkten die beiden Apostel Johannes und Paulus, und im Jahre 431 tagte in der Stadt das Dritte Ökumenische Konzil. "Meryem Ana Evi" wird auch von vielen muslimischen Pilgern aufgesucht; "Radio Vatikan" zufolge besuchen jährlich drei Millionen Pilger das "Sterbehaus der Mutter Jesu".

Istanbul

Am Mittwochabend fliegt Benedikt XVI. von Izmir nach Istanbul, wo er in der Patriachatskathedrale St. Georg gemeinsam das Te Deum mit dem Oberhaupt der Orthodoxie, Bartholomaios I., singt. Anschließend macht er einen ersten Besuch in der Residenz des Ökumenischen Patriarchen im Phanar.

Andreas-Fest

Höhepunkt der Türkeireise ist am Donnerstag, 30. November, die von Bartholomaios I. zelebrierte Liturgie zum Andreas-Fest in der Georgskathedrale, an der Benedikt XVI. teilnimmt. Der Heilige Andreas ist der Patron der Kirche von Konstantinopel. Der Papst wird nach der Liturgie eine Ansprache halten, anschließend werden der Papst und Bartholomaios I. eine "Gemeinsame Erklärung" unterzeichnen.

Besuch in der Hagia Sophia

Nach einem gemeinsamen Essen stehen ein Besuch in der Hagia Sophia und ein Gebetstreffen mit dem armenisch-apostolischen Patriarchen Mesrob II. (Mutafyan) in der armenischen Patriarchatskathedrale in Kumkapi auf dem Programm. Im Haus der ehemaligen Apostolischen Delegatur in der Papa-Roncalli-Sokak soll es zu Begegnungen mit dem syrisch-orthodoxen Metropoliten Filüksenos (Cetin) und Oberrabbiner Isak Haleva kommen. Für den Abend ist ein Essen mit den Mitgliedern der Türkischen Bischofskonferenz vorgesehen. Anschließend wird der Papst zu den im Garten der Delegatur versammelten Delegierten der katholischen Jugendlichen aus der ganzen Türkei sprechen.

Rückflug am 1. Dezember

Am Freitag, 1. Dezember, wird der Papst in der lateinischen Kathedrale Saint Esprit ein Hochamt feiern und dabei auch predigen. Der Abflug von Istanbul erfolgt um 13.15 Uhr Ortszeit; um 14.45 Uhr wird der Papst wieder in Rom erwartet.

Vor 100 Jahren unvorstellbar

Zweck und Höhepunkt der fünften Auslandsreise des Papstes sei, die ökumenische Annäherung mit der Orthodoxie voranzubringen, betonte der vatikanische Ökumene-Minister Kardinal Walter Kasper vor Journalisten. Er bedaure, dass dieses zentrale Anliegen seit der "Regensburger Rede" des Papstes vom Verhältnis zum Islam überlagert worden sei. Allerdings seien bei den Begegnungen im Phanar keine spektakulären Dinge zu erwarten, so Kasper: "Die Sensation liegt darin, dass die Normalität normal geworden ist, dass Begegnungen zwischen Rom und Konstantinopel inzwischen zum Alltag gehören"; das wäre vor 100 Jahren noch unvorstellbar gewesen.

Stärkung der katholischen Gemeinschaft

Die Stärkung der christlichen und insbesondere katholischen Gemeinschaft bildet dem Ökumene-Treffen das zweite Anliegen der Papstreise. Mit Sicherheit wird Benedikt XVI. deshalb über die Minderheitenrechte in der Türkei sprechen, sei es in öffentlichen Reden oder in privaten Unterredungen.

Begegnung mit Islam

Schließlich gehört auch die Begegnung mit dem Islam zu den Anliegen der Papstreise. Ob die "Regensburger Rede" noch einmal zur Sprache kommt, ist fraglich. Der Papst habe hinreichend deutlich gemacht, was er meinte; die Erklärung der 38 islamischen Theologen und Großmuftis sei eine respektvolle Antwort gewesen, so Bartholomaios I. und der Istanbuler katholische Bischof Louis Pelatre.

 

Nicht erledigt ist freilich das Anliegen, in einen Dialog mit moderaten Muslimen zu kommen. Es geschieht manches, nicht nur auf Ebene des vatikanischen Rates für den interreligiösen Dialog, sondern auch etwa durch Organisationen wie die Gemeinschaft Sant'Egidio.

 

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