Schweiz: Erstmals eigener Bestattungsplatz für Hindus
Am rechten Reussufer unterhalb der Schweizer Stadt Luzern können Hindus die Asche ihrer Verstorbenen in Zukunft im Fluss beisetzen. Wie der Luzerner Stadtrat am Montag bekanntgab, ist eine bestimmte Stelle am Ufer des viertgrößten Flusses der Schweiz ab sofort für hinduistische Beisetzungszeremonien vorgesehen.
Bisher gibt es in der Schweiz für Hindus keine vergleichbare Möglichkeit. „Beisetzungstourismus“ solle allerdings verhindert werden, so der Luzerner Stadtpräsident Urs Studer, der erklärte, dass der Bestattungsplatz nur von Luzerner Hindus genutzt werden soll. Der kantonale Gewässerschutz limitierte die Anzahl der Beisetzungen nämlich auf maximal zwanzig pro Jahr. Bei kommerzieller oder starker Nutzung würde dieser einschreiten, sagte Studer. Aufgrund von Bevölkerungszahlen und Erfahrungswerten rechnet man mit fünf bis zehn Beisetzungen pro Jahr.
„Jedes Wasser ist heilig“
In Österreich ist die Situation für Hindus schwieriger. Ein eigenständiges Verstreuen der Asche eines Verstorbenen ist hier nicht erlaubt, da zu jeder Art von Beisetzung eine Lizenz als Bestatter notwendig ist. „Es ist gängige Praxis, dass die Asche von Verstorbenen nach Indien gebracht wird“, erklärt die Generalsekretärin der hinduistischen Religionsgesellschaft, Christina Kundu, im Gespräch mit religion.ORF.at. „Ein Verstreuen der Asche im Ganges ist ideal, aber jedes Wasser ist heilig“, sagt Kundu, die auch wesentliche Veränderungen in der hinduistischen Gemeinschaft beobachtet: „Kinder, deren Eltern nach Österreich gekommen sind, haben mittlerweile selbst Kinder und fühlen sich hier zu Hause. Die zweite Generation will hier beigesetzt werden.“
Asche der Donau übergeben
Ganz unmöglich ist die Übergabe der Asche von Verstorbenen in Österreich jedoch nicht: Ein niederösterreichisches Bestattungsunternehmen ermöglicht unter anderem eine Beisetzung der Asche von Verstorbenen in der Donau. „Von einem Schiff aus wird dabei die Asche in einem Behältnis aus Zellulose, das sich rasch auflöst, dem Fluss übergeben“, erklärt Elisabeth Zadrobilek von der Firma „Naturbestattung“ im Gespräch mit relgion.ORF.at. Diese Möglichkeit der Beisetzung, die seit 2008 angeboten wird, werde immer beliebter. Die Anzahl der durchgeführten Flussbestattungen liege bereits im dreistelligen Bereich, so Zadrobilek.
Hindus wünschen sich offizielle Regelung
Von Hindus sei die Flussbestattung bisher aber nicht in Anspruch genommen worden, sagt Zadrobilek. Christina Kundu erklärt dies einerseits mit der immer noch weit verbreiteten Praxis, Asche nach Indien zu überführen. „Wünschenswert wäre eine offizielle Regelung, etwa durch die Bestattung Wien.“ Viele Hindus könnten sich nämlich die mit relativ hohen Kosten verbundene Flussbestattung nicht leisten oder würden gleich auf die ebenso kostspielige Überführung der Asche zurückgreifen. Außerdem wäre es wichtig, dass „bestimmte Riten beim Ausstreuen der Asche“ vollzogen werden könnten, so Kundu. „Dass es Möglichkeiten zur Beisetzung in Österreich gibt, wird immer relevanter“, meint die Generalsekretärin im Hinblick auf hier geborene Hindus.
Trauerzeremonie mit Blütenblättern und Reisbällchen
Für Hindus haftet dem Tod eine spirituell verunreinigende Wirkung an. Deshalb kremieren sie ihre Verstorbenen. Die Verbrennung trägt gemäß dem Glauben der Hindus auch dazu bei, dass der als unzerstörbar gedachte, nicht-physische „Kern“ des Menschen, der Atman genannt wird, sich leichter vom Körper lösen kann. Danach wird die Asche der Verstorbenen in ein bewegtes Gewässer gegeben. Das soll für die Wiedergeburt reinigen. Nun also können die Luzerner Hindus in einer Trauerzeremonie die Asche zusammen mit Blütenblättern und Reisbällchen an einem festen Ort in die Reuss streuen. Das Ritual finde jeweils vormittags statt und dauere maximal zwanzig Minuten, sagte Stadtpräsident Studer. Nur die engsten Angehörigen - also höchstens zwanzig Personen - würden dabei sein.
Schweiz: Verstreuen von Asche grundsätzlich erlaubt
Im Kanton Luzern ist es grundsätzlich erlaubt, die Asche von Verstorbenen im Freien zu verstreuen, pro Jahr werden mehr als 100 Urnen von Angehörigen mitgenommen. Es sei aber ein Zeichen des Willkommenseins und der Integration, dass nun auch die Hindus einen festen Ort für die Beisetzung erhielten, sagte Stadtpräsident Studer. Bisher bewahrten die meisten Hindus die Asche der Verstorbenen zu Hause auf oder brachten sie - unter schwierigen Bedingungen - in ihre alte Heimat zurück.
Hindupriester fragte bei Stadt an
Sarma fragte deshalb bei der Stadt an, ob und wo die Beisetzung von Verstorbenen in Luzerner Gewässern möglich sei. Zusammen mit der katholischen und reformierten Kirche evaluierte sie diesen Ort in der Nähe der katholischen St.-Karli-Kirche, wo sich auch ein kleiner Tempel der Hindus befindet. Er sei sehr dankbar für dieses Entgegenkommen, sagte der Hindupriester. Im Kanton Luzern leben rund 2 500 Menschen hinduistischen Glaubens. Sie sind größtenteils Tamilen, die während des Krieges aus Sri Lanka flüchteten. Rund die Hälfte davon wohnt in der Stadt Luzern.
(sda/Astrid Mattes)
Lexikon Hinduismus
Tod und Übergang
Der Tod gilt im Hinduismus als Vorgang der Transformation. Wichtig ist, dass der Sterbende seinen Tod annimmt und auf diesen Tod vorbereitet ist. Grabsteine oder Gedenkfeiern gibt es nicht. Der Totenritus sieht vor, dass der Tote gewaschen, gesalbt und in ein Leichentuch gehüllt wird. Anschließend erfolgt die Totenverbrennung. Der Feuergott Agni wird gebeten, die Seele des Toten zu begleiten
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Hiduistische Religionsgesellschaft