News 24. 03. 2011

Kreuz-Debatte: Gegner erhalten Unterstützung durch Grüne

Die Gegner von Kreuzen im öffentlichen Raum haben politische Unterstützung bekommen. Grün-Mandatarin Daniela Musiol forderte am Donnerstag auf Einladung der "Initiative Religion ist Privatsache" eine politische Debatte zu diesem Thema. Der Katholische Laienrat lobt indes die „beispielhafte Religionsfreiheit“ in Österreich.

Obwohl Höchstgerichte die Anbringung des christlichen Symbol in Kindergärten bzw. Schulklassen als rechtens bestätigt hätten, müsse es kein "Gebot" zum Kreuz geben, so die Grüne Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol.

Die Urteile des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zu Kreuzen in niederösterreichischen Kindergärten sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu italienischen Klassenzimmern sind laut Musiol "zu akzeptieren". Die politische Komponente könne man aber sehr wohl diskutieren. "Es steht einem neutralen Staat, der die Vielfalt der Religionen würdigen möchte, gut an, sich neutral zu verhalten", so die Grün-Abgeordnete, die aber nicht für ihre gesamte Partei sprechen möchte.

„Scheinbegründungen“?

Für Musiol tut sich auch die Frage des Minderheitenschutzes in der Kreuz-Debatte auf. "Man muss sensibel mit der Frage umgehen, ob sich Minderheiten in ihren Rechten beeinträchtigt sehen." Und ob es sich immer um ein Symbol der Toleranz handle, bezweifelt sie auch. "Das Kreuz ist für viele Menschen ein Symbol der Unterdrückung." Die Grüne verlangt nun eine politische Diskussion über mehrere Gesetzesmaterien, so etwa den Schulvertrag und das Religionsgesetz. Und auch mit dem Vatikan müsse man Gespräche aufnehmen.

Auch von Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk holte sich die "Initiative Religion ist Privatsache" Beistand. Für ihn ist das EGMR-Urteil zwar schlüssig, das VfGH-Urteil in Österreich schon weniger. "Man könnte fast sagen, es ist in der Nähe von Scheinbegründungen." Funk würde auch gerne wissen, ob unter den Verfassungsrichtern Einhelligkeit geherrscht habe. Das Argument, in Österreich bestehe ohnehin eine Trennung von Kirche und Staat hinterlässt beim Experten lediglich "Achselzucken".

Kindergarten ist nicht gleich Schule

Rechtsanwältin Doris Einwallner, die den Kläger gegen Kreuze in niederösterreichischen Kindergärten vertritt, zeigte sich "sehr enttäuscht" vom VfGH-Urteil und kündigte an, ebenfalls den EGMR anzurufen. Ihre Argumentation: Es handle sich nicht wie im italienischen Fall um Schulklassen, sondern um Kindergärten. Die Kinder "befinden sich auf einer anderen Entwicklungsstufe und sind nicht mit kritischen Jugendlichen gleichzusetzen". Deshalb seien "sehr wohl noch Angriffsflächen da".

Einwallner vertritt auch den Vorsitzenden der "Initiative Religion ist Privatsache", den Physiker Heinz Oberhummer. Er klagt seine ORF-Gebühren ein, da seiner Meinung nach Religionen im ORF-Gesetz bevorzugt würden. Sollte dies nicht gelingen, will er sich ebenfalls an den VfGH wenden.

Katholischer Laienrat lobt Religionsfreiheit in Österreich

Der Katholische Laienrat Österreichs (KLRÖ) hat indessen nach den Kreuz-Urteilen dazu aufgerufen, die in Österreich "beispielhafte gesetzliche Regelung und Praxis" der Religionsfreiheit beizubehalten und zu verteidigen. Die Präsenz der Kirchen und Glaubensgemeinschaften im öffentlichen Raum sei kein Privileg und nicht nur eine durch langjährige Tradition begründete Gewohnheit, sondern Ausdruck einer richtig verstandenen "korporativen Religionsfreiheit", hält der Laienrat fest.

Zum einen stehe es jedem Gläubigen selbstverständlich frei, durch Gesten, Gebet, religiöse Symbole und Kleidung seiner Religion in der Öffentlichkeit Ausdruck zu verleihen; zum anderen müsse für die gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften gewährleistet sein, dass sie in der Öffentlichkeit durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung ihrer Riten ihre Überzeugungen bekunden können.

Widerstand angekündigt

Das schließe das Anbringen oder Aufstellen von religiösen Symbolen in öffentlichen Räumen, religiöse Prozessionen und Umzüge, den Bau von Gebäuden für Gottesdienste und die Erteilung von Religionsunterricht in öffentlichen Schulen mit ein. Der Laienrat verweist in diesem Zusammenhang auf die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Grundrechtecharta der EU.

Der Laienrat werde überall dort warnen und zum Widerstand aufrufen, "wo versucht wird, diese Dimension der Religionsfreiheit einzuschränken oder zu beseitigen, sei es bei Entschließungen des Europarates oder Gesetzesentwürfen in der EU, sei es bei Gesetzesvorlagen und Diskussionen um konkrete Anliegen in Österreich".

Der Laienrat fordert zudem in der Resolution alle politischen Kräfte auf, auch auf europäischer und internationaler Ebene der in Österreich beispielhaften gesetzlichen Regelung und Praxis zum Durchbruch zu verhelfen.

 

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