News 15. 10. 2008

Die Lage der Christen im Libanon wird immer kritischer

Der maronitische Patriarch Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir hat bei der Weltbischofssynode im Vatikan vor einem "Ausbluten" des christlichen Libanon gewarnt. Die Lage der Christen werde "immer kritischer und schwieriger", sagte der Patriarch vor der Bischofsversammlung.

Die Kirche im Libanon verliere durch Auswanderung von Jahr zu Jahr mehr Gläubige, sagte der maronitische Patriarch Nasrallah Boutros Sfeir, wie „Kathpress“ berichtet. "Wenn die Emigration im gleichen Takt anhält, kann man sich, ohne pessimistisch zu sein, fragen, wie viele Christen noch im christlichen Orient bleiben", sagte Sfeir.

1 Million Libanesen ausgewandert

In den vergangenen vier Jahrzehnten seien mehr als eine Million Libanesen, Muslime wie Christen, aus ihrer Heimat ausgewandert, so der Patriarch. Den Libanon habe zwar über die Jahrhunderte ein im Ganzen gutes Verhältnis zwischen Muslimen und Christen charakterisiert; in letzter Zeit sei das Zusammenleben aber "umso schwieriger geworden, als Einmischungen von außen die Lage verkompliziert" hätten, sagte Sfeir.

Kirche stellt Präsidenten

Die mit Rom unierten Maroniten bilden die größte christliche Gemeinschaft im Libanon und stellen auf der Grundlage des "Nationalpakts" von 1943 den Staatspräsidenten. Ihr Name geht auf den Heiligen Maron zurück, der im frühen fünften Jahrhundert eines der größten Klöster Syriens in römischer Zeit  begründet hatte.

Papst trifft Staatspräsidenten

Papst Benedikt XVI. wird den neuen libanesischen Staatspräsidenten General Michel Sleimane am 30. Oktober in Privataudienz empfangen. Sleimane war heuer am 25. Mai nach zweijähriger Staatskrise vom Parlament gewählt worden. 118 von 127 Abgeordneten gaben dem einstigen Armeekommandanten ihre Stimme. Sleimane wurde 1948 in Amchit geboren, 1967 trat er in die Armee ein.

Vatikan als Vermittler

Der Vatikan hatte die schwierige politische Situation im Libanon mit großer Sorge verfolgt. Knapp vor der Wahl Sleimanes appellierte Benedikt XVI. an die Libanesen, "jede Logik der aggressiven Opposition" zu überwinden. Die vatikanische Diplomatie hatte sich intensiv in die Bemühungen zur Lösung der libanesischen Staatskrise zwischen dem anti-syrischen Lager um den sunnitischen Premier Fouad Siniora und dem pro-syrischen Block um die schiitische Hisbollah eingeschaltet. Die christliche oppositionelle "Freie Patriotische Bewegung" (CPL) von Ex-General Michel Aoun war dabei ein Zweckbündnis mit den beiden Schiitenparteien Hisbollah und Amal eingegangen. Kardinal Sfeir hatte sich wiederholt gegen die später erfüllte Forderung der Opposition ausgesprochen, noch vor der Präsidentenwahl die Bildung einer Allparteienregierung und eine Machtteilung zu fixieren. Die maronitischen Bischöfe hatten vor einem "beispiellosen Zerfall" des multikonfessionellen Landes gewarnt.

 

 
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