Empörung über geplante Koran-Verbrennung in Florida
Die Empörung über eine geplante Koran-Verbrennung in den USA wächst:
Regierung, führende Generäle und Kirchenführer verurteilen die Aktion. Der
Pastor der 50-Seelen-Gemeinde, der auch in Deutschland tätig war, hält
dennoch ungerührt an dem Vorhaben fest.
Ungeachtet eines Aufschreis in den USA hält der Pastor
einer kleinen radikalen Kirchengemeinde in Florida an seinem Plan fest, zum
Jahrestag der Anschläge vom 11. September den Koran zu verbrennen.
US-Außenministerin Hillary Clinton sprach am Dienstagabend (Ortszeit) von
einem "respektlosen, schändlichen Akt". Justizminister Eric Holder nannte
das Vorhaben "idiotisch und gefährlich". Der Kommandeur US-Truppen in
Afghanistan, David Petraeus, hatte gewarnt, dass die Aktion Anschläge gegen
US-Soldaten provozieren könnte.
Pastor bleibt dabei
Pastor Terry Jones von der 50-Seelen-Gemeinde in der
Kleinstadt Gainesville, der Verbindungen nach Köln hatte, erklärte jedoch,
er wolle die Verbrennung des heiligen Buchs der Muslime trotz der Proteste
nicht absagen. "Wir müssen eine klare Botschaft an den radikalen Islam
senden, dass wir seine Drohungen und die Verbreitung von Angst hier bei uns
in Amerika nicht tolerieren", erklärte er.
War in Köln
Nach Angaben der Christlichen Gemeinde Köln war Jones
dort mehrere Jahre als Pastor tätig. Vor zweieinhalb Jahren habe sich die
Gemeinde aber von ihm getrennt, weil sie mit seinen Ansichten nicht mehr
übereingestimmt habe.
Verurteilung durch Vatikan
Der Vatikan hat eine angekündigte Koranverbrennung am
Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 durch eine
fundamentalistische christliche Splittergruppe in den USA verurteilt. Die
beklagenswerten Gewaltakte des 11. September rechtfertigten nicht eine
"abscheuliche und schwerwiegende Geste gegen ein Buch, das einer religiösen
Gemeinschaft heilig ist", hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten
Erklärung des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog. Jede
Religion habe das Recht auf Respektierung und Schutz ihrer heiligen Bücher,
ihrer Stätten und Gottesdienste sowie ihrer Symbole, hob der Vatikan-Rat am
Mittwoch hervor. Die Würde jedes Menschen, der Anhänger dieser Religion ist,
sowie auch seine Freiheit in religiösen Fragen müssten respektiert werden.
Im Gedenken an die Terroranschläge des 11. September gilt es laut Dialograt
vor allem, den Betroffenen Solidarität zu bekunden und tiefes Mitgefühl
auszudrücken. Weiters sei jeder religiöse Führer sowie jeder einzelne
aufgerufen, die scharfe Verurteilung aller Formen von Gewalt zu erneuern.
Der Rat verwies auch auf entsprechende Aussagen von Johannes Paul II. und
Benedikt XVI.
Verurteilung durch US-Religionsvertreter
In Washington verurteilten auch religiöse Führer die
Verbrennung des heiligen Buches der Muslime. Es handele sich zum ein
"besonders ungeheuerliches" Vorhaben, meinten muslimische, christliche und
jüdische Vertreter. Auch mit Blick auf die hitzige Debatte über den
geplanten Bau eines muslimischen Kulturzentrums nahe dem Ort der
verheerenden Anschläge vom 11. September in New York mahnten sie religiöse
Toleranz in den USA an. Sie beklagten eine "steigende Welle von Angst und
Intoleranz" in den USA.
Clinton: Respektlos, schändlich
Clinton sagte anlässlich eines Fastenbrechens im
islamischen Monat Ramadan in Washington: "Ich fühle mich ermutigt von der
klaren, unmissverständlichen Verurteilung dieses respektlosen, schändlichen
Akts" durch führende Vertreter aller Glaubensrichtungen in den USA. Clintons
Sprecher Philip Crowley sprach von einer Provokation. Es zeige
Respektlosigkeit gegenüber einer Religion. Er betonte zugleich, die Welt
dürfe Amerika "nicht an der Aktion eines Pastors oder 50 seiner Anhänger"
messen. Die Stadtverwaltung von Gainesville habe die an diesem Samstag
geplante Aktion zwar verboten. Es sei aber unklar, ob sich der Pastor daran
halten werde.
Evangelikale Gruppe
Pastor Jones vom evangelikalen Dove World Outreach
Center hat den 11. September zum "Internationalen Tag der Koran-Verbrennung"
erklärt. Damit solle der Opfer der Anschläge vor neun Jahren gedacht und dem
radikalen Islam eine klare Absage erteilen werden. Der Koran "ist für den
11. September verantwortlich", sagte er in einem Video auf der Website
seiner Gemeinde. "Der Islam ist eine schlechte Religion."
Respekt vor Koran
Muslime verlangen, dass ihr heiliges Buch mit höchstem
Respekt behandelt wird. Verstöße werden als zutiefst beleidigend empfunden
und haben wiederholt Gewalt ausgelöst. 2006 hatten Karikaturen des Propheten
Mohammeds in dänischen Medien gewaltsame Proteste in der islamischen Welt
ausgelöst, bei denen über 20 Menschen getötet worden waren. In Kabul ist es
wegen der geplanten Koran-Verbrennung bereits zu Protesten gekommen. Wütende
Gläubige verbrannten am Montag US-Flaggen und riefen "Tod Amerika".
NATO-Rasmussen besorgt
Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der
sich in Washington aufhielt, äußerte sich besorgt. Koran-Verbrennungen
widersprächen "allen Werten, für die wir stehen und für die wir kämpfen",
zitierte ihn die "Washington Post".
EU verurteilt Verbrennung
Auch die Europäische Union verurteilt die in Florida geplante Verbrennung
eines Korans. "Wir verurteilen energisch jeden derartigen Versuch", sagte
die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Maja Kocijancic,
am Mittwoch in Brüssel. Die EU respektiere alle Religionen. "Das ist kein
vernünftiges Vorgehen", sagte sie zu der Verbrennung des heiligen Buches der
Muslime.
Knobloch entsetzt
Der Zentralrat der Juden hat sich entsetzt über das
Vorhaben einer kleinen radikalen Kirchengemeinde in den USA gezeigt, den
Koran öffentlich zu verbrennen. "Die Vorstellung ist schrecklich und
abstoßend", sagte Präsidentin Charlotte Knobloch am in München. Sie
erinnerte an die Bücherverbrennungen der Nazis im Jahr 1933. "Dort wo man
Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen", zitierte Knobloch
den Dichter Heinrich Heine. "Wir dürfen nicht zulassen, dass eine in
bestimmten Kreisen praktizierte, oft subtile und fast immer stillschweigend
akzeptierte Angst- und Hasspolitik unvermindert fortgesetzt wird und Früchte
trägt", sagte Knobloch. "Ich hoffe, dass sich die Vernunft und der Geist der
Freiheit am Ende durchsetzen."
Zollitsch: Provokation einer winzigen Minderheit
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte die Sorge, "dass mit solchen
intoleranten Angriffen das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in
vielen Teilen der Welt gefährdet wird". Zollitsch verurteilte die geplante
Aktion als "inakzeptable und in keiner Weise hinnehmbare Provokation einer
winzigen Minderheit".
Schindehütte: Mit christlichem Zeugnis nicht vereinbar
EKD-Auslandbischof Martin Schindehütte erklärte, ein
Verbrennen des Korans sei mit dem christlichen Zeugnis nicht vereinbar.
Gerade zum Ende des Fastenmonats Ramadan, den Muslime in aller Welt in
diesen Tagen begehen, gebe ein solcher Akt radikalen Positionen und
Reaktionen neuen Nährboden.
Dröge: Tiefpunkt der Unkultur
Der Bischof der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg, Markus Dröge, sprach von einem Tiefpunkt der Unkultur.
Islamische Autoritäten hätten sich unmittelbar nach dem 11. September 2001
sehr deutlich von dem Anschlag auf das World Trade Zentrum distanziert.
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