50. Jahrestag des Mauerbaus: Kirchen in Berlin erinnern an Opfer
Mit einer ökumenischen Andacht in der Berliner "Kapelle der Versöhnung"
erinnern die evangelische und die katholische Kirche am kommenden Samstag an
den 50. Jahrestag der Errichtung der Berliner Mauer am 13. August 1961.
In der Kapelle auf dem Gelände der Mauergedenkstätte in
Berlin-Mitte beginnt um 11.15 Uhr eine ökumenische Andacht mit dem
katholischen Weihbischof Matthias Heinrich und dem evangelischen
Landesbischof Markus Dröge. Auch der deutsche Bundespräsident Christian
Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben ihre Teilnahme an der
Gedenkfeier angekündigt. Bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag werden
von Mitternacht bis 6 Uhr früh in der Kapelle die Biografien der an der
Mauer getöteten Menschen verlesen. Auf Anregung des Ökumenischen Rats der
Kirchen sollen zudem am 13. August um 12 Uhr Kirchenglocken in ganz Berlin
erklingen und eine Schweigeminute einläuten.
Gotteshaus aus gestampftem Lehm
Der Schauplatz der ökumenischen Andacht, die "Kapelle
der Versöhnung", hat einen Österreichbezug: Sie wurde nach Plänen der
Berliner Architekten Peter Sassenroth und Rudolf Reitermann vom
österreichischen Lehmbauspezialisten Martin Rauch errichtet. Das
ungewöhnliche Gotteshaus ist ein oval geformter Stampflehmbau mit einem den
Innenraum umschließenden Wandelgang, der nach außen von einer
lichtdurchlässigen Holzlamellen-Ummantelung begrenzt wird. Die feierliche
Einweihung erfolgte im Jahr 2000.
Die "Kapelle der Versöhnung" auf dem ehemaligen
Grenzstreifen zwischen Ost- und Westberlin wurde genau am Standort der
ehemaligen Versöhnungskirche errichtet. Seit dem Mauerbau 1961 lag die
Kirche der evangelischen Versöhnungsgemeinde unerreichbar im Todesstreifen
und wurde zum mahnenden Symbol der Teilung Deutschlands und Europas. Im Zuge
des stetigen Grenzausbaus wurde sie 1985 auf Befehl der DDR-Regierung
gesprengt. Nach der Wiedervereinigung erhielt die Versöhnungsgemeinde ihr
Kirchengrundstück mit der Auflage zurück, es für sakrale Zwecke zu nutzen.
Ort der Erinnerung und Andacht
Integriert in die neue Kapelle ist die freigelegte
Kellertreppe der alten Kirche mit Resten einer 1961 beim Mauerbau
zugemauerten Kellertür, über der das gerettete Altarbild steht. Es befindet
sich in einer Nische, die als Lichtschacht das kupferbeschlagene Dach
überragt. Daran schließt der ovale, nach Osten ausgerichtete Kern der
Kapelle aus massivem Stampflehm an. Im neuen Altar der Kapelle liegt das
Mauertotenbuch. Vor der Kapelle sind die geretteten Glocken der gesprengten
Versöhnungskirche in einem Holzgerüst aufgehängt. Sie werden von Hand
geläutet.
Die Kapelle ist die Gottesdienststätte der
evangelischen Versöhnungsgemeinde und zugleich Teil der Gedenkstätte
Berliner Mauer. Gemeindemitgliedern wie Besuchern dient die Kapelle als Ort
der Erinnerung und Andacht. Regelmäßig wird hier der Todesopfer an der
Berliner Mauer gedacht.
Ihr Erbauer Martin Rauch ist ein 1958 geborener
Vorarlberger, der bereits mehrfach Sakralbauten aus Lehm gestaltete. So
gehen u.a. das Geistliche Zentrum Embach, das Kirchenzentrum Riem sowie
Friedhöfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf seine Entwürfe
zurück. Zum Lehmbau kam Rauch - wie es auf der Webseite www.lehmtonerde.at
heißt - nicht über die Architektur, sondern über seine Ausbildung und erste
Arbeiten als Keramiker, Ofenbauer und Bildhauer.
(KAP)
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