Neue Theorie: Turiner Grabtuch von Künstler Giotto angefertigt
Der italienische Maler und Kunstrestaurator Luciano Buso will das
Geheimnis um das umstrittene Grabtuch von Turin gelüftet haben. Seiner
Theorie zufolge wurde das Tuch 1315 vom italienischen Künstler Giotto
angefertigt.
In einem neuen Buch behauptet Luciano Buso laut einem
Bericht der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, an mehreren Stellen auf
dem Tuch die Zahl 15 gefunden zu haben – seiner Meinung nach ein Hinweis auf
das Jahr 1315. Der berühmte italienische Künstler Giotto soll das Tuch in
diesem Jahr geschaffen haben.
Mit der 1988 durchgeführten Radiokohlenstoffdatierung
würde sich diese Hypothese jedenfalls vereinbaren lassen: Das Ergebnis
besagte damals, dass das Tuch zwischen 1260 und 1390 entstanden sei. Auch
mit der Lebenszeit Giottos passt das Datum zusammen: Er wurde 1266 geboren
und starb 1337.
Kopie eines beschädigten Originals?
„Ich habe extrem klare Fotos des Tuchs untersucht und
mehrmals die Zahl 15 entdeckt“, meint Buso, „im Gesicht, den Händen und in
einem Fall sogar so, dass sie aussieht wie ein Kreuz.“ Dass Giotto mit dem
Tuch betrügen wollte, glaubt der Experte aber nicht: „Er hat überhaupt nicht
versucht, etwas zu fälschen. Das ist klar, weil er es mit „Giotto 15“
signiert hat, um es als sein Werk aus dem Jahr 1315 zu kennzeichnen.“
Weiters geht Buso davon aus, dass das Grabtuch als
exakte Kopie eines älteren Originals geschaffen wurde, das mit der Zeit
immer mehr beschädigt wurde und schließlich über die Jahrhunderte hinweg
verloren ging. Die Kirche habe einen der größten Künstler dieser Zeit mit
der Anfertigung einer Kopie beauftragt, mutmaßt Giotto.
Grabtuch-Museum: Theorie „lächerlich“
Der Leiter des Grabtuch-Museums in Turin, Professor
Bruno Barberis, hält freilich nichts von Busos Theorie. „Ich halte die
Theorie für lächerlich“, sagte er am Mittwoch zur englischen Tageszeitung
„Daily Mail“. „Seine Behauptung, dass das Tuch von Giotto angefertigt wurde,
ist für mich nicht sehr überzeugend. Wir gehen davon aus, dass es nicht
durch künstlerische Mittel gemacht wurde.“ Vielmehr sei das Tuch tatsächlich
durch den Körper eines gefolterten und gekreuzigten Mannes entstanden – auch
wenn über seine Herkunft noch zahlreiche Tests ausstünden, so Barberis laut
dem Bericht in der „Daily Mail“.
Das Grabtuch von Turin ist seit Jahrhunderten eines der
größten Rätsel der Kirchen- und Kunstgeschichte. Skeptiker berufen sich auf
die Radiokohlenstoff-Datierung von 1988 während Befürworter der
Authentizität des Tuchs die Seriosität dieser Untersuchung anzweifeln. Schon
vor Buso haben einige Wissenschaftler und Grabtuch-Fanatiker behauptet,
versteckte Botschaften in hebräischer oder griechischer Sprache gefunden zu
haben. Diese konnten allerdings nie nachgewiesen werden.
Als historisch bewiesen gilt die Existenz des Grabtuchs
ab Mitte des 14. Jahrhunderts. Zuletzt öffentlich ausgestellt wurde es 2010
auf Anordnung von Papst Benedikt XVI. Die nächste öffentliche Ausstellung
ist für 2025 geplant.
Michael Weiß, religion.ORF.at
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