News 02. 07. 2012

Yad Vashem mit neuer Inschrift zur Rolle von Papst Pius XII.

Die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat ihre umstrittene Inschrift zur Rolle Papst Pius XII. während der NS-Judenverfolgung geändert. Zwar wird Pius XII. (1939-1958) in dem neuen Text weiter dafür gerügt, dass die Kirche nicht öffentlich für die verfolgten Juden eingetreten sei. Allerdings werden die komplexen Vorgänge differenzierter dargestellt. Zugleich kritisiert die aktualisierte Version implizit, dass der Vatikan immer noch nicht seine Archive für die historische Erforschung der fraglichen Jahre geöffnet habe.

Die Leitung von Yad Vashem erklärte dazu, die Neufassung trage jüngeren Forschungsergebnissen Rechnung. Entgegen anderslautender Berichte sei sie nicht auf Druck des Vatikan erfolgt. Die Forschungsstätte freue sich bereits auf den Tag, an dem der Vatikan weitere historische Forschungen und damit eine neue Sicht auf die Rolle des Heiligen Stuhls ermögliche. Die 2007 neu installierte Inschrift hatte damals für einen diplomatischen Eklat gesorgt. Der päpstliche Nuntius in Israel, Erzbischof Antonio Franco, sagte zwischenzeitlich seine Teilnahme an der Zeremonie zum Holocaust-Gedenktag ab.

Kein Protest

In dem alten Text mit dem Titel „Papst Pius XII. und der Holocaust“ hieß es: „Die Reaktion Pius XII. auf die Ermordung von Juden während des Holocaust ist Gegenstand einer Kontroverse.“ 1933 habe Eugenio Pacelli als Kardinalstaatssekretär „aktiv den Abschluss eines Konkordates mit dem deutschen Regime betrieben“, um die Rechte der deutschen Kirche zu wahren, „auch wenn dies eine Anerkennung des Nazi-Regimes bedeutet“ habe. Nach seiner Papstwahl habe Pius XII. dann vorbereitete Schreiben seines Vorgängers gegen Rassismus und Antisemitismus unter Verschluss gehalten, hieß es dort weiter. Und selbst als Berichte über die Ermordung von Juden den Vatikan erreicht hätten, habe der Papst weder mündlich noch schriftlich protestiert.

„Neutrale Position“

Der alte Text erläuterte weiter, im Dezember 1942 habe Pius XII. darauf verzichtet, eine Erklärung der Alliierten gegen die Judenverfolgung zu unterzeichnen. Er habe nicht gegen die Deportation von Juden aus Rom protestiert und seine „neutrale Position“ während des Kriegs beibehalten. „Sein Schweigen und das Fehlen von Handreichungen“, hieß es wörtlich, „zwangen Kirchenvertreter in ganz Europa, selbst über ihre Weise der Reaktion zu entscheiden.“

„Der Vatikan und der Holocaust“

Der neue Text, der laut der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ am Sonntag angebracht werden sollte, trägt den Titel: „Der Vatikan und der Holocaust“. Darin ist vermerkt, dass Pius' Vorgänger Pius XI. (1922-1939) das Konkordat abgeschlossen habe. Er betont weiter, dass Pius XII. zwar die alliierte Erklärung nicht unterzeichnet habe, fügt aber hinzu, dass der Papst wenige Tage später in einer Radioansprache jene „Hunderttausenden Personen“ erwähnt habe, „die ohne jede persönliche Schuld, teils nur aufgrund ihrer Nationalität oder ethnischen Herkunft, dem Tode oder dem langsamen Verfall preisgegeben“ würden. Dabei, so heißt es, seien jedoch die Juden nicht ausdrücklich genannt worden.

„Moralisches Versagen“

Im Fortgang spricht die neue Tafel von einem „moralischen Versagen“ des Papstes. Das „Fehlen klarer Führung“ habe für viele Raum zur Kollaboration mit dem Nazi-Regime gelassen, mitunter wohl „im Glauben, dass dies nicht der Morallehre der Kirche“ widerspreche. Die Initiative zur Rettung von Juden sei katholischen Laien und Geistlichen überlassen geblieben.

 

(KAP)

 

 

Mehr Dazu
22. 04. 2009

Israel: Yad-Vashem-Direktor betont die Bedeutung des Papstbesuchs

Der Direktor der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Avner Shalev, hat die Hoffnung geäußert, dass Papst Benedikt XVI. in Jerusalem das Gedenken an die Shoah und ihre Opfer  "als einen zentralen Wert für die moralische Grundlage des  religiösen Glaubens" akzentuieren wird.

>>mehr

 

09. 05. 2009

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

Acht Jahre nach Ende des Holocausts beschloss Israels Parlament 1953 den Bau einer Forschungs- und Gedenkstätte für die etwa sechs Millionen Opfer der Judenvernichtung. Yad Vashem ("Denkmal und Name") sollte den häufig anonymen Opfern des Nazi-Terrors einen Namen geben und sicherstellen, dass die Toten niemals vergessen werden.

>>mehr