- Ansprace des Heiligen Vater
News 26. 09. 2009 |
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Papst in Prag - Eiserner Vorhang, Christentum und FamiliensinnPapst Benedikt XVI. hat zum Auftakt seiner dreitägigen Pastoralreise in der Tschechischen Republik an den Sturz des Kommunismus vor 20 Jahren erinnert.Der Fall des Eisernen Vorhangs stelle "einen Scheidepunkt in der Weltgeschichte dar", sagte der Papst bei der Willkommenszeremonie auf dem Prager Flughafen Ruzyne am Samstag. Die Befreiung von unterdrückerischen Regimen habe die Länder Mittel- und Osteuropas befähigt, ihren "rechtmäßigen Platz als unabhängige Akteure im Konzert der Völker einzunehmen". Politische UnterdrückungAusführlich ging Benedikt XVI. auf die Leiden der Kirche während der vier Jahrzehnte politischer Unterdrückung ein. Er sprach von einem "skrupellosen Versuch der Regierung, die Stimme der Kirche zum Schweigen zu bringen". Dabei verwies er auf die von den Kommunisten verfolgten Kardinäle Josef Beran (1888-1969) und Frantisek Tomasek (1899-1992). Zugleich zollte er den Geistlichen und Laienchristen Anerkennung, die ein "unbeugsames christliches Zeugnis angesichts der Verfolgung" gegeben und "die Flamme des Glaubens in diesem Land lebendig bewahrt" hätten. Einladung an Tschechen"Da nun die Religionsfreiheit wieder hergestellt ist, lade ich alle Bürger dieser Republik ein, die christlichen Traditionen, die ihre Kultur geprägt haben, wieder zu entdecken", sagte Benedikt XVI. Angesichts der Herausforderungen des neuen Jahrtausends müssten die Christen weiterhin ihre Stimme vernehmen lassen. "Die Wahrheit des Evangeliums ist für eine gesunde Gesellschaft unerlässlich", betonte der Papst. Kardinäle als Symbolgestalten für tragische GeschichteDie beiden von Benedikt XVI. genannten Kardinäle waren Symbolgestalten der tragischen Geschichte der tschechischen Länder im 20. Jahrhundert. Beran, seit 1946 Erzbischof von Prag, war Verfolgter zweier totalitärer Systeme. 1942 wurde er von den Nazis ins Konzentrationslager Theresienstadt eingeliefert und später nach Dachau verlegt. Die Kommunisten stellten ihn ab 1949 unter Hausarrest. Nach seiner Kardinalsernennung erlaubte ihm die Regierung 1965 die Ausreise ins römische Exil, wo er 1969 starb. Beran wurde in der Krypta des Petersdoms begraben - eine Ehre, die normalerweise nur Päpsten zuteil wird. 1999 wurde ein Seligsprechungsprozess eröffnet. Berans Nachfolger in Prag, zunächst als Apostolischer Administrator und ab 1977 als Erzbischof und Kardinal war Frantisek Tomasek. Er verteidigte unbeugsam die Kirche gegen die scharfe Verfolgung durch die staatlichen Behörden; nicht umsonst wurde er "die tschechische Eiche" genannt. Bei der "sanften Revolution" 1989 stellte er sich auf die Seite der Demonstranten und trat für die Freiheit ein. Auch nach der politischen "Wende" blieb Tomasek bis 1991, im hohen Alter von 92 Jahren, im Amt. Ein Höhepunkt seiner Amtszeit war der Pastoralbesuch von Johannes Paul II. in der Tschechoslowakei 1990. Kyrill und MethodPapst Benedikt XVI. erinnerte bei der Ankunft auch an die Slawenapostel Kyrill und Method. Mit ihnen sei in den tschechischen Ländern die byzantinische Tradition den Missionaren des lateinischen Abendlandes begegnet. Das Land habe "zuweilen als Kriegsschauplatz, aber häufiger als Brücke" eine wichtige Rolle in der Geistes- und Kulturgeschichte Europas gespielt. Appell an ChristenAn Staatspräsident Klaus gewandt, sagte Benedikt XVI.: "Ich weiß von Ihrem Wunsch, dass die Religion eine größere Rolle in den Belangen dieses Landes spielen möge". Die Christen rief der Papst auf, "weiterhin ihre Stimme vernehmen zu lassen, wenn die Nation sich den Herausforderungen des neuen Jahrtausends stellt". Klaus betont WertekonsensStaatspräsident Vaclav Klaus, der Prager Erzbischof, Kardinal Miloslav Vlk, und der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jan Graubner, hatten den Papst in Ruzyne empfangen. Klaus betonte in seiner Begrüßungsrede den Wertekonsens über die Grenzen der Weltanschauungen hinweg. "Unsere Ansichten über viele Themen in der komplizierten Welt von heute sind nahe beieinander und basieren auf ähnlichen Prinzipien und Positionen, obwohl wir von verschiedenen philosophischen und wissenschaftlichen Ideen her dorthin gelangt sind", sagte der Präsident. Papst Benedikt XVI. sei eine herausragende intellektuelle und geistliche Autorität, betonte Klaus. Benedikt XVI. stelle sicher, dass "die Werte, auf denen unsere Zivilisation seit 2.000 Jahren basiert, nicht in der turbulenten Gegenwart verloren gehen". "Prager Jesulein"Zwei zentrale christliche Themen - den liebenden Gott, der Mensch und sogar Kind geworden ist, und die Familie - stellte Benedikt XVI. am Samstag nach seiner Ankunft in der tschechischen Hauptstadt in den Mittelpunkt seiner ersten Programmetappe. Er erinnerte aber auch an die Not vieler Kinder, die nicht geliebt, sondern missbraucht und ausgebeutet würden. Ort dieser Überlegungen des Papstes war die Kirche Sancta Maria de Victoria, wo die Gnadenstatue des "Prager Jesuleins" verehrt wird. Vom Flughafen zur WallfahrtskircheBenedikt XVI. fuhr direkt vom Flughafen Ruzyne zur Wallfahrtskirche in der Karmelitska. Nur wenige Reporter und TV-Leute waren zu dem Ereignis zugelassen. In der Kirche wartete eine Delegation junger tschechischer katholischer Familien mit Kindern. Insgesamt waren zirka 400 Personen anwesend, mit Kardinal Miloslav Vlk und dem Olmützer Erzbischof Jan Graubner - er ist Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz - an der Spitze. Auch die Bezirkschefs der Prager Stadtbezirke waren unter den Ehrengästen. Der Papst kniete vor dem Gnadenaltar und sprach ein stilles Gebet. Anschließend erfolgte die Krönung des Jesuskindes, die als höchster Akt der Ehrerbietung gilt. Die dafür extra angefertigte Krone hatte Benedikt XVI. aus Rom mitgebracht. Das "Jesulein" war im Laufe der Geschichte mehrmals gekrönt worden; die bisherige Krone stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das "Prazske Jezulatko" hat auch rund 60 verschiedene prächtige Kleidchen, die von Gläubigen als Votivgaben gespendet wurden. Ansprache in TschechischSeine Ansprache hielt Benedikt XVI. zur Überraschung vieler in tschechischer Sprache. Das "Prager Jesuskind" lasse "an das Geheimnis der Menschwerdung Gottes" denken; die Gedanken gingen aber auch "zu allen Familien der Welt", besonders zu jenen, "die so große Anstrengungen unternehmen müssen, um ihren Kindern Sicherheit und eine würdige Zukunft zu geben". Der Papst erwähnte aber auch die Familien, die "durch eine Krise gehen". Er erinnerte an die Kinder, die "nicht geliebt, nicht angenommen und nicht geachtet" werden. Viele seien Opfer "der Gewalt und jeder Art der Ausbeutung durch skrupellose Menschen". "Den Kleinen möge jene Achtung und jene Aufmerksamkeit zukommen, die ihnen gebührt: Die Kinder sind die Zukunft und die Hoffnung der Menschheit", schloss Benedikt XVI. "Alle sind Kinder Gottes"Benedikt XVI. wies in seiner Ansprache auch auf den Symbolcharakter des "Prager Jesuleins" für die Liebe Gottes hin. Durch Jesus seien die Menschen Kinder Gottes geworden. "Jeder Mensch ist Kind Gottes und darum unser Bruder, unsere Schwester, und als solcher muss er angenommen und geachtet werden. Möge unsere Gesellschaft doch diese Wirklichkeit verstehen! Dann würde jeder Mensch nicht für das geachtet werden, was er hat, sondern für das, was er ist. Denn im Antlitz eines jeden Menschen scheint ohne Unterschied der Rasse und der Kultur das Bild Gottes auf". Historische PremiereDer Papstbesuch beim "Prager Jesulein" sei eine historische Premiere gewesen, und er habe daher eine ganz besondere Bedeutung, sagte der Rektor von Sancta Maria de Victoria, P. Anastasio Ruggero. Weil die Verehrung des "Prager Jesuleins" in der ganzen Welt verbreitet sei, sogar bei vielen nicht explizit christlichen Menschen, "werden viele überrascht und erfreut sein, wenn sie erfahren, dass auch der Papst vor dem Jesuskind gebetet hat". Eng verbunden mit HabsburgernDas Verehrung des "Prager Jesuleins" ist engstens mit dem von Karl V. begründeten Aufstieg der Habsburger zu einer Weltmacht verbunden, dessen weitaus größerer Teil - Spanien, Lateinamerika - iberisch geprägt war. Dort, insbesondere in den Frauenklöstern, existierte schon lange die Tradition der Verehrung von aus Wachs gebildeten oder mit Wachs überzogenen "Ninos" in der Art des "Jesuleins". Auch von der Heiligen Teresa von Avila ist überliefert, dass sie dem "Nino Jesus" größte Verehrung zuteil werden ließ. Das "Prager Jesulein" geht auf Dona Maria Manrique de Lara zurück, deren Familie in der spanischen Geschichte vor allem durch viele Vizekönige (Navarra, Peru und Neapel) bekannt ist. Das Alter des "Jesuleins" wird auf zirka 500 Jahre geschätzt. Von Spanien kam die Figur 1556 nach Böhmen. Im Jahr 1548 hatten den nach Spanien reisenden habsburgischen Erzherzog Maximilian, den späteren Kaiser, auch mehrere böhmische Adelige begleitet. Unter ihnen befand sich der im kaiserlichen diplomatischen Dienst bewährte Oberstkanzler Vratislav von Pernstejn. Er schloss 1556 die Ehe mit Dona Maria Manrique de Lara. Dona Maria erhielt von ihrer Mutter die Wachsfigur eines Jesuskindes in königlichem Gewand als Trost für ein Leben im "unwirtlichen Norden". Nach dem Tod ihres Mannes 1582 übersiedelte Dona Maria von Litomysl nach Prag, wo sie der Mittelpunkt der nach Spanien orientierten Gesellschaft wurde. Ihre Tochter Polyxena schenkte das "Nino" schließlich im Jahr 1628 dem neu gegründeten Kloster der Unbeschuhten Karmeliten bei der Kirche Sancta Maria de Victoria in Prag, das von spanischen Ordensleuten betreut wurde. Im Zug des Dreißigjährigen Krieges fielen 1631 die Sachsen in Prag ein und plünderten auch das Karmelitenkloster. Die Statue des Jesuskindes wurde beschädigt. Lange bemühte sich der damalige Prior vergeblich, Geld für die Wiederherstellung zu bekommen, bis ihm ein Prager Bürger unerwartet eine große Summe schenkte. Jetzt begann, vor allem von Ordensleuten aus Spanien gefördert, die Popularität "Prazske Jezulatko" zu wachsen. Die Verehrung des "Prager Jesuleins" verbreitete sich insbesondere in der hispanischen Welt (von Neapel über Spanien und Mexiko bis zu den Philippinen). Aber auch in Indien und in Vietnam finden sich in den meisten Kirchen Altäre mit Kopien des "Jesuleins".
Weiteres Programm
Am frühen Abend wird der Papst einen Höflichkeitsbesuch bei Tschechiens Staatspräsidenen Vaclav Klaus absolvieren, anschließend gibt es noch ein Treffen mit politischen und gesellschaftlichen Vertretern und eine Vesper mit Priestern, Ordensleuten, Diakonen und Seminaristen. Am Sonntag findet auf dem Gelände des Flughafens Brünn-Turany eine große Freiluftmesse statt, zu der 200 000 Gläubige erwartet werden. Das Gelände wird bereits um 4 Uhr früh geöffnet. Um 6.45 Uhr beginnen dann die von den verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften gestalteten Andachten zur Einstimmung auf den Gottesdienst mit Benedikt XVI. Die Ankunft des Papstes, der mit dem Flugzeug aus Prag kommt, soll um 9.20 Uhr erfolgen. Benedikt XVI. fährt dann mit dem Papamobil durch die einzelnen Sektoren des Feiergeländes; um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst. Anschließend geht es wieder zurück nach Prag. Am Montag schließlich wird der Papst den Wallfahrtsort Stará Boleslav besuchen.
Treffen mit den politischen und gesellschaftlichen Vertreter,
Prager Burg, der Spanische Saal
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