News 08. 06. 2011

Neue Theorie: Turiner Grabtuch von Künstler Giotto angefertigt

Der italienische Maler und Kunstrestaurator Luciano Buso will das Geheimnis um das umstrittene Grabtuch von Turin gelüftet haben. Seiner Theorie zufolge wurde das Tuch 1315 vom italienischen Künstler Giotto angefertigt.

In einem neuen Buch behauptet Luciano Buso laut einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, an mehreren Stellen auf dem Tuch die Zahl 15 gefunden zu haben – seiner Meinung nach ein Hinweis auf das Jahr 1315. Der berühmte italienische Künstler Giotto soll das Tuch in diesem Jahr geschaffen haben.

Mit der 1988 durchgeführten Radiokohlenstoffdatierung würde sich diese Hypothese jedenfalls vereinbaren lassen: Das Ergebnis besagte damals, dass das Tuch zwischen 1260 und 1390 entstanden sei. Auch mit der Lebenszeit Giottos passt das Datum zusammen: Er wurde 1266 geboren und starb 1337.

Kopie eines beschädigten Originals?

„Ich habe extrem klare Fotos des Tuchs untersucht und mehrmals die Zahl 15 entdeckt“, meint Buso, „im Gesicht, den Händen und in einem Fall sogar so, dass sie aussieht wie ein Kreuz.“ Dass Giotto mit dem Tuch betrügen wollte, glaubt der Experte aber nicht: „Er hat überhaupt nicht versucht, etwas zu fälschen. Das ist klar, weil er es mit „Giotto 15“ signiert hat, um es als sein Werk aus dem Jahr 1315 zu kennzeichnen.“

Weiters geht Buso davon aus, dass das Grabtuch als exakte Kopie eines älteren Originals geschaffen wurde, das mit der Zeit immer mehr beschädigt wurde und schließlich über die Jahrhunderte hinweg verloren ging. Die Kirche habe einen der größten Künstler dieser Zeit mit der Anfertigung einer Kopie beauftragt, mutmaßt Giotto.

Grabtuch-Museum: Theorie „lächerlich“

Der Leiter des Grabtuch-Museums in Turin, Professor Bruno Barberis, hält freilich nichts von Busos Theorie. „Ich halte die Theorie für lächerlich“, sagte er am Mittwoch zur englischen Tageszeitung „Daily Mail“. „Seine Behauptung, dass das Tuch von Giotto angefertigt wurde, ist für mich nicht sehr überzeugend. Wir gehen davon aus, dass es nicht durch künstlerische Mittel gemacht wurde.“ Vielmehr sei das Tuch tatsächlich durch den Körper eines gefolterten und gekreuzigten Mannes entstanden – auch wenn über seine Herkunft noch zahlreiche Tests ausstünden, so Barberis laut dem Bericht in der „Daily Mail“.

Das Grabtuch von Turin ist seit Jahrhunderten eines der größten Rätsel der Kirchen- und Kunstgeschichte. Skeptiker berufen sich auf die Radiokohlenstoff-Datierung von 1988 während Befürworter der Authentizität des Tuchs die Seriosität dieser Untersuchung anzweifeln. Schon vor Buso haben einige Wissenschaftler und Grabtuch-Fanatiker behauptet, versteckte Botschaften in hebräischer oder griechischer Sprache gefunden zu haben. Diese konnten allerdings nie nachgewiesen werden.

Als historisch bewiesen gilt die Existenz des Grabtuchs ab Mitte des 14. Jahrhunderts. Zuletzt öffentlich ausgestellt wurde es 2010 auf Anordnung von Papst Benedikt XVI. Die nächste öffentliche Ausstellung ist für 2025 geplant.

 

Michael Weiß, religion.ORF.at

 

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