News 29. 01. 2009

Islamische Glaubensgemeinschaft setzt sich zur Wehr

„Ja zu konstruktiver Kritik, Nein zu Diffamierung“, heißt es in einer Stellungnahme des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh zu der Diskussion um Studienergebnisse, wonach 21,9 Prozent der muslimischen Lehrer die Demokratie ablehnen.

Angenehm könne für alle Beteiligten das Ergebnis der vieldiskutierten Studie über islamische Religionslehrer, gewiss nicht sein, erklärte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Anas Schakfeh, „genauso wenig der skandalheischende Umgang mancher Medien damit“. In der Islamischen Glaubensgemeinschaft sei die Betroffenheit groß. Nicht nur die Lehrerschaft fühle sich an den Pranger gestellt, so Schakfeh: „Generell wächst die Sorge, negativen Stereotypen und Ängsten gegen Muslime werde in einer Weise Nahrung gegeben, dass ernste Auswirkungen auf das gesellschaftlichen Klima in Österreich die Folge sind. Nun gilt es gerade in diesen Turbulenzen einen womöglich noch zielsichereren Kurs für die Zukunft zu finden”. Die Fragen, die durch die Debatte in den letzten Tagen aufgeworfen wurden, seien ernst zu nehmen, schreibt Schakfeh in einer Aussendung.

Muslim und Österreicher

Die Islamische Glaubensgemeinschaft habe in den vergangenen Jahren versucht, das Bewusstsein zu fördern, dass es absolut vereinbar sei, sich gleichzeitig als Muslim und als Österreicher zu fühlen und Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechten zu bejahen und zu leben, so Schakfeh. Darum müsse es „zutiefst betroffen machen, wenn gerade bei manchen möglichen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren dieses Gedankens anscheinend noch Nachholbedarf besteht“. Von der Islamischen Glaubensgemeinschaft abgehaltene Imamekonferenzen hätten die Vereinbarkeit einer Identität als Muslim und Europäer theologisch begründet ausgeführt und nachhaltig zur Bewusstseinsbildung beigetragen, heißt es in der Aussendung der IGGiÖ.

Qualität bei Inhalt und Stil

Jetzt gelte es „sachlich, nüchtern und fair eine Analyse der kompletten Studie vorzunehmen, um daraus Schlüsse für künftiges Handeln zu ziehen“, so Schakfeh. Diese würden in zwei wesentliche Richtungen gehen: Aufklärung und noch mehr Präsenz der Fachinspektoren in Bezug auf den konkreten Unterricht. Diese seien ja nicht nur für Administratives zuständig, sondern hätten auch bei Inhalten und Stil für Qualität zu sorgen. Schon sei einigen Wochen stehe fest, dass Themen-schwerpunkte der Lehrerfortbildung um die Begriffe „Demokratie“ und „Menschen-rechte“ kreisen werden.

Suggestivfragen in Studie

Weiters hält der Präsident der IGGiÖ fest, dass die Studie mit Zustimmung der Islamischen Glaubensgemeinschaft erfolgt sei. Die Fragebögen wurden bei einer Lehrerversammlung im Sommer 2007 verteilt. „In der Selbstverständlich-keit die Freiheit der Wissenschaft zu respektieren war rückblickend verab-säumt worden, in die Formulierung der Fragestellung einzugreifen“, so Schakfeh. „Es hätte auffallen müssen, dass irritierende Wendungen darunter waren, die suggestiv eine Antwort vorgeben – was wohl auch nicht im Sinne eines fundierten Ergebnisses sein kann.“ Wenn etwa bei den Fragen nach Demokratie und Menschenrechten der Anschein erweckt werde, dabei handle es sich um Gegensätze zum Islam, sei dies problematisch. „Werden diese als a priori unvereinbar mit dem Islam dargestellt, mag dies zur negativen Antwort verleiten.“ Bei einer klaren Formulierung wie: „Sind Islam und Demokratie vereinbar?“ wäre ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen, vermutet Schakfeh: „Dann steht zu vermuten, dass nicht 73.6 % sondern an die 100 % die Demokratie bejaht hätten.“

Adäquate Bildungseinrichtungen

Eine ständige Qualitätssicherung und -steigerung des islamischen Religionsunterrichtes sei seit Jahren nicht nur ein Anliegen der islamischen Glaubensgemeinschaft, sondern hier würden kontinuierlich wichtige Maßnah-men gesetzt. Dazu gehörten an erster Stelle die Schaffung adäquater Bildungs-einrichtungen für Religionslehrer: die IRPA für die Ausbildung, das IHL für die Fortbildung bereits in Dienst stehender Lehrer und die Islamische Religions-pädagogik an der Universität Wien. Im Auswahlverfahren der Lehrer sei eine strukturierte Aufnahmsprüfung generell Pflicht, auch für Absolventen der IRPA. Die Erhöhung der Zahl der Fachinspektoren von einer Person auf inzwischen acht hätte bereits Verbesserungen für den Unterrichtsstil gebracht, heißt es in der Aussendung der IGGiÖ. Heute würden zusätzlich zu den Büchern Arbeitsblätter und anderes didaktische Material eingesetzt. Methodenvielfalt ersetze den früher oft üblichen Frontalunterricht und schaffe „ein Klima, in dem sich die Schüler zu Mündigkeit entwickeln können“. Die Ziele des Religionsunterrichtes, Orientierung gerade in der Frage der Identität zu geben, würden damit besser umgesetzt.  

Keine konkreten Personen

„Eine konkrete Beschuldigung gegen uns namentlich bekannte Personen liegt nicht vor“, schreibt Schakeh. In der Studie gehe es lediglich um eine statistische Erhebung. „Wenn eine konkrete Person in der Klasse je Schülerinnen und Schüler anti-demokratisch oder die Prinzipien des österreichischen Rechtsstaates angreifend zu beeinflussen suchte, so würde dies – so erwiesen – geahndet.“

Arbeitsauftrag

Der islamische Religionsunterricht stelle ein wesentliches Mittel im Sinne der Integration in Österreich lebender Muslime dar. „Dieser großen Chance und Verantwortung gewissenhaft nachzukommen und dabei Bereitschaft zu ständigen Verbesserungen zu haben, muss einen selbstverständlichen Arbeitsauftrag der Islamischen Glaubensgemeinschaft bilden“, erklärt Präsident Schakfeh.

 

 

 

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Webcast:

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