News 08 09. 2010

Empörung über geplante Koran-Verbrennung in Florida

Die Empörung über eine geplante Koran-Verbrennung in den USA wächst: Regierung, führende Generäle und Kirchenführer verurteilen die Aktion. Der Pastor der 50-Seelen-Gemeinde, der auch in Deutschland tätig war, hält dennoch ungerührt an dem Vorhaben fest.

Ungeachtet eines Aufschreis in den USA hält der Pastor einer kleinen radikalen Kirchengemeinde in Florida an seinem Plan fest, zum Jahrestag der Anschläge vom 11. September den Koran zu verbrennen. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach am Dienstagabend (Ortszeit) von einem "respektlosen, schändlichen Akt". Justizminister Eric Holder nannte das Vorhaben "idiotisch und gefährlich". Der Kommandeur US-Truppen in Afghanistan, David Petraeus, hatte gewarnt, dass die Aktion Anschläge gegen US-Soldaten provozieren könnte.

Pastor bleibt dabei

Pastor Terry Jones von der 50-Seelen-Gemeinde in der Kleinstadt Gainesville, der Verbindungen nach Köln hatte, erklärte jedoch, er wolle die Verbrennung des heiligen Buchs der Muslime trotz der Proteste nicht absagen. "Wir müssen eine klare Botschaft an den radikalen Islam senden, dass wir seine Drohungen und die Verbreitung von Angst hier bei uns in Amerika nicht tolerieren", erklärte er.

War in Köln

Nach Angaben der Christlichen Gemeinde Köln war Jones dort mehrere Jahre als Pastor tätig. Vor zweieinhalb Jahren habe sich die Gemeinde aber von ihm getrennt, weil sie mit seinen Ansichten nicht mehr übereingestimmt habe.

Verurteilung durch Vatikan

Der Vatikan hat eine angekündigte Koranverbrennung am Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 durch eine fundamentalistische christliche Splittergruppe in den USA verurteilt. Die beklagenswerten Gewaltakte des 11. September rechtfertigten nicht eine "abscheuliche und schwerwiegende Geste gegen ein Buch, das einer religiösen Gemeinschaft heilig ist", hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog. Jede Religion habe das Recht auf Respektierung und Schutz ihrer heiligen Bücher, ihrer Stätten und Gottesdienste sowie ihrer Symbole, hob der Vatikan-Rat am Mittwoch hervor. Die Würde jedes Menschen, der Anhänger dieser Religion ist, sowie auch seine Freiheit in religiösen Fragen müssten respektiert werden. Im Gedenken an die Terroranschläge des 11. September gilt es laut Dialograt vor allem, den Betroffenen Solidarität zu bekunden und tiefes Mitgefühl auszudrücken. Weiters sei jeder religiöse Führer sowie jeder einzelne aufgerufen, die scharfe Verurteilung aller Formen von Gewalt zu erneuern. Der Rat verwies auch auf entsprechende Aussagen von Johannes Paul II. und Benedikt XVI.

Verurteilung durch US-Religionsvertreter

In Washington verurteilten auch religiöse Führer die Verbrennung des heiligen Buches der Muslime. Es handele sich zum ein "besonders ungeheuerliches" Vorhaben, meinten muslimische, christliche und jüdische Vertreter. Auch mit Blick auf die hitzige Debatte über den geplanten Bau eines muslimischen Kulturzentrums nahe dem Ort der verheerenden Anschläge vom 11. September in New York mahnten sie religiöse Toleranz in den USA an. Sie beklagten eine "steigende Welle von Angst und Intoleranz" in den USA.

Clinton: Respektlos, schändlich

Clinton sagte anlässlich eines Fastenbrechens im islamischen Monat Ramadan in Washington: "Ich fühle mich ermutigt von der klaren, unmissverständlichen Verurteilung dieses respektlosen, schändlichen Akts" durch führende Vertreter aller Glaubensrichtungen in den USA. Clintons Sprecher Philip Crowley sprach von einer Provokation. Es zeige Respektlosigkeit gegenüber einer Religion. Er betonte zugleich, die Welt dürfe Amerika "nicht an der Aktion eines Pastors oder 50 seiner Anhänger" messen. Die Stadtverwaltung von Gainesville habe die an diesem Samstag geplante Aktion zwar verboten. Es sei aber unklar, ob sich der Pastor daran halten werde.

Evangelikale Gruppe

Pastor Jones vom evangelikalen Dove World Outreach Center hat den 11. September zum "Internationalen Tag der Koran-Verbrennung" erklärt. Damit solle der Opfer der Anschläge vor neun Jahren gedacht und dem radikalen Islam eine klare Absage erteilen werden. Der Koran "ist für den 11. September verantwortlich", sagte er in einem Video auf der Website seiner Gemeinde. "Der Islam ist eine schlechte Religion."

Respekt vor Koran

Muslime verlangen, dass ihr heiliges Buch mit höchstem Respekt behandelt wird. Verstöße werden als zutiefst beleidigend empfunden und haben wiederholt Gewalt ausgelöst. 2006 hatten Karikaturen des Propheten Mohammeds in dänischen Medien gewaltsame Proteste in der islamischen Welt ausgelöst, bei denen über 20 Menschen getötet worden waren. In Kabul ist es wegen der geplanten Koran-Verbrennung bereits zu Protesten gekommen. Wütende Gläubige verbrannten am Montag US-Flaggen und riefen "Tod Amerika".

NATO-Rasmussen besorgt

Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der sich in Washington aufhielt, äußerte sich besorgt. Koran-Verbrennungen widersprächen "allen Werten, für die wir stehen und für die wir kämpfen", zitierte ihn die "Washington Post".

EU verurteilt Verbrennung

Auch die Europäische Union verurteilt die in Florida geplante Verbrennung eines Korans. "Wir verurteilen energisch jeden derartigen Versuch", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Maja Kocijancic, am Mittwoch in Brüssel. Die EU respektiere alle Religionen. "Das ist kein vernünftiges Vorgehen", sagte sie zu der Verbrennung des heiligen Buches der Muslime.

Knobloch entsetzt

Der Zentralrat der Juden hat sich entsetzt über das Vorhaben einer kleinen radikalen Kirchengemeinde in den USA gezeigt, den Koran öffentlich zu verbrennen. "Die Vorstellung ist schrecklich und abstoßend", sagte Präsidentin Charlotte Knobloch am in München. Sie erinnerte an die Bücherverbrennungen der Nazis im Jahr 1933. "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen", zitierte Knobloch den Dichter Heinrich Heine. "Wir dürfen nicht zulassen, dass eine in bestimmten Kreisen praktizierte, oft subtile und fast immer stillschweigend akzeptierte Angst- und Hasspolitik unvermindert fortgesetzt wird und Früchte trägt", sagte Knobloch. "Ich hoffe, dass sich die Vernunft und der Geist der Freiheit am Ende durchsetzen."

Zollitsch: Provokation einer winzigen Minderheit

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte die Sorge, "dass mit solchen intoleranten Angriffen das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in vielen Teilen der Welt gefährdet wird". Zollitsch verurteilte die geplante Aktion als "inakzeptable und in keiner Weise hinnehmbare Provokation einer winzigen Minderheit".

Schindehütte: Mit christlichem Zeugnis nicht vereinbar

EKD-Auslandbischof Martin Schindehütte erklärte, ein Verbrennen des Korans sei mit dem christlichen Zeugnis nicht vereinbar. Gerade zum Ende des Fastenmonats Ramadan, den Muslime in aller Welt in diesen Tagen begehen, gebe ein solcher Akt radikalen Positionen und Reaktionen neuen Nährboden.

Dröge: Tiefpunkt der Unkultur

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Markus Dröge, sprach von einem Tiefpunkt der Unkultur. Islamische Autoritäten hätten sich unmittelbar nach dem 11. September 2001 sehr deutlich von dem Anschlag auf das World Trade Zentrum distanziert.

 

 

 

 

 
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