News 13. 11. 2008 |
Gertraud Knoll tritt aus der Kirche ausAus Protest gegen den Hirtenbrief, in dem der Kärntner Superintendent Manfred Sauer den verstorbenen Jörg Haider lobt, verlasse die frühere Superintendentin die Evangelische Kirche, berichtet die Zeitschrift „News“. Auch die Evangelische Akademie und die Superintendentenkonferenz haben sich von dem Hirtenbrief distanziert.Einst war sie bekannt als engagierte und streitbare evangelische Superintendentin im Burgenland, seit 21. Oktober 2008 ist Gertraud Knoll offziell „ohne religiöses Bekenntnis“. Als Grund dafür nennt sie den Hirtenbrief des Kärntner Superintendenten Manfred Sauer. Diesen Brief hatte Sauer noch am Todestag von Jörg Haider verfasst und den Landeshauptmann darin als „charismatischen und leidenschaftlichen Politiker mit Leib und Seele“ bezeichnet, „der wie kein anderer das politische Geschehen der Zweiten Republik mitgeprägt und gestaltet hat. (...) ein äußerst zuvorkommender , herzlicher und einfühlsamer Mensch (...)Er hat oft sehr spontan und unbürokratisch geholfen.“ "Eine Beleidigung aller Politiker"Ein Hirtenbrief wird am Sonntag im Gottesdienst verlesen. Gegenüber „News“ meint Knoll, aus ihrer Sicht, sei das „ein glatter Missbrauch, das Format eines Hirtenbriefs für einen Nachruf zu verwenden“. Diese Beschreibung sein „eine Beleidigung aller Politiker, die in der Zweiten Republik daran gearbeitet haben, dass Österreich ein Wohlfahrtsstaat mit dem Ziel des sozialen Friedens wird und als kleines, neutrales Land ein hohes Ansehen in der internationalen Staatengemeinschaft hat“. Gegen AntisemitismusSo ein Lob sei für Knoll angesichts vieler Äußerungen Jörg Haiders unerträglich: „Für ihn war die österreichische Nation eine Missgeburt, er wollte die Zweite durch eine dritte Republik ersetzen, er durfte laut Gerichtsurteil geistiger Ziehvater des Rechtsextremismus genannt werden, er bezeichnete Angehörige der Waffen-SS als anständige Menschen und pries die kriegstreibende Politik der Nationalsozialisten als ‚ordentliche Beschäftigungspolitik‘.“ Zudem gingen seine antisemitischen Äußerungen wie die Diffamierungen des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, oder seine Anspielungen auf „die Ostküste“ an die Wurzeln ihres Glaubens, so Knoll. KirchenaustrittZehn Tage habe sie darauf gewartet, dass in ihrer Kirche auf Sauers Worte reagiert werde, erklärt die frühere Superintendentin. Schließlich informierte sie den evangelischen Bischof Michael Bünker und trat aus ihrer Kirche aus: „Als Ausdruck meiner protestantischen Identität.“ Schließlich könne man nicht „ein bisserl gegen Antisemitismus“ sein, so Knoll. Man könne nicht für Grundsicherung und eine faire Integrationspolitik sein und dann Haiders Almosenpolitik loben und dazu schweigen, dass er Asylwerber auf eine Kärntner Alm verfrachte. Wenn so ein Hirtenbrief verlesen werde, würden jene ermutigt, die sich bei antisemitischen Witzen auf die Schenkel klopfen, erklärt Knoll. Politikerin gegen die "Verhaiderung"Gerade die „Verhaiderung“ der politischen Kultur sei für sie damals ein Grund gewesen, um selbst in die Politik zu gehen: Gertraud Knoll kandidierte 1998 für das Amt der Bundespräsidentin und wechselte 2002 aus dem Kirchenamt in die SPÖ. Bis zur Nationalratswahl 2008 war sie Nationalratsabgeordnete. Wie sie künftig politisch arbeitet, steht nocht nicht fest. Evangelische Akademie empörtAm 3. November hatte die Evangelische Akademie „bestürzt und empört“ auf den Hirtenbrief von Superintendent Manfred Sauer reagiert. In einem offenen Brief haben der Vorstand und die MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle der Evangelischen Akademie Wien geschrieben: Die Worte Sauers erweckten den Eindruck, „als ob Dr. Haider ein engagiertes christliches Leben geführt hätte". Durch seine Politik in Kärnten, aber auch in ganz Österreich, habe er die Rolle von Minderheiten immer wieder "gröblich missachtet". In seinen Wahlkämpfen habe er auch in Wien immer wieder gezielt Ressentiments und Vorurteile gegen sprachliche, religiöse und ethnische Minderheiten eingesetzt und mit dem Thema "Ausländerfeindlichkeit" Stimmen gewinnen wollen. Superintendenten: Hirtenbrief nicht angemessenAuch die Superintendentenkonferenz hatte in einer gemeinsamen Sitzung mit Sauer festgestellt, "dass die Form des Hirtenbriefs für den Ausdruck der persönlichen Betroffenheit anlässlich des Todes von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider nicht angemessen war". Der Superintendentenkonferenz gehören die Superintendenten beziehungsweise die Superintendentin der insgesamt sieben evangelisch-lutherischen Diözesen an.
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