News 10. 05. 2007

Brasilien: Papstbesuch von Abtreibungsstreit überschattet

Der Besuch von Papst Benedikt XVI. hat in Brasilien einen heftigen Streit um das Thema Abtreibung ausgelöst. Gesundheitsminister José Temporão kritisierte nach Medienberichten vom Donnerstag die Haltung des deutschen Papstes zu der eventuellen Exkommunikation von Pro-Abtreibungs-Politikern als "unangebracht".

"Man darf nicht einer ganzen Gesellschaft Dogmen und Gebote einer bestimmten Religion aufzwingen wollen", so Temporão.

Auf Frauen hören

Der Minister forderte, man müsse in Sachen Abtreibung in erster Linie hören, was die Frauen zu sagen hätten. Rund 250.000 zumeist arme Frauen müssten jährlich in Brasilien wegen der Folgen illegaler Abtreibungsversuche behandelt werden. "Wenn Männer schwanger würden", hätten sie eine andere Meinung, meinte Temporao. Angst vor der Exkommunikation habe er nicht. Der Glaube könne nicht exkommuniziert werden, sagte der "überzeugte Katholik". Auch Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte sich in Brasilien dieser Tage für eine Lockerung des Abtreibungsverbots ausgesprochen. Daraufhin hatten am Dienstag in Brasilia mehr als 2.000 Abtreibungsgegner protestiert. Die Kirche erklärte, die Regierung dürfe sich nicht "in den Dienst des Todes stellen".

Abtreibung mit Kommunionempfang unvereinbar

Bereits auf dem Weg in das größte Land Lateinamerikas hatte der Papst Stellung zu einer Liberalisierung des Abtreibungsrechtes in Mexiko-Stadt genommen und damit für Aufsehen gesorgt. Er hatte dabei gesagt, eine Exkommunikation von Politikern, die für Abtreibung stimmten, mit dem Kirchenrecht vereinbar sei. Die Beteiligung an der Tötung eines Kindes sei mit dem Empfang der Kommunion unvereinbar, betonte das katholische Kirchenoberhaupt. Auf brasilianischem Boden betonte er dann, die lateinamerikanische Bischofskonferenz im Wallfahrtsort Aparecida, die er am Sonntag eröffnen wird, werde "den Respekt des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Ende fördern".

Keine konkrete Exkommunikation von Politikern

Später präzisierte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi, der Papst habe dabei nicht die konkrete Exkommunikation der an der Abtreibungsliberalisierung in Mexiko-Stadt beteiligten mexikanischen Politiker ausgesprochen. Er habe vielmehr auf eine Journalistenfrage hin offenbar angenommen, diese seien von den mexikanischen Bischöfen bereits exkommuniziert worden. Dies sei jedoch offenbar nicht der Fall gewesen.

Katholisches Kirchenrecht

Nach katholischem Kirchenrecht ist jeder, der direkt die Tötung eines Kindes durch Abtreibung herbeiführt oder dazu beiträgt, automatisch (latae sententiae) exkommuniziert. Der Eintritt dieses Falles wird allerdings bei Politikern, die für Abtreibung stimmen, üblicherweise vom Kirchenrecht her nicht angenommen. Die Exkommunikation selbst ist eine Kirchenstrafe, die den Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft bedeutet und den Bestraften zu Umkehr und Aussöhnung mit der Kirche bewegen soll. Ein Ausschluss vom Empfang der Kommunion kann aus einer Reihe von Gründen erfolgen und bedeutet an sich noch keine Exkommunikation.

 

 

Überblick:

- Papst Benedikt XVI. in Brasilien

 

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