Küng: Menschen mit Down-Syndrom vor Geburt „ausgesiebt“
Zu uneingeschränkter Annahme von Menschen mit Behinderung hat Bischof Klaus Küng am Dienstag in Tainach/Tinje (Kärnten) anlässlich des Welttages der Menschen mit Down-Syndrom (21. März) aufgerufen. Neues Blut-Testverfahren soll auch in Österreich Down-Syndrom frühzeitig erkennen.
Das Datum des 21.3. stehe symbolisch für das Chromosom 21, das bei Down-Syndrom-Menschen dreimal gegeben ist. Doch sei es fraglich, wie lange es diesen Welttag noch geben wird, so Österreichs "Familienbischof" Klaus Küng. Er wies darauf hin, dass sich etwa in der Schweiz nach Studien 92 Prozent der Eltern bei einer möglichen (aber nicht immer sicheren) Diagnose auf Trisomie 21 für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Weltweit bewege sich der Prozentsatz um die 80 Prozent. Ein Großteil der Kinder mit dieser Behinderung werde somit schon vor der Geburt „ausgesiebt“, beklagte der St. Pöltener Bischof am Rande der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Tainach.
Schon bald neuer Down-Syndorm Test in Österreich
In Österreich soll Mitte des Jahres ein pränatales Bluttestverfahren der Firma Lifecodexx zugelassen werden. Ausgangspunkt des LifeCodexx-Verfahrens ist die Feststellung, dass sich im Blut einer schwangeren Frau Teile der Erbinformation des Ungeborenen (DNA-Fragmente) befinden. LifeCodexx will diese mit Hilfe von "innovativen" Laborverfahren und -geräten analysieren. So preist es die Website der Firma im Internet an. Im Fachjargon spricht man von der Sequenzierung der DNA. Nach ein paar Tagen liegt dem verantwortlichen Arzt das Ergebnis vor. Über 1000 Euro soll so ein Test kosten.
Mehr Information und Aufklärung
Monika Hallbauer vom Dachverband Down-Syndrom in Österreich fordert im Gespräch mit religion.ORF.at mehr Information und Aufklärung der werdenden Eltern. "Der neue Test erhöht den schon heute spürbaren gesellschaftlchen Druck auf Schwangere, pränatal "vermeidbare" Kinder nicht zu bekommen, da der Aufwand und das eingriffsbedingte Risiko der Untersuchung abnehmen. Da auch der Zeitpunkt eines davon ausgehenden Schwangerschaftsabbruchs so weit nach vorne gezogen wird, dass dieser erfolgen kann, bevor das Umfeld von der Schwangerschaft weiß, wird eine "Schwangerschaft unter Vorbehalt" möglich". Monika Hallbauer sieht darin eine in ethischer Hinsicht problematische Entwicklung.
Wenig Zeit zwischen Diagnose und Schwangerschaftsabbruch
Da zwischen Diagnosevermittlung und Schwangerschafts-abbruch für werdende Eltern meist wenig Zeit liegt, fordert Down-Syndrom Österreich, dass "Eltern die Chance bekommen müssen, von einer verantwortungsvollen, gesetzlich vorgesehenen Beratung begleitet zu werden. Diese Begleitung soll über die positiven Entwicklungsmöglichkeiten und individuelle Besonderheiten von Kindern mit Down-Syndrom informieren." Und weiter fordert Hallbauer: "Diese Bedenkfrist muss gesetzlich verankert werden Eltern müssen über die Möglichkeiten der Pränataldiagnostik informiert werden, bevor sie in Anspruch genommen wird."
Widerstand gegen Test-Verfahren in Deutschland
In Deutschland, wo der Test bereits im April auf den Markt kommen soll, formiert sich Widerstand. "Wollen wir wirklich eine Gesellschaft, die nur normiertes, gesundes und schönes Leben zulässt?“, fragte Elzbieta Szczebak vom Deutschen Down-Syndrom Infocenter. Und der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), sprach im Vorfeld von einer „Rasterfahndung“, um Behinderte auszusortieren und zu töten.
Küng: „PID dient nie der Heilung“
Küng sprach in seiner Stellungnahme zwei weitere Themen an, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Behinderung stehen: die sogenannte „eugenische Indikation“, die eine Abtreibung eines Kindes bei Behinderung bis unmittelbar vor der Geburt ermöglicht, und die Präimplantationsdiagnostik (PID). Küng: „PID dient nie der Heilung, sondern immer nur der Auslese, nicht zuletzt auch der Kinder mit Trisomie 21. PID ist auch durch Einschränkungen kaum zu begrenzen. Wir müssen uns ernsthaft fragen, welche Botschaft wir unseren Kindern und Mitmenschen senden, wenn wir sagen: Ich nehme dich an, aber nur, wenn du so bist, wie es mir passt.“
„Wert des Lebens gerecht werden“
Das Leben jedes Menschen - auch eines behinderten und kranken - stelle einen unendlichen Wert dar. Der Bischof appellierte daher anlässlich des Tages der Menschen mit Trisomie 21 an alle Menschen in Politik und Gesellschaft, diesem Wert des Lebens gerecht zu werden.
(Marschalek / religion.ORF.at)
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Veranstaltung:
Im Wiener Stephansdom wird der Welttag der Menschen mit Down-Syndrom mit einem Gottesdienst am Sonntag, 25. März, 18 Uhr, begangen. Dompfarrer Anton Faber lädt dazu ein. Junge Menschen mit Down-Syndrom werden bei der Gestaltung der Messfeier als Lektoren und Ministranten mitwirken.