News 04. 03. 2010

Islamforscher: Mehr Alltagsfragen in Imam-Ausbildung

In der Debatte um eine Imam-Ausbildung in Deutschland fordert Wissenschaftler Mouhanad Khorchide eine islamische Theologie, die Alltagsfragen der Muslime Rechnung trägt. "Wir brauchen eine theologisch fundierte Grundlage als Ausgangs-punkt für die Praxis", sagt Khorchide, der als aussichtsreicher Kandidat für die Professur Islamische Religionspädagogik an der Universität Münster gehandelt wird.

Ob es um Jugendkultur, Partys oder Ehen mit Christen geht: "Vom Imam werden Antworten erwartet", sagte Khorchide der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Wissenschaftler ist zurzeit noch Lehrbeauftragter der Universität Wien und war immer wieder Gast-Imam in verschiedenen Wiener Moscheen. Er meint, die Prediger des Islam seien mit den alltäglichen Problemen vor allem junger Menschen häufig überfordert. "Die traditionelle Theologie gibt den Imamen meist keine Hilfestellungen für den europäischen Kontext, sie gibt ihnen keine Rückendeckung", sagte der 38-Jährige. "Wenn man von einer Imam-Ausbildung spricht, reicht es nicht, den Blick auf die Praxis zu richten. Es braucht eine fundierte theologische Begründung dahinter." In diese Richtung müssten Theologen künftig arbeiten.

Mehr Kooperation in Ausbildung

"Die Glaubensgrundsätze und die Säulen des Islams sind unumstößlich, aber die Theologie darf auch nicht im Widerspruch zur Gesellschaftsordnung stehen", sagte der Islamwissenschaftler. Er befürworte von daher Zentren bekenntnisorientierter islamischer Religionspädagogik, wie sie der Wissenschaftsrat für deutsche Hochschulen empfohlen hat. "Es ist gut, dass da, wo die Imame ausgebildet, auch Lehrer auf den islamischen Religionsunterricht vorbereitet werden. Man braucht eine Kooperation von Imamen in Moscheen und Religionslehrern in Schulen."

Dialog mit anderen Religionen

Darüber hinaus spricht Khorchide sich für eine Lehre aus, in der andere Religionen behandelt werden. "Ein Imam sollte auch Kenntnisse über die christliche und die jüdische Religion haben, um einen interreligiösen Dialog führen zu können." Neben der Tätigkeit als Imam oder Lehrer sieht Khorchide noch weitere Berufsperspektiven für Absolventen einer islamischen Theologie und Religionspädagogik: "Sie könnten als Seelsorger in Gefängnissen und in Hospitälern arbeiten."

 
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