News 24. 04. 2012

Händewaschen soll Weltkulturerbe werden

Die Ordensmänner des Benediktinerklosters Gut Aich setzen sich gemeinsam mit den gemeinnützigen "Badblumauer Werkstätten" dafür ein, dass das rituelle Händewaschen im Benediktinerkloster zum Weltkulutrerbe wird. Vor rund 14 Tagen haben sie das Ritual des Händewaschens als immaterielles Weltkulturerbe bei der Unesco eingereicht.

"Es ist eine Form der Lebensqualitätsvermittlung, die so menschlich, einfach und voller Ehrfurcht ist", erklärte Johannes Pausch, Prior des Klosters Gut Aich, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Das Händewaschen ermögliche die Begegnung auf Augenhöhe und sei ein Zeichen, dass religions- und kulturübergreifend verstanden werde. Pauscherklärt gegenüber „Kathpress“: "Wenn wir uns um eine gemeinsame Kultur bemühen, brauchen wir zunehmend Rituale, die uns verbinden."

Ritual geht auf Heiligen Benedikt zurück

Bei den Benediktinern hat das Händewaschen als Begrüßungsritual eine lange Tradition. Nachdem es außerhalb des Klosters Aufgabe von Dienstboten gewesen war, betraute einst der heilige Benedikt - Ordensgründer Benedikt von Nursia - in der Zeit des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter den jeweiligen Leiter eines Klosters mit der Waschung der Gäste. Trotzdem ist das Ritual selbst unter den Benediktinern sozusagen vom Aussterben bedroht. Das Kloster Gut Aich hat es von Beginn seiner - vergleichsweise noch jungen - Geschichte hochgehalten und betreibt das Händewaschen als Willkommensgruß für seine Gäste sehr intensiv seit rund zwei Jahren.

Sich willkommen fühlen

Das Ritual solle den Gästen ermöglichen, im Kloster "anzukommen", berichtete P. Pausch. "Wenn ich ihnen die Hände wasche, dann ist da zuallererst Erstaunen - auch darüber, dass der Chef des Klosters selbst das macht", so der Ordensmann. "Wir begegnen uns dabei auf einer Ebene. Durch dieses Ritual wissen die Gäste: 'Ich bin willkommen.' Dafür reicht nicht immer nur das Wort allein", sagte der Geistliche. Die Rückmeldungen seien positiv, die Menschen zeigten sich berührt. "Ich bilde mir nicht ein, mit dieser kleinen Geste ein Wunder zu bewirken. Aber wenn die Menschen sagen: 'Das hat mich zutiefst berührt.' Dann bin auch ich sehr berührt", so Pausch.

„Leere schaffen“

Das Ritual schaffe Beziehung und ermögliche zwischenmenschliche Berührung in einer "Zeit der zunehmenden Oberflächlichkeit und Hektik", berichtete der Leiter der "Badblumauer Werkstätten", Robert Rogner, von seinen Erfahrungen mit dem Händewaschen. Rogner, seit Jahren bereits partnerschaftlich mit dem Kloster Gut Aich verbunden, hat im Hotel "Rogner Bad Blumau" das Händewaschen ebenfalls als Begrüßungsgruß eingerichtet. Wenn die Gäste nach langer Anfahrt ankämen, seien sie "voll von Themen. Wir dringen nicht zu ihnen durch." Die Einführung des Rituals habe hier positive Effekte gebracht. Rogner: "Händewaschen schafft offenbar die Leere, die man braucht, um überhaupt in Beziehung treten zu können."

Händedruck am Aussterben?

Pausch weist ebenfalls darauf hin, dass heutzutage das Leben oftmals auf eine "virtuelle" Welt reduziert werde. Hier seien Rituale, die den realen Austausch mit den Mitmenschen und praktische Erfahrungen ermöglichten, wichtig. Von der Einreichung zum Weltkulturerbe erwarte man sich schlichtweg "Wertigkeit", betonte Rogner. Auf die Frage, ob denn nicht das Händeschütteln als Ersatz für das Händewaschen reiche, erklärte Pausch, der Händedruck sei eine mitteleuropäische Tradition - "noch", betonte er. "Mittlerweile reduziert es sich auf 'Hallo' und 'Hi'. Die Beziehung wird schon sehr dünn." Vielleicht werde man bald auch den Händedruck bei der Unesco einreichen müssen, "wenn die Distanzierung und die Angst der Menschen voreinander noch größer wird", sagte der Ordensmann.

"Benediktiner für Europa"

Offiziell ist das Europakloster Gut Aich im St. Gilgener Ortsteil Winkl im Jahr 2004 errichtet worden - sozusagen nach elfjähriger "Bewährungszeit". Pausch ist seither erster Prior des Klosters. Die Ordensmänner nennen sich "Benediktiner für Europa": Sie wollen demnach ein Zeichen für ein Europa sein, in dem die Vielfalt von Menschen und Völkern nicht Hindernis, sondern Chance für ein erfülltes Leben ist. Neben dem Gästehaus betreiben sie u. a. auch das "Hildegardzentrum", ein Ambulatorium für Physiotherapie und Psychotherapie. Ursprünglich dürfte Gut Aich zum Kloster Mondsee gehört haben, denn es liegt am alten Wallfahrtsweg zwischen dem ehemaligen Benediktinerkloster Mondsee und St. Wolfgang, am Fuße des Schafberges. 1938 wurde es von den Franziskanerinnen von Au am Inn erworben und bis 1989 als Kinderheim geführt. Schließlich schenkten die Ordensfrauen das Anwesen den Benediktinern zur Klostergründung.

 

(KAP)