News 17. 07. 2012

Tunesien: Ennahda-Partei will Gotteslästerung unter Strafe stellen

Tunesiens regierende Ennahda-Partei will Gotteslästerung unter Strafe stellen. Zum Abschluss eines fünftägigen Parteikongresses in Tunis beschlossen die Delegierten ein Programm, das die Kriminalisierung der „Beleidigung des Heiligen“ vorsieht, wie der Vorsitzende des Kongresses und Minister für Gesundheit, Abdelatif Mekki, bekanntgab.

Zugleich betonte der Parteivorsitzende Rached Ghannouchi, der mit 72,6 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt wurde, den moderaten Charakter der Partei. „Wir träumen von einer wunderbaren Verbindung eines moderaten Islams mit den Errungenschaften der Reform und der Moderne“, sagte Ghannouchi. Das Projekt der Ennahda-Partei sei „ein Zivilisationsprojekt, das alle Tunesier vereinen kann“, sagte der 71-jährige Parteiführer.

Parteiprogramm von „muslimischen Werten inspiriert“

 In ihrem auf dem Kongress verabschiedeten Programm setzt sich die Partei zum Ziel, einen „zivilen Staat inspiriert von den muslimischen Werten und den menschlichen Errungenschaften“ zu verwirklichen und die Zivilgesellschaft zu stützen und zu stärken. Die Delegierten sprachen sich zudem für ein rein parlamentarisches Staatssystem aus.

Mitte-links-Parteien wollen starken Präsidenten

Ennahda war aus der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung im Oktober - der ersten Abstimmung nach dem Sturz des Diktators Zine El Abidine Ben Ali im Januar 2011 - als stärkste Partei hervorgegangen. In der Versammlung, die bis zum Herbst ein neues Grundgesetz ausarbeiten soll, hat sie aber keine Mehrheit. Sie stellt gemeinsam mit zwei Mitte-links-Parteien die Regierung. Diese treten für ein System ein, das dem Präsidenten mehr Macht gibt.

Scharia wird nicht in der Verfassung verankert

Der Kongress war für Ennahda, deren Mitglieder unter Ben Ali gewaltsam verfolgt wurden, der erste Parteitag seit 1988. Ursprünglich als Ableger der Muslimbrüder gegründet, vertritt die Partei heute eine moderate Linie. Sie hat insbesondere versichert, nicht darauf zu bestehen, dass das islamische Gesetz der Scharia in der neuen Verfassung als Grundlage der Gesetzgebung festgeschrieben wird. Die säkulare Opposition fürchtet dennoch, dass Ennahda eine langsame Islamisierung des Landes anstrebt.

 

(AFP)

 

 

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