News 21. 03. 2012

Cao Dai: Delegation der drittgrößten Religion Vietnams besucht Wien

Dai Dao Tam Ky Pho Do, kurz Cao Dai, zählt zu den sechs offiziell anerkannten Religionen im heutigen Vietnam und ist seit Gründung im Jahre 1926 eng verstrickt mit der turbulenten Geschichte des Landes. Eine Delegation dieser für die Geschichte Vietnams bedeutsamen Bewegung wird erstmals in Österreich die Grundfesten der eigenen Geschichte und Lehre vorstellen.

In Ostasien gibt es derzeit eine Vielzahl an neureligiösen Bewegungen, deren Gemeinsamkeit im Versuch die Religion zu einen liegt: „Cao Dai ist ein Paradebeispiel für ostasiatische neue Religionen, die eine Synthese aller Religionen anstreben“, erklärt Religionswissenschafter und Organisator des Besuchs, Lukas Pokorny, im Interview mit religion.ORF.at. In die Glaubenswelt der Cao Dai Anhänger fließen Elemente aus Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus ein.  Aber auch Moses, Laotse und Jesus gelten als Propheten, die der „Verkündigung der neuen Botschaft, die alle Heilsverkündungen zusammenführen soll“, vorangegangen seien, so Pokorny. 

Propheten sprachen nur als Menschen

Diese neue Botschaft habe ein vietnamesischer Beamter in den 1920er Jahren im Rahmen von spiritistischen Séancen direkt von der Gottheit selbst, die in Kurzform ebenfalls Cao Dai  (wörtlich: großes Gebäude) genannt wird, empfangen. Es wird angenommen, dass die Propheten zuvor Lehren der Gottheit verkündeten, diese jedoch an die jeweiligen Kontexte, also regionale und gesellschaftliche Gegebenheiten, angepasst wurden. Außerdem sprachen die Propheten als Menschen zu anderen Menschen“ schildert Pokorny.  Nach Annahme der Cao Dai –Bewegung habe sich die Gottheit zu Beginn der 1920er Jahre erstmals selbst ein Medium gesucht und durch dieses direkt zu den Menschen gesprochen.  

„Bunte Bewegung, kreative Doktrin“

Binnen kürzester Zeit hatte Cao Dai eine große Anhängerschaft und zählt heute 2-3 Millionen Mitglieder in Vietnam und etwa 30 000 Anhänger die, zum großen Teil aufgrund des Vietnamkrieges, in der Diaspora leben. „Cao Dai strebt eine Internationalisierung an“, erklärt Pokorny, seit kurzem gebe es auch erste nicht-vietnamesische Mitglieder. Dass der Besuch der Delegation nicht als Missionsveranstaltung zu sehen ist, sondern eher als Gelegenheit für Interessierte, betont der an der Universität Aberdeen (Schottland) tätige Ostasien-Experte. Cao Dai sei eine „sehr bunte Bewegung mit kreativer Doktrin".

Durch den Geburtenkreislauf zum Einen Gott

Basis der Doktrin von Cao Dai ist die Annahme eines einzigen Gottes. Zu diesem Gott kann man gelangen, indem man durch tugendhaftes Verlangen den Geburtenkreislauf durchbricht. Aber auch die Schaffung von weltlicher Harmonie durch rechtes Verhalten ist eines der großen Ziele der Cao Dai-Anhänger. Unter tugendhaftem Verhalten werde Pokorny zufolge Ehrlichkeit, Bescheidenheit, rechte Rede und das Vermeiden von Gewalt verstanden.

Von Unterdrückung geprägt

Heute gilt die Offenbarung der Gottheit Cao Dai insofern als abgeschlossen, da weitere spiritistische Sèancen durch den Staat verboten wurden. Zu groß scheint die Angst der Machthaber vor revolutionären Ideologien zu sein. Staatliche Repressionen prägen seit Anbeginn der Bewegung die Entwicklung der Gemeinschaft. In der Entstehungszeit der Gruppe stand Vietnam unter französischer Herrschaft, und Cao Dai engagierte sich für die Unabhängigkeit des Landes, was der Kolonialmacht ein Dorn im Auge war. „Diese Verbundenheit mit der turbulenten Vergangenheit Vietnams macht die Bewegung auch zeitgeschichtlich interessant“, sagt Pokorny, der selbst längere Zeit in Tay Ninh, am Hauptsitz der Bewegung, forschte.

Position des Papstes nicht besetzt

Die streng  hierarchisch aufgebaute Gruppierung nutzt – zumindest in der Übersetzung - katholische Amtsbezeichnungen, etwa Kardinal und Bischof. Die Position des Papstes konnte jedoch – aufgrund von staatlicher Repression – seit 1935 nicht mehr besetzt werden. Nach Wien kommen nun insgesamt 13 Mitglieder von Cao Dai in Begleitung eines Religionswissenschafters aus Bangladesch.  Im Rahmen der, in Kooperation mit dem Institut für Religionswissenschaft und dem Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Wien, organisierten Veranstaltung  wird die Gruppe erstmals in Österreich die Eckpfeiler der eigenen Entstehungsgeschichte und Glaubensinhalte vorstellen.

 

(religion.ORF.at, Astrid Mattes)

 

 

 

 

Mehr Dazu
Veranstaltungstipp:

„Cao Dai - A Profile“

 

26. März 2012, 18:00- 19:30

Seminarraum I,

Universitätscampus Wien, Hof 1

 

(Vortrag in Englisch)

 

Link:

 

zur Webpräsenz von Cao Dai