News 13. 07. 2012

Sind Fromme friedlicher?

Religiosität kann präventiv gegen Gewalt wirken. Das hat der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, im Rahmen der Pädagogischen Werktagung in Salzburg betont.

Allerdings wirkt der Glaube nur über Glaubensgemeinschaften gewaltpräventiv, schränkte Pfeiffer ein. In Gegenden, wo Menschen isoliert leben, habe die Religiosität keinen Einfluss.

Straffällige Freunde

Der wichtigste Faktor für jugendliche Gewalttäterschaft seien straffällige Freunde, so Pfeiffer. An zweiter Stelle stehe bereits die erlittene Elterngewalt. Alkohol- und Drogenkonsum habe als Förderfaktor von Aggression erfreulicherweise leicht abgenommen, so Pfeiffer. Weitere Faktoren seien Schulschwänzen, gewalthaltige Medien, Migration, Schultyp und Männlichkeitsattitüden. Alle diese Faktoren beeinflussten einander in unterschiedlicher Stärke.

Multi-kausales Verhalten

Den vieldiskutierten Faktor "Gewalt in den Medien" betrachtete der Psychologe Helmut Lukesch auf differenzierte Weise: "Niemand, der sich mit diesem Thema beschäftigt, behauptet, dass allein gewalttätige Spiele Aggression fördern. Das Verhalten ist immer multi-kausal bedingt. Die Disposition dafür baut sich über Jahre auf." Studien zeigten, dass jedoch durch gewalttätige Computer- und Videospiele aggressives Denken und Verhalten gefördert und Hilfeverhalten reduziert werden kann. Bedenklich erscheine dabei die Tatsache, dass kriegsführende Regierungen Computerspiele einsetzen, um Propaganda in die Köpfe zu bekommen.

Positive Effekte

Es gebe aber auch Hinweise, dass prosoziale Spiele freiwilliges wohltuendes Verhalten gegenüber anderen fördern können. Bei Gewalt-und Prosozialitätsdarstellungen im Fernsehen zeige sich der größte positive Effekt, wenn beide kombiniert dargestellt würden und am Ende die Gewalt "bestraft" werde, so Lukesch.

Soziale Umfeld

Der Freiburger Psychologe und Psychotherapeut Klaus Fröhlich-Gildhoff wies auf notwendige Voraussetzungen für erfolgreiche Präventionsprogramme in Schulen hin. Insgesamt seien Präventionsprogramme erfolgreicher, wenn sie langfristig und klar strukturiert sind und neben Schülern und Lehrpersonal auch die Eltern und das soziale Umfeld erreichen. So zeigten Studien, dass isolierte Maßnahmen und einzelne Programme für "schwierige" Kinder nur eine begrenzte Wirkkraft haben.

Nicht nur "schwierige" Kinder beachten

Oft fließe die meiste Energie in die schwierigsten Kinder und die anderen würden vergessen. Für solche Situationen schlug Fröhlich-Gildhoff den Pädagogen vor, sich Unterstützung für diejenigen Kinder zu holen, die man nicht mehr erreicht und sich mehr auf jene zu konzentrieren, die man erreichen kann.

Machtvorsprung und Missbrauch

Zu einer positiven pädagogischen Beziehung gehöre auch eine körperliche Überlegenheit, erklärte der deutsche Erziehungswissenschaftler Prof. Klaus Wolf. Diese Überlegenheit müsse im Laufe der Erziehung allerdings abnehmen. Oft werde dieser "körperliche Überhang" als Ursache für Missbrauch und Verletzung gesehen. Dies ist laut Wolf jedoch falsch, da der Überhang eben notwendig sei. Die Frage sei vielmehr, wie man mit diesem Machtvorsprung umgeht, damit kein Missbrauch entstehen kann.

 

(KAP)

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