News 28. 04. 2010 |
Kapellari gegen steirische Sonderwege bei KirchenreformEine Erneuerung der Kirche dürfe nicht die "Gefahr einer Spaltung" mit sich bringen oder steirische "Sonderwege" beschreiten: Das betonte der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari in einem Interview mit dem steirischen "Sonntagsblatt".Als Bischof kündigte Kapellari Widerstand dagegen an, "dass Gruppen oder einzelne Personen im klaren Gegensatz zur Kirchenverfassung Druck auf die Diözese ausüben und ihr den weiteren Weg unter Ignorierung der anderen vorschreiben wollen". Man könne nicht von einer der österreichischen Diözesen "utopischerweise" einen Weg verlangen, "der in ganz Österreich und in den deutschsprachigen Ländern ebenfalls nicht begangen wird". Weizer ReformforderungenIm Rahmen der "Weizer Pfingstvision" hatte sich ja vor kurzem 100 Vertreter kirchlicher Organisationen und Basisgruppen "für ein neues Pfingsten" in der katholischen Kirche ausgesprochen. Angesichts der "dramatischen Entwicklung" im Zuge der Missbrauchskrise sei "eine tiefgreifende Reform unserer Kirche unumgänglich", heißt es in dem mit großer Mehrheit beschlossenen "Appell von Gösting". Die Befürworter appellierten an den Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari, mit den Reformwilligen in der Kirche einen synodalen Weg zu beginnen, der in eine Diözesansynode münden soll. Nicht nur die Diözesanleitung, auch "alle Gläubigen müssen in diesen Prozess einbezogen werden und mitbestimmen können", heißt es in einer Aussendung über das Treffen.Die "innere Emigration" bei vielen Kirchenmitgliedern sei durch die jüngsten Ereignisse "gewaltig", unterstrich Mitinitiator Fery Berger den Ernst der Lage. Gegen "steirisches Konzil"Kapellari wandte sich vor dem Hintergrund von Reformforderungen an die Kirche gegen ein steirisches "Konzil" oder eine Diözesansynode, die jüngst von einer "keineswegs homogenen" Gruppe von 100 besorgten Katholiken befürwortet worden war. In der gegenwärtigen "Zeit der großen und ungerechten Verallgemeinerungen" gelte es Augenmaß zu bewahren. Auch der Pflichtzölibat solle nicht wie ein "drückender Schuh" einfach weggeworfen werden. Kirche muss sich bewegen"Die Kirche muss sich aber weiter bewegen und wird es auch tun", so Kapellari wörtlich. Unumgänglich für eine "Heilung" der Kirche sei vielmehr die "Dimension Tiefe", ohne die jede Kirchenreform "bald stecken" bleibe. "Im Boot nicht gegeneinander rudern"Wie der Grazer Bischof in der neuen Ausgabe des "Sonntagsblattes" betonte, sei er "grundsätzlich allen Katholikinnen und Katholiken, die sich jetzt verantwortungsvoll Sorgen um unsere Kirche machen, dankbar und achte sie". Das habe er schon vor Monaten in einem offenen Brief an Vertreter der sogenannten "Laieninitiative" gesagt. Der Ton deren jüngster Aussendung habe sich "verschärft und erscheint mir als unannehmbar", so Kapellari, der unterstrich, "dass es keinen Weg gegen Rom, gegen den Papst oder an ihm vorbei geben kann. Davon wird mich nichts und niemand abbringen können." Wie etwa auch Kardinal Schönborn wolle er zugleich "dazu beitragen, dass möglichst alle engagierten Katholiken im Boot bleiben und dass sie nicht gegeneinander rudern". Große FragenDie Idee einer Diözesansynode, die nach einem Treffen von Kirchenreform-interessierten am 19. April in der Pfarre Graz-Gösting lanciert wurde, hält der Bischof nicht für zielführend. Eine solche Synode brauche mehrere Jahre an Vorbereitung und Durchführung. Sie könne auch leicht "eine Sache der Papiere bleiben". Kapellari wies auf in der Steiermark bereits durchgeführte breite Diskussionsvorgänge unter intensiver Beteiligung der Pfarren und ehren- sowie hauptamtlich in der Kirche Tätiger hin, wo "die großen Fragen der Seelsorge, des Einsatzes von Personal und der wirtschaftlichen Grundlagen der Kirche erörtert" wurden. Unter dem Leitwort "Auf Christus schauen" werde eine Reihe von Konzepten umgesetzt. "Viele lassen sich darauf ein und erfahren heilende Kräfte, die sie vor Depression und Aggression bewahren, ohne ihnen den Blick auf die oft so harte Wirklichkeit und ihre Gegensätze zu verstellen", sagte Kapellari. Heiße EisenDie Anliegen der sogenannten "Heiße-Eisen"-Themen würden ungeachtet dessen beständig auf dem Tisch bleiben, so Kapellari. Zu Änderungswünschen der Zölibatsverpflichtung vor dem Hintergrund von Missbrauchskrise sagte der Bischof: "Ich kann verstehen, dass man im Blick auf Berichte über Missbräuche leicht zu solchen Urteilen kommt und dass man vom Verzicht auf einen verpflichtenden Zölibat eine neue Blüte der Pastoral erwartet. Das ist zu kurz gedacht. Die Verbundenheit mit der Weltkirche verhindert, dass man, bildhaft gespro-chen, einen Schuh einfach wegwirft, weil er jemanden drückt." Spannungen könnten "sehr wehtun", wies Kapellari hin. Sie könnten "aber auch produktiv" sein, "wenn Probleme nicht nur zweidimen-sional und also pragmatisch gesehen werden". Neue Ideen und WegeKapellari erklärte, die Kirche brauche "durchaus neue Ideen und Wege, um das pastorale Netz zu erhalten und zu stärken". Er wünsche sich einen "Wettbewerb an kreativen Anstren-gungen, um die sakramentale und missionarische Dimension der Kirche wieder allgemeiner verstehbar zu machen und verwirklichen zu helfen". Die Kirche werde oft auch innerhalb der eigenen Reihen verkürzt als "Dienstleistungsbetrieb" gesehen, der gut zu "funktionieren" hat. Solche Kriterien der Zivilgesellschaft "drohen hier aber Grundlegendes zu verdecken", warnte der Grazer Bischof. Das Wesen der Kirche als Gemeinschaft aller Getauften komme besonders in den Sakramenten und besonders in der Eucharistie und dem ihr zugeordneten Weihesakrament zum Ausdruck. "Viel Kirchenfrust kann ohne Einkehr in die Tiefe dieses sakramentalen Mysteriums nicht überwunden werden", unterstrich Kapellari. Großer Einsatz zur Klärung der MissbrauchsfälleZum Vertrauensverlust der Kirche durch die Missbrauchsfälle sagte er: "Da darf nichts kleingeredet werden." Alle Diözesen bemühten sich mit großem Einsatz an Kraft und Zeit um Klarheit und Wahrheit. Auch eine kirchenunabhängige Opferanwaltschaft unter der Leitung von Waltraud Klasnic sei jetzt tätig. Nach der notwendigen und intensiven Befassung mit den Missbrauchsfällen "werden wir hoffentlich bald neue Kraft für den Gesamtauftrag der Kirche gewinnen", so Kapellari. Er erhofft sich eine "Reinigung der Kirche" und eine Läuterung der Priesterschaft. Viele sogenannte einfache Christinnen und Christen hätten zuletzt gemeint: "Wir müssen gerade jetzt in der Kirche zusammenstehen." Kapellari hofft, dass "die Gnade Gottes dafür vielen die Augen und die Herzen auftut".
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