News 27. 08. 2009

Vor zehn Jahren starb Dom Helder Camara

Der "Bruder der Armen" war in der Konzils- und Nachkonzils-Zeit weltweit eine der populärsten kirchlichen Persönlichkeiten. Auch zehn Jahre nach seinem Tod wirken seine Ideen weiter. "Kathpress"-Korrespondentenbericht von Christoph Strack

Die Ideen des großen brasilianischen Bischofs Helder Camara wirken weiter, auch zehn Jahre nach seinem Tod. Bildung für junge Menschen, Unterstützung für unterdrückte Minderheiten, Existenzsicherung für Arme: Seit Jahren fördert die 2001 gegründete "Helder-Camara-Stiftung" Anliegen im Geiste des brasilianischen Bischofs. Weltweit war er als "Bruder der Armen" bekannt und geschätzt. Am 27. August 1999, vor zehn Jahren, ist "Dom Helder" gestorben.

Kirche an der Seite der Armen

Wie Mutter Teresa oder Frere Roger zählt Helder Pessoa Camara zu den Großen des 20. Jahrhunderts. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) war er der bekannteste Bischof Lateinamerikas. Sein Name steht für eine Kirche, die sich entschlossen an die Seite der Armen gestellt hatte. Beim Konzil war er ein unermüdlicher Mahner zum prophetischen Aufbruch gewesen: "Gott lebt in besonderer Weise in den Armen", lautete seine Botschaft.

Soziale Ungerechtigkeit als "kollektive Sünde"

Camara wurde am 7. Februar 1909 in Fortaleza als elftes von 13 Kindern seiner Familie geboren. 1931 wurde er zum Priester geweiht und engagierte sich rasch für soziale Anliegen und die Arbeiterschaft; 1952 folgte die Bischofsweihe. Wenige Jahre später hatte der junge Weihbischof in Rio de Janeiro sein Bekehrungserlebnis: "Diese Favelas", sagte ihm ein alter Mitbruder, auf die Elendshütten zeigend, "sind eine Beleidigung für den Schöpfer". Camara erkannte, wie er sagte, in den Armen das Antlitz Jesu und wurde zum prominent-esten Kämpfer gegen die soziale Ungerechtigkeit, die er eine "kollektive Sünde" nannte. In seinem ganzen Wirken "verkörperte" Camara die Theologie der Befreiung.

Gegen Folter und Militärdiktatur

Seit 1964 Erzbischof von Olinda und Recife, erregte er politisch immer häufiger Anstoß. Er legte sich mit der Militärdiktatur an, kämpfte für Menschen-rechte und setzte sich für die Forderung nach Rückkehr zur Demokratie ein. Camara war Initiator des CELAM (des lateinamerikanischen Bischofsrates) und der ersten Basisgemeinden. Als er 1970 in Paris öffentlich über die grauenvollen Folterungen durch brasilianische Militärs sprach, gab es zunächst eine Presse-kampagne gegen ihn. Dann schwiegen ihn die Medien seines Landes zehn Jahre lang tot. Kritiker sprachen vom "roten Bischof". In Europa wurde der latein-amerikanische Kirchenmann umso berühmter.

Furchtlos und fromm

Der furchtlose und tief fromme Bischof, der die halbe Nacht im Gebet zubrachte, der das Bischofspalais den Obdachlosen öffnete, war in Kirche und Welt gleichermaßen umstritten. Durfte man die Weltwirtschaftsordnung so pauschal infrage stellen, wie Camara es ungeniert und unermüdlich tat? An dieser Frage schieden sich die Geister. Mit seiner Botschaft "Entwicklung ist Frieden, Unterentwicklung ist Krieg" musste Camara polarisieren. Zehn Jahre nach seinem Tod bekommt aber manche seiner Äußerungen angesichts der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise einen neuen prophetischen Klang.

Prinzip der Gewaltlosigkeit

Camara trat konsequent für das Prinzip der Gewaltlosigkeit ein. Trotzdem galt er vielen als verkappter Kommunist oder politischer Aufrührer.

Konservativer Nachfolger

Als er 1985 in den Ruhestand ging, bekam seine Erzdiözese einen prononciert konservativen Nachfolger (Jose Cardoso Sobrinho), der die Uhren zurückdrehen wollte, mittlerweile aber auch schon emeritiert ist. Camara hielt sich mit Bewertungen zurück. Johannes Paul II. würdigte ihn in einem Kondolenz-schreiben 1999 als "engagierten Seel-sorger" und erinnerte an seine "unzähligen pastoralen Aktivitäten". Camaras sterbliche Hülle ruht in der Kathedrale von Recife.

 

 

 

 

 
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