News 11. 07. 2012

Gedenken am Jahrestag von Srebrenica

In Srebrenica haben am Mittwoch rund 35.000 Menschen des Massakers in der ostbosnischen Stadt vor 17 Jahren gedacht. Damals hatten bosnisch-serbische Truppen an die 8.000 Muslime getötet.

Nach der religiösen Feier in der Gedenkstätte Potocari vor den Toren Srebrenicas wurden 520 Opfer des Völkermordes beigesetzt. Sie waren im vergangenen Jahr aus Massengräbern geborgen und identifiziert worden. Insgesamt sind damit jetzt 5.657 Menschen hier bestattet.

Religiöse Gedenkfeier

Wir sind heute da, weil wir an Gerechtigkeit glauben", sagte Camil Durakovic vom Gedenkfeier-Organisationsausschuss in einer kurzen Ansprache. "An dieser heiligen Stätte verteidigen wir unser Recht auf Leben." Die Gedenkfeier, die mit einem Gedicht des bosnischen Dichters Abdulah Sidran begann, hatte zum ersten Mal - auf ausdrücklichen Wunsch der Familienangehörigen - ausschließlich religiösen Charakter.  Die Leitung der Andacht übernahm der bosnische Großmufti Mustafa Ceric. Ebenfalls anwesend waren der New Yorker Arthur Schneier und Prinz Hassan bin Talal, der Onkel des jordanischen Königs Abdullah II.

Gegen Leugnung und Vergessen

Schneier warnte davor, diesen Genozid zu leugnen oder zu vergessen. „Es ist wichtig, so viele Zeugnisse wie möglich von Überlebenden zu sammeln. Das ist das stärkste Instrument, um die Leugnung der Tatsachen zu verhindern“, sagte der in Wien geborene und nach dem Holocaust in die USA ausgewanderte Geistliche. Der von zwei internationalen Gerichten festgestellte Völkermord wird in der serbischen Landeshälfte Bosniens bis heute bestritten.

Friedensmarsch nach Srebrenica

An der Gedenkfeier nahmen auch etwa 7.000 Menschen teil, die am Vorabend nach dem sogenannten „Friedensmarsch“ in Srebrenica eingetroffen waren. Sie hatten einen Fußweg von über 100 Kilometern innerhalb von drei Tagen zurückgelegt. Die Teilnehmer gingen dabei jene Route zurück, auf der die Bewohner Srebrenicas vor den serbischen Truppen geflohen waren.

Kritik an serbischer Kirche

Heftige Kritik wurde im Vorfeld der Gedenkfeier an der Entscheidung der örtlichen serbisch-orthodoxen Gemeinde geübt, am selben Tag - dem orthodoxen Fest des Heiligen Petrus - ein Grillfest samt Fußballturnier und Konzert zu veranstalten. Das sei eine Provokation und Zumutung für die Angehörigen der Opfer, merkten Kritiker an.

Keine Äußerung von orthodoxem Bischof

Von Seiten der serbisch-orthodoxen Kirchenführung ist keine offizielle Stellungnahme bekannt. Erst vor wenigen Tagen hatte sich Bischof Jovan Mladeniovic von Sumadija im Gespräch mit österreichischen Journalisten nicht zu Srebrenica äußern wollen. Zur Frage, ob es sich dabei um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe, sagte der Bischof lediglich, dass mit der Zeit die Wahrheit ans Licht kommen werde.

Prozess in Den Haag

Wegen des Massakers wurden vor dem Haager UNO-Tribunal und dem für Kriegsverbrechen zuständigen Gericht in Sarajevo bisher 38 Personen zu insgesamt 733 Jahren Haft verurteilt. Die Prozesse gegen die zwei Hauptverantwortlichen - den früheren bosnisch-serbischen Präsidenten Radovan Karadzic und seinen Militärchef Ratko Mladic - sind noch im Gange.

 

(APA/dpa/KAP)