News 12. 02. 2009

Papst verurteilte Holocaust-Leugnung: "Shoah war ein Verbrechen"

Papst Benedikt XVI. hat jede Leug-nung des Holocausts zurückge-wiesen. Das gelte insbesondere dann, wenn der millionenfache Mord der Nazis an den Juden von Geistlichen bestritten oder in seinen Ausmaßen kleingeredet werde, so das Kirchen-oberhaupt laut Reuters in Anspielung auf Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson. Bei dem Treffen am Donnerstag mit dem Präsidenten der größten jüdischen Organisationen der USA bat der Papst nach den Worten seines Vorgängers Johannes Paul II. außerdem um "Verzeihung" für diejenigen, die in der Geschichte dem jüdischen Volk großes Leid zugefügt haben, wie im Falls des Holocausts. Der Papst kündigte auch öffentlich an, dass er eine Reise nach Israel plane.

Der Papst betonte, er bereite sich auf einen Besuch ins Heilige Land, vor, weil für die Christen, sowie für die Juden die Wurzeln ihres Glaubens dort liegen. Der Papst nannte jedoch kein Datum für die Reise. Laut Kathpress wird erwartet, dass der Besuch in Israel und den Palästinensergebieten vom 11. bis 15. Mai stattfindet. Unbestätigten Informati-onen zufolge will sich der Papst zuvor in Jordanien aufhalten. Eine Reise des Papstes ins Heilige Land war nach Einschätzung von Rabbiner David Rosen "noch wichtiger für die jüdisch-christlichen Beziehungen" geworden.

"Verbrechen gegen Gott und die Menschheit"

"Die Shoah war ein Verbrechen gegen Gott und die Menschheit", sagte der Papst. Die Shoah ist "ein schreckliches Kapitel unserer Geschichte, das nie vergessen werden darf, weil sie eine Mahnung für unsere Zukunft ist", erklärte der Papst. Dies sollte jedem klar sein, vor allem denjenigen, die die Tradition der Heiligen Schriften anerkennen und der Ansicht sind, dass jedes menschliche Wesen nach dem Bild Gottes geschaffen wurde, sagte der Papst bei der Audienz mit der Delegation der "Conference of Presidents of the Major American Jewish Organizations". "Jegliche Form von Negierung, oder Minimierung dieses schrecklichen Verbrechens ist unerträglich und unannehmbar", erklärte der Papst.

Vergebungsbitte als Leitbild

Die historische Vergebungsbitte Johannes Pauls II. im Jahr 2000 an der Klagemauer in Jerusalem sei ein Leitbild für die Beziehungen der katholischen Kirche zum Judentum, erklärte Benedikt XVI. laut Kathpress. Er mache sich die Worte seines Vorgängers zu eigen, mit denen dieser um Verzeihung gebeten und die "tiefe Brüderlichkeit mit dem Volk des Bundes" unterstrichen habe, so der Papst. Der Papst bekräftigte, die Kirche müsse sich entschieden jeder Juden-feindlichkeit widersetzen. Die Kirche sei zutiefst in der Bekämpfung jeglicher Form von Antisemitismus engagiert. "Die Kirche verpflichtet sich zutiefst und unaufgebbar, jeden Antisemitismus zurückzuweisen, und den Aufbau guter und dauerhafter Beziehungen zwischen unseren beiden Gemeinschaften voranzubringen", sagte Benedikt XVI.

Gegen Leugnung oder Verharmlosung

Die Shoah dürfe nie vergessen werden. "Es steht außer Frage, dass jede Leugnung oder Verharmlosung dieses schrecklichen Verbrechens untolerierbar und völlig unannehmbar ist", so der Papst. Der Papst bezeichnete den Zweiten Vatikanischen Konzil als "Meilenstein" in den Beziehung zwischen Juden und Katholiken. "2000 Jahre Geschichte der Beziehungen zwischen Kirche und Judentum haben unterschied-liche Phasen erlebt, einige davon schmerzhaft zu erinnern. Jetzt, wo wir in der Lage sind, uns in einem versöhn-lichen Klima zu treffen, dürften wir den Schwierigkeiten der Vergangenheit nicht erlauben, uns daran zu hindern, uns gegenseitlich die Hand der Freundschaft zu geben", so Benedikt XVI.

Vertreter der jüdischen Gemeinde

Nach dem Entsetzen in der jüdischen Gemeinde über die Rücknahme der Exkommunikation Williamsons hatte der Vatikan in den vergangenen Tagen wiederholt Vertreter der jüdischen Gemeinde empfangen. Für heute Donnerstag war der Empfang einer 50-köpfigen Delegation jüdischer Gemeinde-vorsteher aus den USA geplant. Neben dem Vorsitzenden Alan Solow und dessen Vertreter Malcolm Hoenlein begrüßte Benedikt XVI. dabei laut Kathpress auch den New Yorker Rabbiner und Holocaust-Überlebenden Arthur Schneier, ein gebürtiger Wiener.

"Historischer Tag"

Die Leiter der "Conference of Major American Jewish Organizations" sprachen nach dem Treffen mit dem Papst von einem "historischen Tag". Man sehe jegliche Zweifel an der Freundschaft von Benedikt XVI. zum Judentum ausgeräumt.

Weg für Versöhnung geebnet

Benedikt XVI. habe "seine persönliche Abscheu gegenüber jeder Leugnung des Holocaust klargemacht", erklärte der Präsident des Dachverbands, Alan Solow. Die Absage des Papstes an Judenhass und sein Bekenntnis zu den Dialogaussagen des Zweiten Vatikani-schen Konzils ebneten den Weg für Versöhnung.

Keine Hauptrolle für Williamson

Zur Williamson-Affäre sagte Solow, der Papst habe "die Gelegenheit genutzt, seine persönliche Haltung sehr deutlich zu machen". Vizepräsident Malcolm Hoenlein unterstrich, die katholisch-jüdischen Beziehungen könnten aus dem Zwischenfall noch gestärkt hervorgehen. Williamson spiele im Übrigen keine Hauptrolle. Entscheidend sei das grundsätzliche Eintreten der katholischen Kirche gegen jeden Antisemitismus, wie es Benedikt XVI. bekräftigt habe, unterstrich Hoenlein.

"Starke Bande" zwischen Kirche und Judentum 

Rabbiner Schneier lobte Benedikt XVI. für sein "klares Bekenntnis" zum Konzilsdokument "Nostra aetate", das eine Leitlinie für interreligiösen Dialog und Religionsfreiheit als Menschenrecht darstelle. Die katholisch-jüdischen Beziehungen seien weiter auf einem guten Weg. Es könne immer wieder Rückschläge geben, aber es bestünden "starke Bande" zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum.

Gegen Antisemitismus

Schneier sagte, der Papst habe mit seiner Stellungnahme eine wichtige Botschaft vermittelt: Wer Mitglied der katholischen Kirche sein wolle, müsse sich hinter "Nostra aetate" stellen. "In der Kirche gibt es keinen Platz für jemanden, der Hass im Herzen trägt", deutete der Rabbiner die Aussagen des Papstes. Präsident Solow sagte, er hoffe, dass Benedikt XVI. gegen einen weltweit wachsenden Antisemitismus eine religiöse Führungsrolle einnehmen werde.

Bedeutender Besuch in Israel

Im Blick auf die Reise des Papstes ins Heilige Land sprach Solow von einem "bedeutenden Besuch für die katholische Kirche und das jüdische Volk". Schneier sagte, die Reise stehe ohne Zweifel und Zögern auf dem Programm.

Besuch im Vatikan lang geplant

Der Besuch im Vatikan war nach Angaben der "Conference of Major American Jewish Organizations" bereits vor den Irritationen um die Rücknahme der Exkommunikation für vier Bischöfe der Piusbruderschaft geplant. Das Leitungsgremium verbindet seine jährliche Reise nach Israel jeweils mit einem Zwischenstopp in einem anderen Land. In Rom standen auch Empfänge durch die politischen Spitzen Italiens auf dem Programm.

 

 

 

 

Webcast:

- 01. 02. 2009: "Sündenfall" im Vatikan? – Erklärungsbedarf nach "Versöhnungsschritt"

- 01. 02. 2009: Bruderzwist? Katholische Kirche und Judentum – ein schwieriges Verhältnis

 

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- Hintergrund: Lefebvre-Traditionalisten lehnen Konzilsbeschlüsse ab

 

 

 

 
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