News 14. 07. 2009

Sprecher der Linzer Diözese muss gehen

In der Diözese Linz sorgt wieder eine Personalentscheidung für Aufsehen: Ferdinand Kaineder, Leiter des Kommunikationsbüros der Diözese, muss gehen. Kaineder wurde in der Vergangenheit immer wieder von konservativen Kirchenmitgliedern kritisiert.

Ferdinand Kaineder war im Jahr 2000 vom damaligen Diözesanbischof Maximilian Aichern zum Kommunikationsdirektor der Linzer Diözese ernannt worden. In dieser Funktion hat er laut "Kathpress" wesentlich die Strukturen der diözesanen Medien- und Kommunikationsarbeit in der Diözese aufgebaut. An vorderster Front stand Kaineder zudem bei der Umsetzung diözesaner Kommunikationsschwerpunkte wie der Kampagnen "Aufdanken" (zu den Festen des Kirchenjahres) oder der aktuellen Initiative "glaubenswert" , mit der die Diözese ihre 50.000 großteils ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Glaubensvermittlung fit machen will. Ebenfalls wesentlich auf Kaineder ging auch die Imagekampagne "Stell dir vor - Kirche!" im Jahr 2003 zurück.

Umstrittene "Jugend-CD"

Kritik an Kaineder übten mehrfach Vertreter konservativer Kirchenkreise. Unter anderem kritisierten sie eine 2006 an 15.000 junge oberösterreichische Katholiken verschickte CD-Card. Darauf fanden sich überraschende Aussagen zum Thema Sexualität. Etwa, dass sich eine Diskriminierung von Homosexuellen nicht auf christliche Prinzipien berufen könne und zur Verhütung gab es den Hinweis: "Wir leben im 21. Jahrhundert". Eine Gruppe nahm die CD zum Anlass, einen Boykott der Kirchenbeitragszahlung zu starten und den Rücktritt Kaineders zu fordern. Das Kommunikationsbüro war mitverantwortlich für den Inhalt der CD.

Nachfolgerin: "Denunziation" führte zu Abberufung

In einer am Dienstag auf der Website der Diözese veröffentlichten Erklärung heißt es, Bischof Schwarz habe sich nach verschiedenen Gesprächen entschlossen, eine personelle Veränderung hinsichtlich seines Pressesprechers und der Leitung des Kommunikationsbüros der Diözese Linz vorzunehmen. Kaineder sei am Montag von diesen Funktionen "entpflichtet" worden. Seine bisherige Stellvertreterin Gabriele Eder-Cakl übernimmt nun die Leitung und soll die Agenden im Sinne des diözesanen Kommunikationskonzeptes weiter führen. Sie sprach in einer ersten Stellungnahme von einer "schwierigen Zeit". Sie sei "sehr enttäuscht", weil die Entscheidung über die Abberufung von Kaineder auf der Grundlage von "Denunziation" entstanden sei. Bischof Ludwig Schwarz war am Dienstag, wie die APA berichtete, für eine Stellungnahme nicht erreichbar, weil er laut Auskunft seines Sekretariats erkrankt ist.

Vertreter des "Linzer Weges"

In einer an die diözesanen Mitarbeiter ergangenen Information schildert Kaineder laut APA, Bischof Schwarz habe seine Entscheidung damit begründet, dass "von einer Seite" immer noch die Sache mit der damaligen Jugend-CD-Card ganz massiv vorgehalten werde und deswegen bis heute Briefe und Anfragen kämen. Kaineder werde zudem von vielen als starker Vertreter des so genannten "Linzer Weges" gesehen und der Pressesprecher des Bischofs müsse ganz ident sein mit den Vorhaben, Ansichten und Aussagen des Bischofs.

"Diffamierungskampagne"

In seiner Erklärung betont Kaineder, er wolle nicht verschweigen, dass von gewisser Seite in den letzten Jahren eine regelrechte "Diffamierungskampagne" gegen ihn persönlich in seiner Funktion als Leiter des Kommunikationsbüros und, was noch viel mehr schmerze, gegen seine rein ehrenamtliche Tätigkeit in der Pfarre Kirchschlag als Pfarrgemeinderats-Obmann und ehrenamtlicher Seelsorger dort betrieben worden sei. Er sei erstaunt und wirklich enttäuscht, dass in den letzten Jahren "oben" mehr den Denunzianten geglaubt worden sei als dem eigenen Mitarbeiter. Dass diese international tätigen Internetnetzwerke gute, ja beste Kontakte nach und in Rom haben, sei ja mittlerweile bekannt. Er sehe und erlebe diese Art der "gnadenlosen Berichterstattung" als wirkliche Gefahr für eine offene, dialogische und im Glauben an Gott den Menschen bedingungslos zugewandten Kirche.

Abschied über Twitter

Bekanntgegeben hat Kaineder seine Abberufung am Montag erstmals mittels Microblogging-Dienst Twitter. Dort heißt es: "das k-büro ist für mich geschichte, nicht die personen, sondern die aufgabe. abstand gewinnen und neue ziele ins auge fassen."

Katholische Aktion: "Nicht nachvollziehbar“

Kritik an der Abberufung Kaineders übt die Präsidentin der Katholischen Aktion (KA) Oberösterreich Margit Hauft. Der Einsatz für Glaubensverkündigung und lebendige Pfarren sei ein besonderes Verdienst von Ferdinand Kaineder gewesen, betont die KA-Präsidentin. Für viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter sei die Abberufung Kaineders daher „vollkommen unverständlich und nicht nachvollziehbar“, so Hauft am Dienstag in einer Aussendung.

Besorgnis erregende Situation

Laut Hauft befindet sich die Diözese Linz derzeit in einer Besorgnis erregenden Situation. Es sei "kein Geheimnis, dass Bischof Ludwig Schwarz von ultrakonservativen Gruppen sehr stark unter Druck gesetzt" werde. So sei etwa auf gewissen Internet-Seiten und durch direkte Interventionen bis in den Vatikan bereits seit längerer Zeit die Abberufung des Leiters des diözesanen Kommunikationsbüros gefordert worden. Dass durch die nun erfolgte Personalentscheidung des Linzer Bischofs eine Entspannung in der Diözese eintritt, bezweifelt die KA-Präsidentin.

"Wir sind Kirche" für Protest gegen "autoritäre Entscheidung"

Als "willkürlich und autoritär" kritisiert die Plattform "Wir sind Kirche" die Abberufung Kaineders und fordert die Gläubigen auf, "gegen diese Entscheidung beim Bischof von Linz zu protestieren und entschieden gegen alle willkürlichen, unsachlichen und autoritären Entscheidungen aufzutreten".

"Kniefall des Bischofs"

Die Abberufung des Pressesprechers sei "offensichtlich ein Kniefall des Bischofs gegenüber einem kleinen Kreis von Kirchenbeitragsverweigerern", heißt es in einer Aussendung der Plattform. Offenbar sei Bischof Schwarz beauftragt, "die Diözese Linz wieder auf den 'rechten' Weg zu bringen". "Bloße Autoritätsgläubigkeit und Verweigerung des Dialogs" führten die Kirche aber "eher ins Abseits als ins 21. Jahrhundert", warnt "Wir sind Kirche". Die Plattform bedauert das "erbärmliche Bild der Kirche in der Öffentlichkeit, wenn Bischöfe nicht die ihnen anvertrauten Menschen vertreten und eigene Entscheidungen treffen und begründen können, sondern ausschließlich als offensichtliche Marionetten Roms auftreten und keine anderen Wahlmöglichkeiten zulassen als zurück in die Vergangenheit". Mit solchen autoritären Entscheidungen würde die Würde der Menschen missachtet.

 

 

Links:

- Erklärung der Diözese Linz zur Kaineder-Abberufung

- Ferdinand KainedersTwitter-Feed

- rundschau.co.at: Der Abschiedsbrief von Ferdinand Kaineder

 

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Webcast:

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