Die "Papist Church": Der lange Weg zurück
Es begann mit einem großen Knall. Guy Fawkes, katholischer Fanatiker aus
York, versuchte 1605 das britische Parlament und die Herrschaft von König
Jakob I. mit zwei Tonnen Schwarzpulver in die Luft zu jagen.
Das Attentat am 5. November, die sogenannte
"Pulverfass-Verschwörung" gegen die Unterdrückung der Katholiken, misslang -
und hatte doch schwerwiegende Folgen: Englands größte Minderheit stand
fortan über Jahrhunderte unter dem Verdacht des Landesverrats. Erst in den
vergangenen Jahrzehnten gelang es ihr, sich einen Platz in der britischen
Gesellschaft zurückzuerobern.
Reich und mächtig
Reich und mächtig war die Kirche im englischen
Mittelalter - wie man bis heute an ihren monumentalen Kathedralbauten sehen
kann. Doch mächtiger war König Heinrich VIII. Er brach 1533 mit dem Papst in
Rom, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als
Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst
ein. Kirche - das hieß in England fortan anglikanisch. Bis heute schließt
ein Gesetz aus dem Jahr 1701, der sogenannte "Act of Settlement", jeden von
der Thronfolge aus, der "die päpstliche Religion bekennt oder einen Papisten
heiratet".
Katholisches Schattendasein
Katholiken führten fortan ein Schattendasein. Zumeist
waren es irische Einwanderer, als arme Hungerleider eingetroffen in mehreren
Wellen. Katholiken, das waren Ausländer, Unterprivilegierte aus der
Arbeiterklasse. Besonders katholisch: das schottische Glasgow, jetzt eine
Besuchsstation des Papstes.
Moralische Glaubwürdigkeit
Intellektuell spielte der britische Katholizismus -
einige wenige Beispiele wie die anglikanischen Konvertiten Kardinal John
Henry Newman (1801-1890) oder Gilbert Keith Chesterton (1874-1936)
ausgenommen - bis in die 1950er Jahre praktisch keine Rolle. Es waren vor
allem das große karitative und schulische Engagement und die moralische
Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche, die in den vergangenen Jahrzehnten
eine gewisse Verbürgerlichung ermöglichten. Irgendwann gab es katholische
Ärzte, Rechtsanwälte, Parlamentsabgeordnete. Das Bild des Katholizismus
begann sich zu ändern: hin zu einer lebendigen, akzeptierten und
integrierten Konfession.
Klischee der "papistischen Unterwanderung"
Auch die klischeebeladenen Warnungen vor "papistischer
Unterwanderung" sind Vergangenheit. Indizien für eine wachsende Hoffähigkeit
des Katholizismus gab es - bis zum jüngsten Rückschlag des
Missbrauchsskandals - in den vergangenen Jahren viele. Da war 2002 die
Einladung an Londons Kardinal Cormac Murphy O'Connor, vor Königin Elizabeth
II. zu predigen. Da war der Übertritt von Ex-Premier Tony Blair in die
katholische Kirche 2007. Auch die deutlichen Warnungen der katholischen
Kirche vor einem ungerechtfertigten Krieg im Irak und andere öffentliche
Stellungnahmen sorgten für mehr moralisches Gewicht.
Selbstvertrauen verloren
Experten bescheinigen Großbritanniens Katholiken großen
Einsatz im praktischen sozialen Leben, aber einen eher defensiven, wenig
missionarischen Geist - typisch für eine lange diskriminierte
Minderheitenkirche. Gleichwohl, so der Jesuit Oliver Rafferty, habe es in
den 1950er Jahren noch rund 10.000 Konvertiten pro Jahr gegeben. In den
vergangenen Jahren sei die Zahl vernachlässigbar geworden - wohl auch eine
Folge der allgemeinen Säkularisierung. Rafferty: "Bei allem, was der
Katholizismus in den letzten 50 Jahren gewonnen hat, hat er doch viel von
seinem Selbstvertrauen verloren. Er wird zwar gesellschaftlich voll
akzeptiert, hat aber manche Züge aufgegeben, die einst seine besondere
Präsenz ausmachten."
Den Schrecken verloren
Die Feiern zum 400. Jahrestag der
"Pulverfass-Verschwörung" am "Guy Fawkes Day" jedenfalls zeigten, dass die
traditionelle Verbrennung von Strohpuppen in vielen Dörfern und Städten
inzwischen ihren Schrecken verloren hat. In York, der Heimatstadt von Guy
Fawkes, saßen Katholiken, Anglikaner und Agnostiker beim Liederabend munter
vereint zur Hymne "Ye Traitor's All" ("All Ihr Verräter") zusammen.
(kath-press)
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