News 20. 11. 2009 |
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Reformbewegungen debattierten über Neuordnung der KirchenstrukturenBei einer Enquete am Freitag trafen sich Vertreter der "Laieninitiative", der Plattform "Wir sind Kirche", der "Pfarrerinitiative" und der Bewegung "Priester ohne Amt", um über eine Neuordnung der Kirchenstrukturen nachzudenken. Auslöser für die Veranstaltung war die jüngste Debatte um den Zölibat und der aus Sicht der Reformbewegungen bestehende "Seelsorge-Notstand" in Österreich. Titel der Enquete: "Kirchenreform und Menschenrechte".Eine "heiter, gelassene, erwartungsvolle und fröhlich unterlegte Stimmung" beschwor der katholische Publizist Hubert Feichtlbauer in seinen Begrüßungsworten. Als Initiator der "Laieninitiative" erhoffte er sich eine offene Veranstaltung. Vor allem gehe es darum, Vielfalt zuzulassen, so Feichtlbauer. Hilfe in Zeiten der Kirchenkrise"Wir brauchen unsere Kirche, unser Land braucht die Kirche und die Welt bedarf der Kirche", betonte Ex-Volksanwalt Herbert Kohlmaier von der "Laieninitiative", dass es sich bei der Veranstaltung um den Versuch handle, "dieser Kirche zur Hilfe" zu sein. Diese befinde sich in einer "schweren Krise von Identität und Wahrnehmung". Immer mehr Menschen würden die römisch-katholische Kirche als "fremdartige Institution, deren Bürokratie alles nach göttlichem Auftrag selbst entscheiden will", sehen. "Doch kann verlangter 'Gehorsam' allein nötige Ordnung und Einheit herstellen?" Kohlmaier verlangte wie auch andere Teilnehmer der Enquete eine "zeitgemäße Ordnung". "Subsidiarität statt Zentralismus"Reformbedarf in der katholischen Kirche ortete bei der Enquete der Luzerner Bibelwissenschaftler Walter Kirchschläger. In seinem Grundsatzreferat über eine "Kirche in der Nachfolge Jesu Christi" plädierte Kirchschläger für "Subsidiarität statt Zentralismus, 'kreative Theologie' statt Beharrlichkeit". Kirchschläger bedauerte, dass seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein "immer dichteres Netz an Reglementierungen" über die Kirche gespannt wurde. Auch Bischöfe seien "unter Kuratel gestellt" worden, Kollegialität werde bestenfalls "beschworen statt gelebt". Entscheidungen würden intransparent erfolgen, die Suche nach Begründungen erweise sich oft als "Jagd nach Indiskretionen", so Kirchschläger. Der Theologe unterstrich, dass Ortskirchen nach biblischem Zeugnis als vollwertige Gestalt der Kirche Christi zu sehen sind und nicht etwa als "Zweigstellen einer Zentrale in Rom". Statt zentralistischer Bischofsbestellungen empfahl Kirchschläger den Usus in Ordensgemeinschaften, die den synodalen Modus einer Entscheidungsfindung seit jeher erfolgreich vorlebten. Laien können "rettend" wirkenWeitere Referenten der Enquete waren der Innsbrucker Pastoraltheologe Paul Weß, der das Jesuswort "Ihr alle aber seid Geschwister" aus dem Matthäusevangelium zum Ausgangspunkt notwendiger Strukturreformen in der Kirche nahm, der Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann und der Linzer Rechtswissenschaftler Heribert Franz Köck. Liebmann zeigte anhand der Geschehnisse im Unfeld des Konzils von Konstanz (1414-1418) auf, dass Laien "rettend" auch bei Kirchenkrisen wirken können. In der damaligen Situation von konkurrierenden Päpsten hätten sich Konzilsentscheidungen als tragfähiger als päpstliche Machtansprüche erwiesen, so Liebmann. "Menschenrechtswidriger" PflichtzölibatKöck forderte in seinem Vortrag die Umsetzung von "Menschenrechten in der Kirche" ein. "Menschenrechtswidrig" ist nach Ansicht Köcks besonders der Pflichtzölibat, da er die "gleichzeitige Ausübung des Grundrechts auf Ehe und Familie und des Grundrechts auf freie Wahl des Priesterberufs ausschließt". "Unverzügliche Anpassung der kirchlichen Vorschriften an die Menschenrechte"Auf Basis der Ergebnisse der Enquete wollen die Reformbewegungen laut Kohlmaier nun einen gemeinsamen und dringenden Appell an die Kirchenleitung in Rom richten, "eine unverzügliche Anpassung der kirchlichen Vorschriften an den Nachfolgewillen Jesu und die Grund- und Menschenrechte in Angriff zu nehmen". Sollte das "wie alle bisherigen und berechtigten Bemühungen erfolglos bleiben, werden Maßnahmen des Kirchenvolkes in Angriff zu nehmen sein, die eine Lösung nicht von der unersetzlichen Weltkirche und einer notwendigen gemeinsamen Ordnung herbeiführen, sondern von längst überholten Vorschriften, die der Kirche schweren Schaden zufügen", so Kohlmaier in einer Aussendung.
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