News 18. 01. 2008

Tagung über Stammzellenforschung in Wien

Eine hochrangige  vom "Institut für Ethik und Recht in der Medizin" (IERM) gemeinsam mit der Bioethikkomission im Bundeskanzleramt ausgerichtete Tagung zur Stammzellforschung findet am 17. und 18. Jänner in Wien statt. Der katholische Moraltheologe Günter Virt, der die Tagung gemeinsam mit dem evangelischen Theologen Ulrich Körtner, eröffnete, betonte am Donnerstag dass es dringend notwendig sei, die in Österreich lange Zeit "schaumgebremst" geführte Debatte zur Stammzellforschung erneut zu beleben.

Angesichts der medizinischen Erfolge auf dem Gebiet der adulten Stammzellforschung sowie der jüngsten Erfolge mit der Reprogrammierung induzierter adulter Stammzellen (iPS) ist eine Förderung der embryonalen Stammzellforschung in Österreich laut Virt überflüssig. Es bestehe angesichts der medizinischen Forschritte der letzten Jahre "kein Grund, menschliche Embryonen als Rohmaterial für Industrie und Forschung nach Österreich zu importieren und gezielt zu zerstören", hob Virt hervor.

"Von Beginn an Mensch"

Virt betonte, dass bis heute weder die "oft vollmundigen Therapieversprechen" eingelöst werden konnten noch der Nachweis erbracht worden sei, dass es sich bei dem in-vitro gezeugten Embryo nicht um einen Menschen handle, dem Menschenwürde und der Schutz der Menschenrechte zukomme. Auch ein noch so hohes Forschungsziel könne es daher nicht rechtfertigen, so Virt, "dass menschliches Leben zum Rohstoff für die Wirtschaft und die Forschung verwandelt wird". Der Mensch sei "von Beginn an Mensch", so Virt weiter, und "dort, wo dieses Menschsein vom Mutterschoß in die Petrischale verpflanzt wird, sinkt nicht unsere Verantwortung für den Embryo, sondern sie steigt um so mehr an".

Eine dringend notwendige Debatte

Ulrich Körtner zeichnete in seinem Eröffnungsstatement die bisherigen Debatten in der Österreichischen Bioethikkomission zur Frage der Stammzellforschung nach. Auch Körtner betonte die Notwendigkeit einer erneuten Aufnahme der Debatte aufgrund der fortgeschrittenen Forschung und der jüngsten Ergebnisse im Bereich der Reprogrammierung induzierter adulter Stammzellen (iPS). Zwar sei das Thema Stammzellforschung "eher indirekt" in einem Zwischenbericht der Kommission zum reproduktiven Klonen vom Februar 2003 angesprochen worden, jedoch stehe eine ausführliche Stellungnahme der Bioethikkomission zur Stammzellforschung bis heute weiter aus. Im Blick auf die bisherigen Stellungnahmen sei es "bemerkenswert", so Körtner, der zur Gruppe der Befürworter einer partiellen Freigabe der Forschung an bereits existierenden Stammzelllinien gehört, dass "die Frage nach dem ontologischen, juristischen und moralischen Status des Embryos" weder bei den Befürwortern der Stammzellforschung noch bei den Gegnern eine Rolle spielte. Die Gegner der Stammzellforschung stützten sich in ihren bisherigen Argumentationen laut Körtner vor allem auf die Frage der gesellschaftlichen Auswirkungen der Forschung, nicht jedoch auf die Frage nach der Schutzwürdigkeit des Embryos.

Rechtliche und ethische Implikationen

Am Freitag stehen insbesondere die rechtlichen und ethischen Implikationen der Stammzellenforschung im Blickpunkt der Tagung. Nach einem internationalen Rechtsvergleich und einem Referat des stellvertretenden Vorstandes des IERM, Christian Kopetzki, zur Rechtslage in Österreich, wird der Wiener Rechtsphilosoph Jürgen Wallner die Diskussionslage im Bereich der philosophischen Ethik beleuchten. Die Wiener Moraltheologin Sigrid Müller beleuchtet anschließend die Diskussion im Bereich der katholischen Ethik. Die Diskussionslage der evangelischen Ethik referiert der Bonner Sozialethiker Hartmut Kreß. Für die islamische Medizinethik spricht der Mainzer Islamwissenschaftler und Mediziner Ilhan Ilkilic. Den Abschluss der Tagung bildet eine politische Diskussionsrunde mit den Wissenschafts- und Gesundheitssprechern der politischen Parteien. Auf Grund des großen Interesses wird die Veranstaltung nicht - wie ursprünglich geplant - im IERM stattfinden, sondern im Festsaal des Obersten Gerichtshofes im Justizpalast (Schmerlingplatz 10-11).

 

 

Webcast:

- Orientierung, 13.01.2008: Stammzellen: Forschungsfreiheit versus Lebensschutz?

 

 
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