Lutheraner versöhnen sich mit Mennoniten
Historische Versöhnung von Protestanten: Für die jahrhundertelange
Verfolgung der Mennoniten haben sich die lutherischen Kirchen am Donnerstag
offiziell entschuldigt.
Bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB)
in Stuttgart baten die Vertreter von weltweit 70 Millionen evangelischen
Christen um Vergebung. Für die Mennonitische Weltkonferenz nahm Präsident
Danisa Ndlovu aus Simbabwe das Schuldeingeständnis in einem gemeinsamen
Bußgottesdienst an.
Wiedertäufer
Die Mennoniten berufen sich auf den friesischen
Prediger Menno Simons (1496-1561). Weil sie die Kindertaufe ablehnen, wurden
sie früher Täufer oder Wiedertäufer genannt. Denn sie tauften andersgläubige
Christen, die als Babys schon getauft waren, noch einmal. Der deutsche
Reformator Martin Luther (1483-1546) billigte die brutale Verfolgung und
Unterdrückung der Wiedertäufer. Davon haben sich die auf Luther
zurückgehenden Kirchen nun distanziert.
Tiefes Bedauern
Der LWB-Präsident Mark Hanson (USA) sprach von einem
"beispiellosen Schritt der Wiedergutmachung". In einer Erklärung heißt es,
der Lutherische Weltbund empfinde "tiefes Bedauern und Schmerz über die
Verfolgung der Täufer durch lutherische Obrigkeiten und besonders darüber,
dass lutherische Reformatoren diese Verfolgung theologisch unterstützt
haben".
Neues Klima
Die lutherischen Kirchen bitten "um Vergebung für das
Leiden, das unsere Vorfahren im 16. Jahrhundert den Täufern zugefügt haben,
für das Vergessen oder Ignorieren dieser Verfolgung in den folgenden
Jahrhunderten und für alle unzutreffenden, irreführenden und verletzenden
Darstellungen der Täufer und Mennoniten, die lutherische AutorInnen bis
heute in wissenschaftlicher oder nichtwissenschaftlicher Form verbreitet
haben". Zwar gebe es weiterhin große theologische Unterschiede zwischen
Lutheranern und Mennoniten; diese könnten nun aber in einem neuen Klima
untersucht werden.
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