News 29. 03. 2011

Deutschland: Muslime und Friedrich auf Konfrontationskurs

Turbulente Premiere des neuen Innenministers in der Islamkonferenz: Friedrich will die Muslime bei der Bekämpfung des Islamismus stärker in die Pflicht nehmen. Außerdem bleibt er bei seinen umstrittenen Islam-Thesen. Mit beidem stößt er auf massiven Unmut.

Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die Islamkonferenz mit seinem Vorstoß für eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Staat und Muslimen schwer belastet. Zudem sorgte er am Dienstag mit seinen umstrittenen Thesen zur Bedeutung des Islam für Deutschland weiter für Unmut. Neun der 15 muslimischen Konferenzteilnehmer erklärten, eine solche Botschaft rüttle "gefährlich an den Grundlagen eines bis jetzt ohnehin schwierigen und mit viel Mühe verbundenen Prozesses des Vertrauensaufbaus".

Friedrich, erst seit Anfang des Monats Innenminister, leitete die seit fünf Jahren bestehende Konferenz zum ersten Mal. Von seinen Ansichten zum Islam rückte der CSU-Politiker nicht ab. "Selbstverständlich sind die vielen Muslime, die in diesem Land leben, ein Teil dieser Gesellschaft", sagte er nach der Konferenz, und fügte hinzu: "Dieses Land ist ein christlich-abendländisch geprägtes Land, ... daran bestand und besteht hoffentlich auch kein Zweifel." Es sei bedauerlich, dass das "bei den Einzelnen falsch angekommen" sei.

Friedrich will „Präventionsgipfel“

Auf massiven Widerstand stieß Friedrich auch mit seinen Bemühungen, die Muslime im Kampf gegen den Islamismus stärker in die Pflicht zu nehmen. Der Minister will damit gegen die Radikalisierung von Jugendlichen vorgehen. Ausgangspunkt für die Initiative war der Anschlag vom 2. März, bei dem ein Islamist am Flughafen Frankfurt zwei US-Soldaten tötete. Die Sicherheitspartnerschaft soll dazu führen, dass in Vereinen, bei Predigten sowie auch bei Gesprächen über den Islam radikale Ansichten früh entdeckt werden. Friedrich will in diesem Frühjahr zu einem "Präventionsgipfel" einladen - unabhängig von der Islamkonferenz.

Neun der 15 muslimischen Teilnehmer erklärten dazu schriftlich, der neue Duktus aus dem Innenministerium lasse Zweifel daran aufkommen, ob die Dialog- und Integrationsfunktion der Islamkonferenz weiterhin angestrebt werde. "Als muslimische Teilnehmer der DIK rufen wir den Innenminister dazu auf, nicht leichtfertig die langjährigen Bemühungen um einen Dialog zwischen den Muslimen und dem Staat sowie die bisherigen Errungenschaften der DIK zu gefährden."

Heftige Kritik von Muslimen

Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika warf Friedrich sogar vor, "eine sehr bedenkliche Kultur des Denunziantentums unter den Muslimen" zu fördern. Scharfe Kritik kam auch vom Zentralrat der Muslime, der bereits aus der Islamkonferenz ausgestiegen ist. Sein Vorsitzender Aiman Mazyek sagte der dpa in Köln: "Die Islamkonferenz sollte nicht zur sicherheitspolitischen Konferenz werden." Mazyek sieht die Islamkonferenz vor dem Scheitern. "Es ist ein Armutszeugnis: Wir treten seit Jahren auf der Stelle."

„Für eigene Profilierung genutzt“

Der Präsident der Islamischen Kulturzentren, Mustafa Imal, kritisierte die "stark polarisierende Debatte" um Islam, Muslime und Integration. Sie heize "Muslimfeindlichkeit in unserer Gesellschaft noch weiter an". Außerdem würden Muslime "zu häufig von der Politik noch für eigene Profilierung genutzt".

Die 2006 von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegründete Islamkonferenz soll die Integration der vier Millionen Muslime in Deutschland voranbringen. In dem Gremium beraten Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen mit Muslimverbänden und muslimischen Persönlichkeiten unter anderem über Religionsunterricht und die Ausbildung von Imamen.

 

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