Regierung verdoppelt steuerlichen Absetzbetrag für
Kirchenbeitrag
Die Regierung hat auf ihrer Klausurtagung die Verdoppelung des
Höchstbetrags bei der steuerlichen Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages
beschlossen. Kardinal Schönborn zeigt sich in einer ersten Reaktion dankbar.
Kritik kommt vom "Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien".
Künftig können Kirchenmitglieder bis zu 400 Euro ihres
Kirchenbeitrags pro Jahr absetzen, kündigte Vizekanzler Michael Spindelegger
an. "Das ist ein klares Signal an jene, die Kirchenbeiträge zahlen", sagte
der ÖVP-Parteichef. Bisher war die Kirchenbeitrags-Absetzbarkeit mit 200
Euro gedeckelt.
Einen "großen Dank an die Regierung im Namen der rund
3,7 Millionen kirchenbeitragszahlenden Katholiken" sprach Kardinal Christoph
Schönborn aus. In einer ersten Reaktion betonte der Vorsitzende der
Bischofskonferenz gegenüber "Kathpress", dass "die Regierung mit der
Verdoppelung der steuerlichen Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags ein starkes
Zeichen der Wertschätzung hinsichtlich der Leistungen der christlichen
Kirchen für die ganze Gesellschaft setzt."
„Positive Auswirkungen des Kirchenbeitrags auf Staat und
Gesellschaft“
Schönborn bestätigte, dass er in den letzten Wochen "in
Absprache mit der evangelischen und altkatholischen Kirche" mit der
Regierung "intensive Gespräche" geführt habe. "Dabei konnten die positiven
Auswirkungen des Kirchenbeitrags für Staat und Gesellschaft zur Sprache
kommen", sagte der Kardinal, der seinen politischen Gesprächspartnern "für
das konstruktive Eingehen auf die Argumente der christlichen Kirchen"
dankte. Eine entscheidende Rolle hätten dabei sowohl Bundeskanzler Werner
Faymann als auch Vizekanzler Michael Spindelegger und die neue
Finanzministerin Maria Fekter gespielt, so Kardinal Schönborn.
Die Verdoppelung des Absetzbetrages beim Kirchenbeitrag
wird mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011 umgesetzt. Wie im Vorfeld der
Regierungsklausur erwartet, soll dabei auch der Katalog für die
Spendenabsetzbarkeit ab 2012 um Spenden für den Umweltschutz, Tierheime und
die Feuerwehr erweitert werden.
Haupteinnahmequelle der katholischen Kirche
Die jährlich rund 395 Millionen Euro an
Kirchenbeiträgen sind die finanzielle Haupteinnahmequelle der katholischen
Kirche in Österreich. Die Beiträge der Kirchenmitglieder machen in allen
Diözesen den "Löwen-Anteil" der zur Verfügung stehenden Budgets aus und
ermöglichen damit das flächendeckende Seelsorge-, Sozial- und
Bildungsangebot der Kirche.
Steuerlich begünstigt sind die Kirchenbeiträge von
Mitgliedern der katholischen, der evangelischen und der altkatholischen
Kirche in Österreich.
In der katholischen Kirche wird der Kirchenbeitrag über
Kirchenbeitragsstellen eingehoben. Er beträgt 1,1 Prozent des
steuerpflichtigen Jahreseinkommens, abzüglich eines Absatzbetrages von 50
Euro. Hinzu kommen, je nach den Lebensumständen der Kirchenmitglieder,
diverse individuelle Ermäßigungen, etwa für Alleinverdiener, Kinder,
Senioren oder bei außergewöhnlichen Belastungen. Vom Kirchenbeitrag befreit
sind außerdem das Kinderbetreuungsgeld, Arbeitslosen- und Pflegegeld sowie
Notstandshilfe, Lehrlingsentschädigungen und die Bezüge bei Ableistung des
Grundwehr- oder Zivildienstes.
"Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien" übt Kritik
Auf heftige Kritik stößt die Entscheidung der
Bundesregierung bezüglich des Kirchenbeitrags erwartungsgemäß bei den
Organisatoren des "Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien". Deren Sprecher
Jakob Purkarthofer bezeichnet die Entscheidung gegenüber religion.ORF.at als
einen "unglaublichen Anachronismus". "Es ist ein trauriges Zeichen gegenüber
den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, dass der Kirche in
Zeiten, in denen sie moralisch bankrott gegangen ist, noch zusätzliche
Steuergelder zugeschanzt werden", so Purkarthofer. Niko Alm, ebenfalls
Mitglied der Initiative gegen Kirchenprivilegien, sieht die Entscheidung in
einer Aussendung gar "als Verhöhnung der sozial Schwachen und auch der zwei
Millionen Konfessionsfreien in Österreich" an. "Die Familienbeihilfe gibt es
nur mehr bis zum Alter von 23 Jahren, die Mindestsicherung kann nur noch
zwölf Mal im Jahr finanziert werden, bei Forschung und Entwicklungsförderung
wird gespart. Nur für Religionsgemeinschaften gibt es offenbar genug Geld",
so Alm. "Das ist so jenseitig, dass ich nicht einmal weiß, was ich zuerst
kritisieren soll."
(KAP, religion.ORF.at)
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