„Legionäre Christi“ distanzieren sich von ihrem Gründer
Der Orden der „Legionäre Christi“ hat sich endgültig von seinem Gründer,
Marcial Maciel Degollado, distanziert. Der 2008 verstorbene Priester hat
drei Kinder gezeugt und zahlreiche Priesterseminaristen sexuell missbraucht.
Die Ordensgemeinschaft der „Legionäre Christi“ hat sich
von einer Verehrung ihres Gründers, Marcial Maciel Degollado (1920-2008),
distanziert. Wie der Sprecher der Kongregation, P. Andreas Schöggl, am
Dienstag in Rom mitteilte, sind alle Portraits von Maciel mittlerweile aus
den Eingangshallen der Niederlassungen entfernt worden. Der derzeitige
Generalobere des Ordens, P. Alvaro Corcuera Martinez del Rio, hatte am
Wochenende Richtlinien für das Andenken Maciels veröffentlicht, der Vater
von drei Kindern war und Seminaristen sexuell missbraucht haben soll.
Demnach sind Fotografien des Ordensgründers in den Niederlassungen der
„Legionäre Christi“ nicht mehr erlaubt.
Man habe schon vor Monaten mit dem Abhängen der Bilder
begonnen, sagte Schöggl. Maciels Verehrung durch die Legionäre Christi trug
bisweilen Züge eines Personenkultes. Auch Schriften von Maciel dürfen in den
Niederlassungen der Kongregation nicht länger verkauft werden. Weiters sind
Geburtstag, Taufe, Namenstag und Priesterweihe Maciels keine Festtage mehr.
Keine Ehrerbietung mehr
In Veröffentlichungen des Ordens darf von Maciel nur
noch als „Pater Maciel“ oder als „Gründer der Legionäre Christi und des
Regnum Christi“ ohne jede besondere Ehrerbietung gesprochen werden. Die
Grabstätte Maciels in der Krypta der Kapelle des Centro Cultural
Interamericano in der mexikanischen Stadt Cotija de la Paz soll fortan nur
noch „wie jedes christliche Grab als Ort des Gebets für das ewige Heil der
Verstorbenen“ gelten, heißt es in den Richtlinien. Die Normen seien in
Abstimmung mit dem Päpstlichen Sonderbeauftragten für den Orden, Kardinal
Velasio de Paolis, erlassen worden.
Man wolle den einzelnen Mitgliedern jedoch „das
Gedenken nicht diktieren“, hob Schöggl hervor. Es bleibe ein privater
„Freiraum“. Die Mitglieder des Ordens dürfen nach den neuen Richtlinien
privat weiterhin Fotos von Maciel besitzen und dessen Schriften lesen.
Der Vatikan hatte im Mai nach einer Untersuchung der
gegen den Verstorbenen erhobenen Vorwürfe im Rahmen einer Apostolischen
Visitation des Ordens festgestellt, dass Maciel „objektiv unmoralisches
Verhalten“ vorzuwerfen sei. Im Juli hatte Benedikt XVI. Kardinal De Paolis
zum päpstlichen Sonderbeauftragten für den gegenwärtig rund 850 Priester und
2.500 Seminaristen zählenden Orden ernannt. Diesem angeschlossen ist die
Laiengemeinschaft „Regnum Christi“.
Finanzielle Ungereimtheiten
Marcial Maciel Degollado, der 2008 im Alter von 88
Jahren starb, soll intime Verbindungen mit den wohlhabenden Mexikanerinnen
Blanca Gutierrez Lara und Norma Hilda Banos gehabt haben, aus denen drei
Kinder hervorgingen. Weiters soll der Ordensgründer, der hoch in der Gunst
Papst Johannes Pauls II. gestanden war, über Jahre hinweg Seminaristen
sexuell missbraucht haben.
Nach dem Pontifikatswechsel schritt Benedikt XVI. gegen
Maciel ein. Anfang 2006 wurde er wegen Missbrauchsvorwürfen aufgefordert,
öffentlich nicht mehr als Priester in Erscheinung zu treten. Er solle
künftig „in Gebet und Buße“ ein zurückgezogenes Leben führen. Mit Rücksicht
auf das fortgeschrittene Alter und den schlechten Gesundheitszustand des
damals 86-jährigen Ordensgründers verzichtete die Glaubenskongregation aber
auf eine kanonische Untersuchung.
Nach seinem Tod im Jänner 2008 kamen neue
Beschuldigungen zu Tage. Dabei ging es u. a. um finanzielle Ungereimtheiten,
die auch Untersuchungsgegenstand des neuen Päpstlichen Sonderbeauftragten
sein sollen.
Benedikt XVI. „hart wie Stahlnagel“
Benedikt XVI. wird in diesem Zusammenhang vom
prominenten kirchenkritischen US-amerikanischer Journalisten, Autor und
Aufdecker der Causa Maciel, Jason Berry, explizit verteidigt. In einem
zweiteiligen ausführlichen Artikel für die Zeitung „National Catholic
Reporter“ (NCR) listete Berry eine Reihe von Bischöfen und Kardinälen auf,
die Maciel gegenüber willfährig gewesen sein sollen, indem sie großzügige
Geldgeschenke angenommen hätten. Ziel Maciels sei es gewesen, durch
„Geschenke“ zu erreichen, dass alle gegen ihn eingebrachten Vorwürfe ins
Leere liefen. Berry berief sich dabei auf ehemalige Mitglieder der
„Legionäre Christi“.
1997 sei auch bei Kardinal Ratzinger ein
Bestechungsversuch unternommen worden, so Berry. Doch der Präfekt der
Glaubenskongregation habe sich geweigert, das Kuvert, das er „für karitative
Zwecke“ hätte einsetzen sollen, anzunehmen, schrieb Berry. Ratzinger habe
freundlich im Ton, aber „hart wie ein Stahlnagel“ die Annahme des Kuverts
abgelehnt, zitierte der Autor einen Zeugen.
Schwere Anschuldigungen
Kritisch setzte sich der Bericht u. a. mit Kardinal
Stanislaw Dziwisz - dem damaligen Sekretär von Johannes Paul II. - und
Kardinal Angelo Sodano auseinander. Berry zufolge habe sich der damalige
Kardinal-Staatssekretär Sodano einer Untersuchung des pädophilen
Ordensgründers Maciel widersetzt, die der damalige Präfekt der
Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger, einleiten wollte. Sodano und
Dziwisz seien von der Redaktion des NCR um eine Stellungnahme zur Causa
Maciel gebeten worden; die Anfragen seien aber bisher ohne jede Antwort
geblieben, so der Bericht.
In einer Erwiderung verteidigte der Publizist, Theologe
und Politikwissenschaftler George Weigel allerdings Kardinal Dziwisz. Der
jetzige Krakauer Erzbischof sei von Maciel nicht gekauft, sondern „betrogen
worden“, so Weigel in der US-Kirchenzeitung „Denver Catholic Register“.
Dziwisz habe als Papstsekretär tatsächlich immer wieder
Geld von Maciel bekommen. Doch Dziwisz habe das Geld nicht für sich selbst
verwendet, betonte Weigel: „Dziwisz gab oft Geld an arme Bischöfe und an
andere, die seiner Meinung nach in finanzieller Not waren. Auch ein Teil von
Maciels Geld ging anzunehmender Weise in diese Richtung.“ |