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News 08. 01. 2007 |
Stanislaw Wielgus - Steiler Aufstieg und tiefer Fall des ErzbischofsIntelligenz und Ehrgeiz - diese Eigenschaften halfen dem 1939 im ostpolnischen Wierzchowiska geborenen Stanislaw Wielgus bei seiner Karriere in der polnischen Kirche und führten wohl auch zu seinem demütigenden Fall.Der Sohn einer armen Bauernfamilie, Theologieprofessor und Spezialist für mittelalterliche Philosophie ist durch seine Verstrickung in Kontakte mit dem früheren kommunistischen Geheimdienst so in die Kritik geraten, dass ihm angesichts des öffentlichen Drucks am Sonntag nur noch der Rücktritt von seinem gerade erst angetretenen Amt als Erzbischof von Warschau blieb. Geheimdienst verhalf zu Reisepass und AusreiseerlaubnisWielgus, der in Lublin Theologie studierte und 1962 die Priesterweihe erhielt, arbeitete zunächst als Studentenseelsorger, begann aber bereits 1969 eine wissenschaftliche Laufbahn an der Katholischen Universität Lublin. Von 1973 an war er jahrelang Stipendiat der Humboldt-Stiftung an der Münchner Universität. Dass er überhaupt einen Reisepass und damit eine Ausreiseerlaubnis erhielt, verdankte er dem kommunistischen Geheimdienst. Kurz vor seiner Ausreise unterzeichnete Wielgus, wie nun bekannt wurde, eine Verpflichtungserklärung und erhielt von Geheimdienstoffizieren Instruktionen, polnische Geistliche in Deutschland auszuspähen. Er selbst erklärte seine Unterschrift mit dem Wunsch, der Kirche durch seine akademischen Leistungen dienen zu wollen. Johannes Paul II. machte Wielgus zum BischofNach der Rückkehr aus Deutschland setzte Wielgus seine akademische Karriere fort. Von 1989 bis 1998 war er Rektor der Katholischen Universität Lublin. Im Mai 1999 setzte ihn Papst Johannes Paul II. als Bischof von Plock ein, diesen Posten hatte er bis zur Berufung auf die Nachfolge vor Kardinal Jozef Glemp als Erzbischof von Warschau inne. Im polnischen Episkopat gilt Wielgus als Vertreter des konservativen Flügels, der unter anderem auch den umstrittenen Rundfunksender Radio Maryja des Redemptoristenpaters Tadeusz Rydzyk verteidigte. Die Geheimdienst-Kontakte von Erzbischof WielgusAus der fast 70 Seiten umfassenden Geheimdienstakte von Erzbischof Stanislaw Wielgus geht hervor, dass der heute 67-jährige Geistliche beim kommunistischen Geheimdienst unter dem Decknamen "Grey" geführt wurde. Sowohl eine kirchliche Untersuchungskommission wie auch Historiker im Auftrag des polnischen Ombudsmann für Bürgerrechte kamen in der vergangenen Woche zu dem Schluss, dass er "keinerlei Zweifel an einer bewussten Zusammenarbeit" von Wielgus mit dem kommunistischen Sicherheitsdienst gab. In der Akte sind auch zwei Verpflichtungserklärungen enthalten. Wielgus: Habe niemandem geschadetÜber das Ausmaß der Kooperation mit den Sicherheitsbehörden gibt es jedoch bisher keine eindeutigen Beweise. Der Geheimdienstakte zufolge wurde Wielgus als geheimer Mitarbeiter geschult, sollte während seines Forschungsaufenthalts in München polnische Priester in der Bundesrepublik Deutschland ausspähen und auch beim Sender Freies Europa Spitzeldienste leisten. Wielgus selbst bestreitet, "in Worten oder Taten irgendjemand geschadet zu haben". Die kirchliche Untersuchungskommission kommt zu dem Schluss, dass es für Feststellungen über einen durch Wielgus verursachten Schaden zu früh ist. Wissenschaftler und Kirchenleute wollen nun vor allem bei der Lubliner Zweigstelle des für die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit zuständigen Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) nach weiteren Unterlagen forschen.
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