News 22. 07. 2010

Lutherischer Weltbund: Angst vor Zerreißprobe wie bei Anglikanern

Bei der 11. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Stuttgart warnt LWB-Präsident Mark Hanson vor Spaltungen: Christen sollten sich in ihren unterschiedlichen Ansichten zur Homosexualität oder zur Frauenordination gegenseitig respektieren und nicht untereinander bekämpfen.

Der Konflikt zwischen den schrumpfenden liberalen Kirchen des Nordens und jenen des Südens, die wachsen und in der Auseinandersetzung mit dem Islam und den diversen Sekten auf ein kämpferisch konservatives Profil setzen, prägt die 11. Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) in Stuttgart.

Homosexualität und Frauen

Die Diskussionen über Homosexualität und Frauen im Bischofsamt sorgen auf der Weltkonferenz der Lutheraner für Unruhe und Besorgnis unter den Mitgliedern, meldet Kathpress. Befürchtet wird eine ähnliche Zerreißprobe, wie sie die anglikanische Kirche prägt, und das nur wenige Jahre vor dem großen Jubiläum "500 Jahre Wittenberger Thesenanschlag und Reformatisons-beginn" im Jahr 2017. Der kirchliche Dachverband repräsentiert 70 Millionen Christen in 79 Ländern.

Respekt statt Kampf 

LWB-Präsident Mark Hanson warnte vor Spaltungen in der Christenheit aufgrund moralischer Fragen. Christen sollten sich in ihren unterschiedlichen Ansichten zur Homosexualität oder zur Frauenordination gegenseitig respektieren und nicht untereinander bekämpfen, sagte der US-amerikanische Bischof in Stuttgart. Auch innerhalb des Luthertums gebe es unterschiedliche Ansätze zu den Themen Ehe, Familie und menschliche Sexualität, räumte Hanson ein.

Am Rand der Spaltung

Die Themen Homosexualität und Frauenordination stehen nicht auf der offiziellen Tagesordnung der LWB-Konferenz, können aber über Arbeitsgruppen eingebracht werden. Während lutherische Kirchen in Afrika und Osteuropa etwa die Zulassung von Homosexuellen oder Frauen zum Pfarramt vehement ablehnen, gibt es in Schweden die weltweit erste offen lesbisch lebende lutherische Bischöfin. "In Tansania würde sie aus jeder Kirche fliegen; und eben jene Tansanische Kirche ist aber auch die weltweit am schnellsten wachsende lutherische Gemeinschaft", hieß es dazu in einem Kommentar der "Süddeutschen Zeitung" (21. Juli). Die anglikanische Kirchen-gemeinschaft stehe wegen des Streits um den Umgang mit homosexuellen Menschen bereits am Rand der Spaltung.

Heiße Eisen

Der ehemalige vatikanische "Ökumene-Minister" Kardinal Walter Kasper ging in Stuttgart in einem Gastvortrag über die ökumenische Bewegung der letzten 40 Jahre auf diese heißen Eisen nicht ein. Kasper strich stattdessen die Erfolge heraus. Angesichts der großen Herausforderungen wie Klimawandel, weltweitem Hunger und Zugang zu sauberem Wasser müssten die Christen noch intensiver zusammenarbeiten. Die katholische Kirche sei entschlossen, den ökumenischen Dialog fortzusetzen.

Wahlen

Die Weltkonferenz der Lutheraner hatte am Dienstag in Stuttgart begonnen. An den Konferenz nehmen insgesamt rund 1.000 Menschen teil. Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium des LWB und findet etwa alle sechs Jahre statt. In Stuttgart wird auch ein neuer Präsident des in Genf ansässigen Weltbundes als Nachfolger des Leitenden Bischofs der Lutherisch-Evangelischen Kirche in Amerika, Hanson, gewählt, der nach sieben Jahren sein Amt niederlegt. Die einwöchige Stuttgarter Zusammenkunft ist nach dem Treffen 1952 in Hannover die zweite dieser Art in Deutschland.

 

 
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