Deutschland: Muslime und Friedrich auf Konfrontationskurs
Turbulente Premiere des neuen Innenministers in der Islamkonferenz:
Friedrich will die Muslime bei der Bekämpfung des Islamismus stärker in die
Pflicht nehmen. Außerdem bleibt er bei seinen umstrittenen Islam-Thesen. Mit
beidem stößt er auf massiven Unmut.
Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)
hat die Islamkonferenz mit seinem Vorstoß für eine Sicherheitspartnerschaft
zwischen Staat und Muslimen schwer belastet. Zudem sorgte er am Dienstag mit
seinen umstrittenen Thesen zur Bedeutung des Islam für Deutschland weiter
für Unmut. Neun der 15 muslimischen Konferenzteilnehmer erklärten, eine
solche Botschaft rüttle "gefährlich an den Grundlagen eines bis jetzt
ohnehin schwierigen und mit viel Mühe verbundenen Prozesses des
Vertrauensaufbaus".
Friedrich, erst seit Anfang des Monats Innenminister,
leitete die seit fünf Jahren bestehende Konferenz zum ersten Mal. Von seinen
Ansichten zum Islam rückte der CSU-Politiker nicht ab. "Selbstverständlich
sind die vielen Muslime, die in diesem Land leben, ein Teil dieser
Gesellschaft", sagte er nach der Konferenz, und fügte hinzu: "Dieses Land
ist ein christlich-abendländisch geprägtes Land, ... daran bestand und
besteht hoffentlich auch kein Zweifel." Es sei bedauerlich, dass das "bei
den Einzelnen falsch angekommen" sei.
Friedrich will „Präventionsgipfel“
Auf massiven Widerstand stieß Friedrich auch mit seinen
Bemühungen, die Muslime im Kampf gegen den Islamismus stärker in die Pflicht
zu nehmen. Der Minister will damit gegen die Radikalisierung von
Jugendlichen vorgehen. Ausgangspunkt für die Initiative war der Anschlag vom
2. März, bei dem ein Islamist am Flughafen Frankfurt zwei US-Soldaten
tötete. Die Sicherheitspartnerschaft soll dazu führen, dass in Vereinen, bei
Predigten sowie auch bei Gesprächen über den Islam radikale Ansichten früh
entdeckt werden. Friedrich will in diesem Frühjahr zu einem
"Präventionsgipfel" einladen - unabhängig von der Islamkonferenz.
Neun der 15 muslimischen Teilnehmer erklärten dazu
schriftlich, der neue Duktus aus dem Innenministerium lasse Zweifel daran
aufkommen, ob die Dialog- und Integrationsfunktion der Islamkonferenz
weiterhin angestrebt werde. "Als muslimische Teilnehmer der DIK rufen wir
den Innenminister dazu auf, nicht leichtfertig die langjährigen Bemühungen
um einen Dialog zwischen den Muslimen und dem Staat sowie die bisherigen
Errungenschaften der DIK zu gefährden."
Heftige Kritik von Muslimen
Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika warf
Friedrich sogar vor, "eine sehr bedenkliche Kultur des Denunziantentums
unter den Muslimen" zu fördern. Scharfe Kritik kam auch vom Zentralrat der
Muslime, der bereits aus der Islamkonferenz ausgestiegen ist. Sein
Vorsitzender Aiman Mazyek sagte der dpa in Köln: "Die Islamkonferenz sollte
nicht zur sicherheitspolitischen Konferenz werden." Mazyek sieht die
Islamkonferenz vor dem Scheitern. "Es ist ein Armutszeugnis: Wir treten seit
Jahren auf der Stelle."
„Für eigene Profilierung genutzt“
Der Präsident der Islamischen Kulturzentren, Mustafa
Imal, kritisierte die "stark polarisierende Debatte" um Islam, Muslime und
Integration. Sie heize "Muslimfeindlichkeit in unserer Gesellschaft noch
weiter an". Außerdem würden Muslime "zu häufig von der Politik noch für
eigene Profilierung genutzt".
Die 2006 von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU)
gegründete Islamkonferenz soll die Integration der vier Millionen Muslime in
Deutschland voranbringen. In dem Gremium beraten Vertreter von Bund, Ländern
und Kommunen mit Muslimverbänden und muslimischen Persönlichkeiten unter
anderem über Religionsunterricht und die Ausbildung von Imamen.
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