News 29. 11. 2006

In Wiener Rochuskirche wird der Volksaltar abgebaut

In der bekannten Wiener Rochuskirche in Wien-Landstraße wird in den nächsten Tagen der Volksaltar abgebaut. Ab kommenden Sonntag wird der Priester - wie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil - die Messe am alten Hauptaltar mit dem Rücken zum Volk zelebrieren.

Die Wiener Stadtdechanten - die kirchlichen "Bezirksvorsteher" - haben Erzbischof Schönborn aufgefordert, sich für die Rücknahme dieses Schrittes einzusetzen.

Dechanten protestieren

In der Stellungnahme der Wiener Dechanten-Konferenz vom 20. November heißt es wörtlich: "Als Dechanten des Vikariats Wien-Stadt orten wir zunehmend Verunsicherung und Missstimmung über die vorgesehene Entfernung des Volksaltars in der Pfarrekirche St. Rochus. Einstimmig bitten wir den Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, sich für die Rücknahme dieses Vorhabens einzusetzen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass in der Erzdiözese Wien erste öffentlich bemerkte Schritte gegen die liturgische Erneuerung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil unternommen werden."

Kritische Reaktionen innerhalb der Pfarrgemeinde

Die Pfarre St. Rochus wird vom "Oratorium des hl. Philipp Neri" betreut. Das Oratorium, das als konservative Ordensgemeinschaft gilt, hat auch die Entscheidung getroffen, den Hochaltar wieder als Hauptaltar zu verwenden. Wie der Internetseite der Pfarre - http://www.oratorium.at - zu entnehmen ist, wird auch innerhalb der Pfarrgemeinde die Entfernung des Volksaltars sehr kritisch gesehen. So schreibt die stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Huberta Eiselsberg: "Als Angehörige einer Generation, die mit großer Spannung und Freude die Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils, den Aufbruch der Kirche in die Zeit des 20.Jahrhunderts miterlebt hat, fällt es mir schwer, mit dieser Entscheidung umzugehen."

Absprache mit Diözesanleitung

Der Pfarrer von St. Rochus, Pater Georg Herberstein, erklärte am Mittwoch auf Anfrage der APA, die Entscheidung sei in Absprache mit der Diözesanleitung und mit der Pfarrgemeinde getroffen worden. Es habe eine "sehr konstruktive, aber nicht extrem kontroversielle Debatte" gegeben. Herberstein verwies ausdrücklich darauf, dass die Feier des Gottesdienstes am Hochaltar - also mit dem Rücken zum Volk - den geltenden liturgischen Normen entspreche, ebenso wie die Feier am Volksaltar. In der Rochuskirche gebe es seit den 60er Jahren nur ein Provisorium als Volksaltar. Jetzt habe man entschieden, dieses Provisorium zu beseitigen.

Stellungnahme der Erzdiözese Wien

"In der Erzdiözese Wien gibt es keinerlei Absichten, die liturgische Erneuerung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zurückzunehmen", betonte der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, am Mittwoch im Hinblick auf Pressemeldungen über Vorgänge in einer Pfarrgemeinde im 3. Wiener Bezirk. Es sei bemerkenswert, dass Vorgänge in einer einzelnen Pfarrgemeinde so große Aufmerksamkeit erregen, trotzdem dürfe man den Gesamthorizont nicht aus den Augen verlieren.

Keine Vorschriften über Altargestaltung

Die Liturgie ist "Quelle und Gipfel" des kirchlichen Handelns, daher sei Aufmerksamkeit durchaus berechtigt, sagte Leitenberger. Zugleich müsse man aber auch auf die Liturgiefachleute hören. In den Vorschriften der katholischen Kirche vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gebe es keine eindeutigen Festlegungen im Hinblick auf die Zelebrationsrichtung oder auf die Altargestaltung: "Die Gemeinde kann sich mit dem Priester um den Altar versammeln, es kann aber auch der Priester das Volk Gottes auf seinem Pilgerweg anführen". Das Kirchenrecht sehe aber vor, dass es in Pfarrkirchen einen feststehenden - also nicht tragbaren - Altar geben muss, der einzig zur Feier der Eucharistie verwendet wird.

Stellungnahme der Dechanten "ordnungsgemäß behandelt"

Eine Stellungnahme der Dechanten des Wiener Stadtvikariats zu den Vorgängen in der Pfarre St. Rochus im 3. Bezirk werde "ordnungsgemäß behandelt" werden, so der Sprecher. Es gehe darum, im Gespräch zwischen allen Beteiligten Missverständnisse auszuräumen und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Auf keinen Fall dürfe es zu "Parteiungen" in den Pfarrgemeinden kommen.

 
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