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News 15. 06. 2009 |
Nobelpreisträger Tutu fordert Versöhnung statt RacheMehr Bereitschaft zur Versöhnung mahnte der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Erzbischof Desmond Tutu am Montag bei einer Rede in Tübingen ein. Viele Unruhen in afrikanischen Ländern, aber auch der Konflikt der westlichen Welt mit dem Islamismus würden durch das Verlangen der Menschen nach Rache ausgelöst, so Tutu.Frieden könne es nur geben, "wenn wir Brücken bauen, statt irgendwelche Rachegelüste zu haben", betonte der anglikanische Alterzbischof von Kapstadt. Tutu sprach im Rahmen der Weltethos-Reden, die der katholische Theologe Hans Küng seit neun Jahren organisiert. Sich zu rächen heißt, gegen seine eigenen Interessen zu handelnTutu war nach dem Ende der Apartheid in Südafrika von Nelson Mandela zum Vorsitzenden der "Wahrheits- und Versöhnungskommission" ernannt worden. Bei der Aufarbeitung der Gräueltaten sei es nicht um Rache an den Tätern gegangen, sondern um Aussöhnung. Nur weil viele Opfer der Apartheid auf Rache verzichtet hätten, sei Südafrika inzwischen zu einer relativ friedlichen Demokratie geworden, betonte der 77-jährige Tutu. "Sich zu rächen heißt immer, dass man gegen seine eigenen guten Interessen handelt." Rache lasse grundsätzlich mindestens einen Verlierer zurück und schüre so neuen Hass. Religion ist wie ein KüchenmesserEin weiteres Hindernis beim Streben nach Frieden sei auch die Abgrenzung der Religionen voneinander, betonte der anglikanische Alterzbischof Es sei falsch und sogar gefährlich, wenn Christen den Islam als Religion der Gewalt sähen, die den Terrorismus fördere. "Religion ist moralisch und ethisch neutral", betonte Tutu. Es sei wie bei einem Küchenmesser: Man könne mit ihm Brot schneiden oder es einem anderen Menschen in die Brust rammen. "So ist es auch mit der Religion: Nicht der Glaube ist entscheidend, sondern der Gläubige." "Selbst Georg Bush und Osama bin Laden gehören dazu"Jesus habe alle Menschen ins Heil eingeschlossen, betonte Desmond Tutu. "Wir alle gehören zu einer Familie, zur menschlichen Familie Gottes. Selbst Georg Bush und Osama bin Laden gehören dazu - das ist doch fantastisch!" Terror und VerzweiflungEine Voraussetzung zur Überwindung von Rache sei allerdings, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse nach sauberem Wasser, genügend Lebensmitteln und Bildung befriedigen könnten. "Wir werden den Terror niemals besiegen, solange Menschen unter Bedingungen leben, die sie verzweifeln lassen", betonte der Friedensnobelpreisträger. "Projekt Weltethos"Seit 2000 beschäftigt sich bei den Weltethos-Reden jedes Jahr ein prominenter Redner mit der Frage nach international gültigen Werten. Hinter der Weltethos-Stiftung steht der Theologe Hans Küng. Bei den Weltethos-Rednern folgte Tutu dem früheren britischen Premierminister Tony Blair, der ehemaligen UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, Ex-UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, dem deutschen Altbundeskanzler Helmut Schmidt und dem deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler. Die Frage nach einem Weltethos geht zurück auf die Schrift "Projekt Weltethos", die Küng 1990 veröffentlichte. Es geht dem katholischen Theologen um die These, dass Religionen nur einen Beitrag zum Frieden leisten können, wenn sie sich auf das Gemeinsame im Ethos besinnen: auf einen Grundkonsens über verbindende Werte, unverrückbare Maßstäbe und persönliche Grundhaltungen.
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