News 03. 10. 2007 |
Russischer Patriarch beim EuroparatDer russisch-orthodoxe Patriarch Aleksij II. hat zum Bau von Brücken zwischen den Religionsgemeinschaften aufgerufen. In einer Ansprache vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats warnte der Patriarch am Dienstag in Straßburg zugleich vor einer Trennung von Moral und Menschenrechten.Die Religion dürfe nicht aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden. "Religiöse Unwissenheit und Unmoral bereiten einen fruchtbaren Boden für Extremismus und Terrorismus", die heute "unter dem Deckmantel der Religion" Europa und die Welt bedrohen, erklärte der Patriarch. Gesellschaft erst durch Moral lebensfähigIm Europa der Gegenwart zeige sich ein Bruch, der dazu führe, dass unmoralisches Handeln mit Hilfe der Menschenrechte gerechtfertigt werde, sagte Aleksij II. Moral sei ein Akt verantwortlichen Handelns und trage dazu bei, dem Einzelnen und der Gesellschaft Grenzen zu setzen. Erst durch die Moral sei die Gesellschaft lebensfähig. Die traditionellen moralischen Prinzipien seien auch die Grundlage der Integration in einer multikulturellen Gesellschaft; dies sei auch beim Weltgipfel der religiösen Führungspersönlichkeiten in Moskau im Vorjahr zum Ausdruck gekommen. In Russland gab es keine ReligionskriegeAuf der Basis traditioneller moralischer Werte und des wechselseitigen Respekts habe es seit jeher eine "Koexistenz" der verschiedenen religiösen Traditionen in Russland gegeben, erinnerte der Patriarch. In Russland sei es nie zu Religionskriegen gekommen. Auch heute trachte die russisch-orthodoxe Kirche danach, den Frieden durch Dialog und Zusammenarbeit mit anderen Religionsgemeinschaften in Russland und anderen GUS-Staaten zu fördern. Staat darf sich nicht in Privatleben einmischenKein Staat habe das Recht, sich in das Privatleben der Menschen einzumischen. Staat und Gesellschaft sollten im öffentlichen Bereich aber moralische Prinzipien "ermutigen und unterstützen", die für die Mehrheit der Bürger akzeptabel sind, unterstrich Aleksij II. Die Medien, die gesellschaftlichen Institutionen und das Erziehungssystem sollten jene moralischen Ideale fördern, die "mit der spirituellen und kulturellen Tradition der europäischen Nationen verbunden sind". Kritik an Kluft zwischen arm und reichAleksij II. kritisierte die wachsende Kluft zwischen Armen und Reichen in Europa. Die Kirche in Russland habe oftmals auf die "elenden Lebensbedingungen" von Millionen ehrlicher Arbeiter hingewiesen, während gleichzeitig "einige wenige extremen Reichtum ansammeln". Diese Mahnungen der Kirche würden heute von vielen gesellschaftlichen und politischen Kräften mitgetragen. Zugleich rief der Patriarch dazu auf, der heranwachsenden Generation die religiösen Traditionen nicht vorzuenthalten. Auch die Wissenschaft müsse an moralischen Prinzipien gemessen werden, sagte der Patriarch mit Blick unter anderem auf die biomedizinische Forschung. "Historisches Ereignis"Der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Rene van der Linden, würdigte die Rede des Patriarchen als "historisches Ereignis" für den Europarat. Zum ersten Mal überhaupt spreche der russisch-orthodoxe Patriarch vor einem internationalen politischen Gremium. Van der Linden sagte, der Dialog über die Grenzen hinweg sei eine der großen Herausforderungen der Gegenwart. Russisch-orthodoxe Kirche will im Kosovo vermittelnDie russisch-orthodoxe Kirche hat ihre "guten Dienste" im Hinblick eine Friedenslösung für den Kosovo angeboten. Der Moskauer Patriarch Aleksij II. sagte in Straßburg vor Journalisten, er bedaure es, dass man bisher das "friedensstiftende Potenzial" der Religionsgemeinschaften in der Krisenprovinz nicht beachtet habe. Kosovo für Serben „heiliges Land“Alle, die sich in offizieller Funktion mit dem Kosovo-Problem beschäftigen, sollten die Provinz besuchen, sagte der Patriarch. Man könne das Problem nicht lösen, ohne aus eigenem Augenschein zu wissen, welche Schwierigkeiten im Kosovo bestehen. Wörtlich sagte Aleksij II.: "Für die Serben ist der Kosovo ein heiliges Land; wir können nicht schweigen, wenn Kirchen zerstört werden, die dem 12. und dem 14. Jahrhundert gebaut wurden und unter dem Schutz der UNESCO stehen". Er habe selbst den Kosovo besucht und das Schlachtfeld von 1389 gesehen, auf dem sich das Schicksal des serbischen Volkes entschieden habe. Dialog statt TauschgeschäftEine Lösung des Kosovo-Problems setze voraus, "günstige Bedingungen für den Dialog zu schaffen", betonte der Patriarch. Die Vermittlung der Weltgemeinschaft müsse "unparteiisch und konstruktiv" sein. Leider sei das Kosovo-Problem nach wie vor ein "Objekt politischer Tauschgeschäfte"; viele Kräfte hätten in der Provinz ihre eigenen Interessen, "die selten mit den Hoffnungen und Wünschen der örtlichen Bevölkerung übereinstimmen". |
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