Kreuz-Debatte: Gegner erhalten Unterstützung durch Grüne
Die Gegner von Kreuzen im öffentlichen Raum haben politische
Unterstützung bekommen. Grün-Mandatarin Daniela Musiol forderte am
Donnerstag auf Einladung der "Initiative Religion ist Privatsache" eine
politische Debatte zu diesem Thema. Der Katholische Laienrat lobt indes die
„beispielhafte Religionsfreiheit“ in Österreich.
Obwohl Höchstgerichte die Anbringung des christlichen
Symbol in Kindergärten bzw. Schulklassen als rechtens bestätigt hätten,
müsse es kein "Gebot" zum Kreuz geben, so die Grüne Nationalratsabgeordnete
Daniela Musiol.
Die Urteile des österreichischen
Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zu Kreuzen in niederösterreichischen
Kindergärten sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
zu italienischen Klassenzimmern sind laut Musiol "zu akzeptieren". Die
politische Komponente könne man aber sehr wohl diskutieren. "Es steht einem
neutralen Staat, der die Vielfalt der Religionen würdigen möchte, gut an,
sich neutral zu verhalten", so die Grün-Abgeordnete, die aber nicht für ihre
gesamte Partei sprechen möchte.
„Scheinbegründungen“?
Für Musiol tut sich auch die Frage des
Minderheitenschutzes in der Kreuz-Debatte auf. "Man muss sensibel mit der
Frage umgehen, ob sich Minderheiten in ihren Rechten beeinträchtigt sehen."
Und ob es sich immer um ein Symbol der Toleranz handle, bezweifelt sie auch.
"Das Kreuz ist für viele Menschen ein Symbol der Unterdrückung." Die Grüne
verlangt nun eine politische Diskussion über mehrere Gesetzesmaterien, so
etwa den Schulvertrag und das Religionsgesetz. Und auch mit dem Vatikan
müsse man Gespräche aufnehmen.
Auch von Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk holte
sich die "Initiative Religion ist Privatsache" Beistand. Für ihn ist das
EGMR-Urteil zwar schlüssig, das VfGH-Urteil in Österreich schon weniger.
"Man könnte fast sagen, es ist in der Nähe von Scheinbegründungen." Funk
würde auch gerne wissen, ob unter den Verfassungsrichtern Einhelligkeit
geherrscht habe. Das Argument, in Österreich bestehe ohnehin eine Trennung
von Kirche und Staat hinterlässt beim Experten lediglich "Achselzucken".
Kindergarten ist nicht gleich Schule
Rechtsanwältin Doris Einwallner, die den Kläger gegen
Kreuze in niederösterreichischen Kindergärten vertritt, zeigte sich "sehr
enttäuscht" vom VfGH-Urteil und kündigte an, ebenfalls den EGMR anzurufen.
Ihre Argumentation: Es handle sich nicht wie im italienischen Fall um
Schulklassen, sondern um Kindergärten. Die Kinder "befinden sich auf einer
anderen Entwicklungsstufe und sind nicht mit kritischen Jugendlichen
gleichzusetzen". Deshalb seien "sehr wohl noch Angriffsflächen da".
Einwallner vertritt auch den Vorsitzenden der
"Initiative Religion ist Privatsache", den Physiker Heinz Oberhummer. Er
klagt seine ORF-Gebühren ein, da seiner Meinung nach Religionen im
ORF-Gesetz bevorzugt würden. Sollte dies nicht gelingen, will er sich
ebenfalls an den VfGH wenden.
Katholischer Laienrat lobt Religionsfreiheit in Österreich
Der Katholische Laienrat Österreichs (KLRÖ) hat
indessen nach den Kreuz-Urteilen dazu aufgerufen, die in Österreich
"beispielhafte gesetzliche Regelung und Praxis" der Religionsfreiheit
beizubehalten und zu verteidigen. Die Präsenz der Kirchen und
Glaubensgemeinschaften im öffentlichen Raum sei kein Privileg und nicht nur
eine durch langjährige Tradition begründete Gewohnheit, sondern Ausdruck
einer richtig verstandenen "korporativen Religionsfreiheit", hält der
Laienrat fest.
Zum einen stehe es jedem Gläubigen selbstverständlich
frei, durch Gesten, Gebet, religiöse Symbole und Kleidung seiner Religion in
der Öffentlichkeit Ausdruck zu verleihen; zum anderen müsse für die
gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften gewährleistet sein, dass sie
in der Öffentlichkeit durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung
ihrer Riten ihre Überzeugungen bekunden können.
Widerstand angekündigt
Das schließe das Anbringen oder Aufstellen von
religiösen Symbolen in öffentlichen Räumen, religiöse Prozessionen und
Umzüge, den Bau von Gebäuden für Gottesdienste und die Erteilung von
Religionsunterricht in öffentlichen Schulen mit ein. Der Laienrat verweist
in diesem Zusammenhang auf die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und
die Grundrechtecharta der EU.
Der Laienrat werde überall dort warnen und zum
Widerstand aufrufen, "wo versucht wird, diese Dimension der
Religionsfreiheit einzuschränken oder zu beseitigen, sei es bei
Entschließungen des Europarates oder Gesetzesentwürfen in der EU, sei es bei
Gesetzesvorlagen und Diskussionen um konkrete Anliegen in Österreich".
Der Laienrat fordert zudem in der Resolution alle
politischen Kräfte auf, auch auf europäischer und internationaler Ebene der
in Österreich beispielhaften gesetzlichen Regelung und Praxis zum Durchbruch
zu verhelfen.
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