News 14. 03. 2007

Befreiungstheologe Jon Sobrino vom Vatikan öffentlich verurteilt

Der Vatikan hat am Mittwoch eine scharfe Lehrverurteilung gegen den populären Befreiungstheologen und Jesuitenpater Jon Sobrino aus San Salvador ausgesprochen. Die Thesen des 68-Jährigen könnten bei den Gläubigen "großen Schaden" anrichten, teilte der Heilige Stuhl mit.

Die so genannte "Notifikation", eine öffentliche Maßregelung des aus dem spanischen Baskenland stammenden Sobrino, stammt aus der Feder des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada. Jedoch beinhaltet das Dokument keine direkten Sanktionen gegen den Geistlichen. Ziel sei es, den Gläubigen ein "sicheres Kriterium für ihr Urteil" zu bieten, "das auf der Kirchendoktrin beruht".

Vernachlässigung der „Göttlichkeit“ Jesu

Speziell wirft die Kirche dem Theologen vor, zu sehr die Solidarität mit den Armen und Unterdrückten in der Welt zu betonen und zu wenig den Glauben und die Erlösung durch Jesus Christus hervorzuheben. Außerdem unterstreiche Sobrino zu sehr den menschlichen Charakter Jesu und vernachlässige dessen "Göttlichkeit", hieß es. Es handelt sich um die erste Lehrverurteilung eines Theologen durch die Glaubenskongregation seit dem Amtsantritt von Papst Benedikt XVI. vor zwei Jahren.

Verurteilung von Leonardo Boff

Der Fall ruft Erinnerungen an den schweren Konflikt der Kirche mit der "linken" Befreiungstheologie in den 80er Jahren wach. Bereits in den 80er Jahren war der Vatikan gegen die Befreiungstheologie in Lateinamerika vorgegangen, da diese zu sehr das soziale Engagement der Kirche betone und darüber ihren Heilsauftrag vernachlässige. Entscheidenden Anteil etwa an der Verurteilung des bekannten Befreiungstheologen Leonardo Boff hatte der damalige Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal  Joseph Ratzinger, der 2005 zum Papst gewählt wurde.

Enger Berater von Erzbischof Romero

Sobrino stammt aus dem spanischen Baskenland und ging 1957 ins zentralamerikanische El Salvador. Er gilt als einer der populärsten lateinamerikanischen Befreiungstheologen. "An Gott zu glauben bedeutet, sich mit den Unterdrückten zu solidarisieren", sagte er einmal. Der Autor mehrerer Bücher lehrt an der von Jesuiten geleiteten katholischen Zentralamerikanischen Universität in San Salvador (UCA). Unter anderem war er der wichtigste theologische Berater des Erzbischofs von San Salvador, Oscar Arnulfo Romero, der am 24. März 1980 von einer rechtsextremen Todesschwadron ermordet wurde. Sobrino war 1989 nur knapp einem Mordanschlag rechtsextremer Militärkreise entkommen (darunter der Rektor der UCA, Ignacio Ellacuria), dem in El Salvador sechs Jesuiten zum Opfer fielen. In Europa wurde der Theologe mit Ehrendoktoraten und anderen Würdigungen ausgezeichnet. U. a. verlieh ihm die Karl-Franzens-Universität Graz am 13. März 1992 (also exakt vor 15 Jahren) den damals neu geschaffenen Menschenrechtspreis.

 
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