News 10. 09. 2010

Die "Papist Church": Der lange Weg zurück

Es begann mit einem großen Knall. Guy Fawkes, katholischer Fanatiker aus York, versuchte 1605 das britische Parlament und die Herrschaft von König Jakob I. mit zwei Tonnen Schwarzpulver in die Luft zu jagen.

Das Attentat am 5. November, die sogenannte "Pulverfass-Verschwörung" gegen die Unterdrückung der Katholiken, misslang - und hatte doch schwerwiegende Folgen: Englands größte Minderheit stand fortan über Jahrhunderte unter dem Verdacht des Landesverrats. Erst in den vergangenen Jahrzehnten gelang es ihr, sich einen Platz in der britischen Gesellschaft zurückzuerobern.

Reich und mächtig

Reich und mächtig war die Kirche im englischen Mittelalter - wie man bis heute an ihren monumentalen Kathedralbauten sehen kann. Doch mächtiger war König Heinrich VIII. Er brach 1533 mit dem Papst in Rom, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. Kirche - das hieß in England fortan anglikanisch. Bis heute schließt ein Gesetz aus dem Jahr 1701, der sogenannte "Act of Settlement", jeden von der Thronfolge aus, der "die päpstliche Religion bekennt oder einen Papisten heiratet".

Katholisches Schattendasein

Katholiken führten fortan ein Schattendasein. Zumeist waren es irische Einwanderer, als arme Hungerleider eingetroffen in mehreren Wellen. Katholiken, das waren Ausländer, Unterprivilegierte aus der Arbeiterklasse. Besonders katholisch: das schottische Glasgow, jetzt eine Besuchsstation des Papstes.

Moralische Glaubwürdigkeit

Intellektuell spielte der britische Katholizismus - einige wenige Beispiele wie die anglikanischen Konvertiten Kardinal John Henry Newman (1801-1890) oder Gilbert Keith Chesterton (1874-1936) ausgenommen - bis in die 1950er Jahre praktisch keine Rolle. Es waren vor allem das große karitative und schulische Engagement und die moralische Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche, die in den vergangenen Jahrzehnten eine gewisse Verbürgerlichung ermöglichten. Irgendwann gab es katholische Ärzte, Rechtsanwälte, Parlamentsabgeordnete. Das Bild des Katholizismus begann sich zu ändern: hin zu einer lebendigen, akzeptierten und integrierten Konfession.

Klischee der "papistischen Unterwanderung"

Auch die klischeebeladenen Warnungen vor "papistischer Unterwanderung" sind Vergangenheit. Indizien für eine wachsende Hoffähigkeit des Katholizismus gab es - bis zum jüngsten Rückschlag des Missbrauchsskandals - in den vergangenen Jahren viele. Da war 2002 die Einladung an Londons Kardinal Cormac Murphy O'Connor, vor Königin Elizabeth II. zu predigen. Da war der Übertritt von Ex-Premier Tony Blair in die katholische Kirche 2007. Auch die deutlichen Warnungen der katholischen Kirche vor einem ungerechtfertigten Krieg im Irak und andere öffentliche Stellungnahmen sorgten für mehr moralisches Gewicht.

Selbstvertrauen verloren

Experten bescheinigen Großbritanniens Katholiken großen Einsatz im praktischen sozialen Leben, aber einen eher defensiven, wenig missionarischen Geist - typisch für eine lange diskriminierte Minderheitenkirche. Gleichwohl, so der Jesuit Oliver Rafferty, habe es in den 1950er Jahren noch rund 10.000 Konvertiten pro Jahr gegeben. In den vergangenen Jahren sei die Zahl vernachlässigbar geworden - wohl auch eine Folge der allgemeinen Säkularisierung. Rafferty: "Bei allem, was der Katholizismus in den letzten 50 Jahren gewonnen hat, hat er doch viel von seinem Selbstvertrauen verloren. Er wird zwar gesellschaftlich voll akzeptiert, hat aber manche Züge aufgegeben, die einst seine besondere Präsenz ausmachten."

Den Schrecken verloren

Die Feiern zum 400. Jahrestag der "Pulverfass-Verschwörung" am "Guy Fawkes Day" jedenfalls zeigten, dass die traditionelle Verbrennung von Strohpuppen in vielen Dörfern und Städten inzwischen ihren Schrecken verloren hat. In York, der Heimatstadt von Guy Fawkes, saßen Katholiken, Anglikaner und Agnostiker beim Liederabend munter vereint zur Hymne "Ye Traitor's All" ("All Ihr Verräter") zusammen. (kath-press)

 
zum Seitenanfang Seitenanfang