News 29. 05. 2009 |
Deutschland: Atheisten starten Bus-KampagneÜberzeugte Atheisten starten an diesem Samstag in Berlin eine deutschlandweite Bus-Kampagne. Ein roter Doppeldecker mit der Aufschrift "Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott" rollt bis zum 18. Juni durch 24 deutsche Städte, kündigte Mitorganisator Carsten Frerk am Donnerstag an. Ein Korrespondentenbericht von Ulrike von Leszczynski, dpa.Der Himmel über Berlin zeigt sich finster beim Anblick der "Gottlosen". Als überzeugte Atheisten zu ihrer ersten Probefahrt für ein Leben ohne Gott aufbrechen, beginnt es heftig zu regnen. Dann folgt ein Stau. Das alles macht die Mission der Männer, die ihren roten Doppeldecker schließlich vor dem Brandenburger Tor parken, nicht einfacher. "Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott" steht in großen Lettern auf ihrem Bus. Doch diese Botschaft interessiert gerade niemanden. Verkehrsunternehmen verweigerten Werbung der AtheistenWenn es nicht so biblisch wäre, könnte man das Unterfangen der Initiative "Buskampagne" und ihrer sieben Mitstreiter auch David gegen Goliath nennen. Denn die Atheisten haben sich vorgenommen, ganz Deutschland in 14 Tagen für ein glückliches Leben ohne Gott zu interessieren. Geplant war das alles ein bisschen anders. In 17 großen Städten wollten sie ursprünglich öffentliche Busse mit ihrem Slogan durch die Gegend fahren lassen. Doch alle Verkehrsunternehmen verweigerten sich hartnäckig dieser Idee und beriefen sich auf ihre weltanschauliche Neutralität. Es wirkt ein wenig trotzig, wenn die Kampagnen-Männer nun mit ihrem eigenen Werbebus durch 24 Städte fahren, finanziert aus rund 40.000 Euro Spendengeldern. Die Buskampagne will die Verkehrsbetriebe wegen Diskriminierung verklagen. Denn "Jesus lebt"-Plakate dürften ja auch in Bussen und Bahnen hängen. Religionsfreiheit betrifft nicht nur die ReligiösenAtheisten sind Menschen, die eine Existenz Gottes bestreiten. Hört man Kampagnen-Mitstreiter Carsten Frerk (63) zu, wird es kompliziert. "Die Nicht-Religiösen werden in Deutschland nicht zur Kenntnis genommen", kritisiert er. "Beim Thema Religionsfreiheit werden nur die Religionen betrachtet. Dazu gehört aber auch, nicht zu glauben." Das hört sich erheblich komplizierter an als im Ursprungsland der Kampagne, in Großbritannien. Dort fühlten sich Atheisten durch Slogans auf Bussen gestört, die Nicht-Gläubigen das Schmoren in der Hölle prophezeiten. Mit britischem Humor formulierten sie ihre Antwort - und ließen sie auf öffentliche Doppeldecker kleben: "Es gibt wahrscheinlich keinen Gott. Also hör' auf, dir Sorgen zu machen und genieße das Leben". Darüber amüsierte sich die internationale Presse. Bei der deutschen Kopie gibt es wenig zu schmunzeln. Statt über die Freude am Atheismus referiert Carsten Frerk über eine mögliche Musterklage gegen die Verkehrsbetriebe. Sie könne die Rechte von Atheisten endlich zu einem Thema machen. "Darüber gibt es noch gar keine juristische Literatur." "Die Atheisten denken die ganze Zeit an Gott"Um Aufmerksamkeit zu erregen, scheint Berlin ohnehin das falsche Pflaster. Bei der Probefahrt des roten Kampagnen-Busses durch das Regierungsviertel winken Freizeitkapitäne von der Spree, Passanten schauen nur kurz auf, Bauarbeiter grinsen. Touristen schauen sich ungerührt weiter Sehenswürdigkeiten an. Selbst die Kirchen lassen sich nicht aus der Reserve locken. "Die Atheisten machen ihrem Namen alle Ehre. Sie denken die ganze Zeit an Gott", kommentiert ein Sprecher der Evangelischen Kirche. "Kein Grund zur Empörung", heißt es bei den Katholiken. "Gott kommt ins Gespräch." "Atheistische Stadtrundfahrt"Es ist nicht nur die Gleichgültigkeit der Großstadt, die die Buskampagne zu spüren bekommt. Zwei Drittel der 3,4 Millionen Berliner gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Die Stimmung bekamen zuletzt Ende April die Initiatoren des Volksbegehrens "Pro Reli" zu spüren. Sie wollten Religion als Pflichtfach in der Schule durchsetzen - und scheiterten kläglich. Um die Gunst der Berliner zu erreichen, hat die Buskampagne für das Wochenende eine "atheistische Stadtrundfahrt" organisiert. Haltepunkte sind unter anderem ein Friedhof der "Freireligiösen" - und ein Krematorium. "Seien Sie nett zu einem Atheisten"Bei der Reise in andere Städte - zuerst geht es am Sonntag nach Rostock und Schwerin, später über Hamburg, Münster und das Ruhrgebiet nach Süddeutschland - rechnet Frerk mit "schwierigen und interessanten" Gesprächen. "Seien Sie nett zu einem Atheisten", scherzt er. "Er hat doch nur dieses eine Leben." Die Evangelische Kirche in Berlin lädt derweil in aller Seelenruhe zum Fest am 4. Juli. Ihr Slogan lautet: "Gott kommt auch".
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Weitere News zum Thema: - 16. 01. 2009: Spanien: "Glaubenskrieg" mit Bus-Plakaten
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