News 19. 06. 2012

Sommersonnenwende: Brauchtum, Glaube und Magie

Der längste Tag des Jahres bricht am Donnerstag (21. Juni) an - und damit beginnt der Sommer offiziell. Seit jeher ist dieser Tag mit kultischen Handlungen, Traditionen und Bräuchen aus dem Volksglauben verbunden. Der längste Tag des Jahres hatte bereits in prähistorischer Zeit eine besondere Bedeutung. Keltische Bräuche vermischten sich später mit christlichen. Gefeiert wird in Europa immer noch.

Zur Sommersonnenwende lodern im alpinen Raum und in weiten Teilen Europas die - gewollten - Brände. Die Zeit um den astronomisch längsten Tag im Jahr ist Schwerpunkt des Feuerbrauchs, der über die Jahrhunderte eine bewegte Geschichte hat und auch heute noch weit verbreitet ist.

Spuren aus der Steinzeit

Archäologen haben entdeckt, dass bereits die Kulturen der Steinzeit die Sommersonnenwende bestimmen konnten. Ein Beleg dafür fand sich zum Beispiel 2004 im 7000 Jahre alten Sonnenobservatorium in Goseck (Sachsen-Anhalt). Bezüge zum längsten Tag des Jahres werden auch in der berühmten Felsanlage von Stonehenge in Großbritannien vermutet, die schätzungsweise um 3100 vor Christus errichtet wurde.

Keltische Mythen

Bei Kelten und Germanen, war die Sonnenwende ein Höhepunkt im Jahresablauf - und Anlass für Feste zu Ehren der Fruchtbarkeit. Der Tag galt im Volksglauben später als sagenumwoben und geheimnisumwittert. Es hieß, Hexen und Dämonen seien los, aus Höhlen ließen sich verborgene Schätze heben, während aus Bächen und Seen der Klang versunkener Glocken zu hören sei. Da die milden Sommernächte jedoch als weit weniger gefährlich wahrgenommen wurden als die Zeit der Sonnenwende im Winter wurden aus Abwehrzaubern gegen das Böse heitere Volksfeste - im Mittelpunkt standen häufig Feuer und Wasser.

Christianisierung: Abschaffung scheiterte

Unter Volkskundlern gilt das Feuer als eines der wichtigsten Mittel des Brauchtums überhaupt. Feuer und Rauch haben eine schützende und reinigende Bedeutung, die Flamme gilt als "Lebenslicht". Klassische Deutungen sprechen von Solar-, Not- und Reinigungsfeuern. Nach der Christianisierung versuchte die Kirche, die heidnische Sonnenwend-Tradition abzuschaffen. Da alle Versuche scheiterten, legte man schließlich den Gedenktag für Johannes den Täufer auf den 24. Juni - und übernahm zahlreiche Bräuche. Das Feuer stand nun für Jesus Christus. Am Abend der Johannisnacht gab es ein Feuerspringen auf dem Dorfplatz oder Johannisfeuer auf Anhöhen. Das "Peterlfeuer" am 29. Juni wurde als Alternativtermine mit christlicher Sinngebung forciert. In Tirol wurde das Sonnwendfeuer durch das Herz-Jesu-Feuer ersetzt, das an die Befreiungskriege gegen Napoleon erinnern soll.

„Verbotene heidnische Lustbarkeiten“

Um das Sonnwendfeuer rankt sich viel "Volks- und Aberglauben", weshalb ein Chronist bereits zur Zeit Maria Theresias von "verbotenen heidnischen Lustbarkeiten" sprach: Die Zahl der gesehenen Feuer galten als Heiratsorakel, am Feuer zubereitete Speisen, deren Zutaten gestohlen sein mussten, wurden besondere Kräfte zugeschrieben. Auch der Funkenflug wurde für Deutungen herangezogen. Spektakulär sind Puppenverbrennungen: Hänsel und Gretel, der Peterl oder einfach Hexen gehen in Flammen auf. In der Zeit der Gegenreformation wurde aus Hänsel und Gretel "der Luther und seine Kathl" - eine in Tirol bis 1913 überlieferte Ausformung des Brauches.

21. Juni eigentlich Sommermitte

Exakt um 1.09 Uhr MESZ erreicht unser Zentralgestirn bei seinem scheinbaren jährlichen Lauf an der Himmelskugel seinen höchsten Punkt. Der Tag beginnt ein wenig früher als der Tag zuvor und endet ein wenig später. Zu Sommerbeginn scheint es, dass die Sonne stillsteht. Drei oder vier Tage um den 21. Juni geht ihre Scheibe an fast den selben Stellen des Horizonts auf und unter, wie ein Pendel, das am Endpunkt seiner Schwingung zum Stillstand kommt. Obwohl der 21. Juni vom Sonnenstand her eigentlich die Mitte des Sommers darstellt, signalisiert die Sonnenwende im Juni in vielen Kulturen erst den Sommerbeginn. Tatsächlich setzt in den nördlichen Breiten das wirklich heiße Wetter meist erst einige Wochen danach ein. Diese Verzögerung hat ihre Ursache in der Isolierwirkung der Erdoberfläche, die auch dann noch die Kälte des Winters festhält, wenn die Sonnenwärme schon zugenommen hat.

 

(APA/dpa)